
Vienna
Man will die Möglichkeiten im Wien des 19. Jahrhunderts bestmöglich nutzen und platziert eigene Würfel auf Aktionsfeldern - für schnelles Geld oder langfristige Bauprojekte. Pro Zug kann man ein leeres Aktionsfeld mit entsprechendem Würfelwert besetzen, erzielt mit einem oder zwei Würfeln. Die Aktionsfelder sind entlang einer Straße angeordnet und dürfen nur in Vorwärtsrichtung, ausgehend vom letzten besetzten Aktionsfeld des Spielers, besetzt werden, andernfalls bezahlt man für das Einsetzen. Über Aktionsfelder erhaltene Karten sammelt man vor sich und kann die darauf abgebildeten Symbole über andere Aktionsfelder werten, und zwar die Anzahl der Symbole im Vergleich zu seinen Nachbarn.
Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:
Deutsch, Englisch, Französisch, ItalienischLudografische Angaben
Verlage:
Redaktion:
Autoren:
Illustratoren:
Inventarnummer:
25715
Tags:
nbg15
, sh15fr
Kategorien:
Würfel, Setz-/Position, Sammeln
Rezension
Vienna
Unsere Rezension
Wien 1897
VIENNA
Würfel-Placement
wie im Königsburgenland
Wien, Wien, nur du allein, sollst stets die Stadt meiner
Brettspiel-Träume sein? Bislang war die spielerisch tatsächlich interessante
Ausbeute mit Wien-Bezug leider eher gering. Im Wesentlichen hat es nur
Wien-Editionen zu „Monopoly“ und „DKT“ gegeben, zuletzt haben sich noch
„Cluedo“ und „Catan“ dazu gesellt. Weiters ist noch das Quiz-, Rate- und
Schätzspiel „Wiener Sammelsurium“ aufgefallen (das Pendant zu dem gleichnamigen
Buch von Harald Havas); das (noch aktuelle) „Wien!“ ist wiederum eine Variante
zu „London: The Board Game“ und „Ganz Wien“ richtet sich eher nur an eigentlich
nicht-spielende Benutzer der Wiener Linien. Ein Grund für das faktische Fehlen
von Wien auf der spielerischen Landkarte mag darin liegen, dass sich Autor und
Verlag damit auf ein „gefährliches“ Terrain begeben. Bekanntlich granteln, raunzen,
sudern und keppeln die Wiener sehr gerne und viel, deren vermeintlich „goldenes
Herz“ kann sogar gehässig und hinterfotzig sein. Und so ist es leicht möglich,
dass einem Brettspiel mit Wien-Thema mit nörgelnder Häme begegnet werden würde.
Doch Obacht, da nähert sich bereits ein typischer Wiener;
hören wir uns also an, was er über dieses Brettspiel zu sagen hat:
„Aha, ´Vienna`, schon wieder was Neues; von einem
deutschen Verlag, na die trauen sich was. Und der Johannes Schmidauer-König ist
sicher auch ein Piefke. Ah nein, der ist Oberösterreicher (na ja). Kenn´ ich
nicht, hat der überhaupt schon was heraus gebracht? Ah doch, ´Dog Royal`, eine
Variante zu ´Dog`, dieser ´Mensch ärgere Dich nicht`-Variante mit Karten. Ach
so, eigentlich ist er Pianist, also quasi ein ´Multitalent` – na ja, schau ma
mal!“
Aber wieso ´Vienna`, bei uns hat man gefälligst deutsch zu
reden, Song Contest hin oder her. Ist wahrscheinlich eh nur für die Touristen
gedacht. Worum geht´s denn eigentlich: Wir sollen in die Rolle eines
geschissenen Lebemannes schlüpfen – was?! – ah nein, eines gerissenen
Lebemannes, und wollen im Wien des 19. Jahrhunderts in die High Society
aufsteigen. Da wir aber gerade erst neu in Wien angekommen sind, fahren wir mit
der Kutsche durch Wien – was, mit der Kutsche?!“ – der Wiener verdreht die
Augen – „bei uns heißt das gefälligst Fiaker; also, wir fahren mit dem Fiaker
durch Wien und versuchen an möglichst vielen Orten und Plätzen wichtige
Personen für uns zu gewinnen, um mit ihrer Hilfe höheren Einfluss zu erlangen. ´Einfluss`,
wenn ich das schon wieder lese, um die üblichen Siegpunkte geht es natürlich
wieder.
Machen wir mal den Spielplan auf: Das schaut ja aus wie
in ´Brügge`, na kein Wunder, die Grafik ist wieder vom Michael Menzel. Aber
irgendwie viel blasser, also bei ´Brügge` ist ihm das besser gelungen. Und lauter
Sehenswürdigkeiten: Das Riesenrad, der Stephansdom, Schloss Schönbrunn, und so
weiter. Wirkt aber irgendwie zusammengewürfelt, na ja, ist ja auch ein
Würfelspiel“ – der Wiener lacht laut über seinen „gelungenen“ Schmäh – „aber
schaut´s, wie nett, auf der Rückseite ist Wien bei Nacht zu sehen – das hätt´
den Rainhard Fendrich total gefreut, Gott hab ihn selig. Ah so, der ist ja noch
gar nicht tot, das war ja der Udo Jürgens. Und schaut´s, das ist witzig: Fast
überall brennt noch Licht, nur im Rathaus nicht, bei dem faulen Beamten-Pack.
Ist aber andererseits doch auch schad´: Der beleuchtete Festsaal, das hat´
schon was. Und auch das Riesenrad ist ganz im Dunkeln, da hätt´ schon auch die
eine oder andere Gondel beleuchtet sein können. Weißt´ noch Mitzi, wir zwei
damals auf der Kaiserwiese, dahinter das Riesenrad?“ – der Wiener schaut
sentimental zu Mitzi, die gerade einen Schluck von ihrem Grünen Veltliner nimmt
– „Moment, das Riesenrad im 19. Jahrhundert? Ah ja, geht sich aus, ist 1897 erbaut
worden. Aber dann hätten‘s das Spiel auch gleich ´Wien um 1900` nennen können,
das wäre ja eigentlich aufgelegt gewesen.
Schorschi, pack´ mal die 44 Personenkarten aus. Na geh,
davon gibt es ja nur zehn verschiedene Motive, also bei ´Brügge` hat sich der
Menzel noch mehr Mühe gegeben, da ist ja auf jeder der 165 Karten etwas anderes
gezeichnet. Oder der Verlag war zu geizig; typisch Deutsche, für die Griechen
haben´s ein Geld und bei einem Brettspiel mit dem Namen ´Vienna` da sparen‘s“ –
der Wiener lacht laut über seinen „gelungenen“ Schmäh – „Und was gibt´s auf
diesen Personenkarten zu sehen? Wahrscheinlich Klimt, Mahler, Schnitzler, Otto Wagner,
und so weiter? Nein, bloß irgendwelche Figuren, na gut, immerhin ein Pompfüneberer
ist auch dabei, und der da, der könnte ja vielleicht der Zombie vom Kaiser
Franz sein“ – wieder lacht der Wiener laut über seinen „gelungenen“ Schmäh –
„na geh, warum haben die nicht die ´Wiener Typen` als Vorlage genommen, darüber
hat es doch eh erst vor zwei Jahren eine Ausstellung im Wien Museum gegeben;
etwa das Wäschermädel, die Markstandlerin, den Schusterbuben, die Lavendelfrau,
den ´Pülcher`, und so weiter?
Na gut, schau ma‘ uns mal den Plan genauer an: Da windet
sich eine Straße schlangenförmig von links oben nach rechts unten, vom Prater
bis zum Heurigen, dazwischen die Ringstraße, mit insgesamt 24 Feldern und einem
Sonderfeld. Aha, wahrscheinlich wieder mal Worker-Placement, also eh wie immer.
Aber immerhin, das ist sogar eine halbwegs logische Abfolge, wenn man vom
Prater nach Schönbrunn und zum Schluss zu einem Heurigen nach Mauer fahren
würde. Aber warum haben die dann nicht gleich den Stadtplan von Wien hergenommen,
und nach der Praterstraße eine Runde um den Ring gemacht – schließlich ist da
heuer das 150-Jahre Jubiläum – mit einem abschließenden Abstecher Richtung Stephansdom?
Weil, ein schlüssiger Zusammenhang zwischen den einzelnen Feldern und deren
jeweiliger Funktion ist eh kaum gegeben: Da, am Naschmarkt zum Beispiel, da
kriegt man zwei Münzen, dabei müsste man dort ja eigentlich was zahlen.
Außerdem sind die Felder nur mit ihren Orts-Namen beschriftet, zu sehen sind
die einzelnen Gebäude ja gar nicht. Na, spielen wir lieber mit der Nacht-Seite,
da muss ich mich weniger über die Gestaltung aufregen.
Also, Ferdl, Du nimmst die roten Würfel, weil Du trinkst
einen Zweigelt; die Mitzi mit ihrem GV, die kriegt Grün, und ich nehme Blau,
weil ich bin eh schon … Und der Schorschi mit seinem Cola, der kriegt Schwarz.
Eigentlich leiwand, dass wir so passend trinken, weil sonst könnten wir uns eh
nicht mehr merken, wer welche Farbe hat. Oder halt, zu viert brauchen wir jeder
nur vier von den fünf Würfeln, nehmen wir also den fünften Würfel gleich für
die Siegpunkte-Leiste und den Siegpunkte-Marker legen wir vor uns, damit wir
wissen, wer wir sind. Also weiter im Text: ´Der Spieler, der als Letzter in
Wien war, bekommt die Startspieler-Karte`. Was, wollen die uns pflanzen? Also
so geht´s wirklich nicht, jetzt spielen wir das erst recht – Schorschi, würfle
uns den Startspieler halt´ aus.
Und wie funktioniert´s? Ah so, so wie in´Kingsburg`,
könnt’s Euch noch erinnern? Das ist unlängst eh gerade als´Kingsport Festival`neu
herausgekommen. Wir würfeln also unsere jeweils vier Würfel und setzen die dann
reihum auf die Felder ein, natürlich passend zu den oberhalb aufgedruckten Zahlen.
Hier dürfen wir aber nur die Summe aus maximal zwei Würfeln verwenden; dafür
gibt´s für manche der Felder zwei mögliche Zahlenwerte und für manche
Würfelergebnisse hat man sogar mehrere Felder zur Auswahl. Außerdem darf man
grundsätzlich nicht mehr zurück fahren; wenn man also etwa schon das Feld mit
der´Sieben`belegt hat, darf man danach nicht mehr auf ein´Fünfer-Feld`setzen. Also
so wie bei´Egizia`, wo es mit den Schiffen auch immer nur den Nil entlang gegangen
ist. Außer man zahlt eine Münze. Für eine Münze darf man außerdem auch beliebig
viele Würfel neu würfeln, oder einen Würfel um eine Augenzahl nach oben oder
unten drehen, für mehr Münzen auch mehrmals. Kompliment, das passt wirklich sehr
gut zu unserer´Passt schon`-Mentalität, bei uns nimmt man es ja nicht so genau;
irgendwas geht immer, vor allem für Geld.
Was können jetzt die einzelnen Felder? Als erstes die ‘Krieau‘;
Man kriegt eine Münze oder einen Siegpunkt und darf den Gendarmen auf ein Feld
versetzen, um es für diese Runde zu blockieren. Ein ´Gendarm` in Wien“ – der
Wiener verdreht wieder die Augen – „Wenn das der Kottan hört, der würd´ den Schmidauer-König
gleich einmal ins Kreuzverhör nehmen“ – der Wiener lacht laut über seinen
„gelungenen“ Schmäh – „und so geht´s im Wesentlichen auch weiter, Geld nehmen oder
abgeben, Siegpunkte kassieren, und bei 25 ist das Spiel aus. Aber wartet‘s
noch: Felder mit einem Blitz-Symbol wirken ausnahmsweise sofort, die anderen
werden immer erst am Ende jeder Runde, wenn keiner mehr Würfel hat, in der
Reihenfolge der Straße abgehandelt. Und auf das Feld ´Geheimbund` darf man sich
immer hinsetzen, auch mehrmals, da kann man sich also für jeden Würfel sofort
eine Münze holen. Welcher ´Geheimbund` soll denn das sein, etwa der ´Geheimbund
der Samariter`?“ – wieder lacht der Wiener laut über seinen „gelungenen“ Schmäh
– „das Feld hätten‘s doch besser ´Salzamt` nennen sollen, aufs ´Salzamt` kann
man nämlich immer gehen.
Ein bisserl anders sind noch die fünf Felder, bei denen
man eine rote Karte kriegt: Im Stadtpark wird man damit neuer Startspieler, bei
der Secession gibt´s einen extra schnellen Fiaker, der jede Runde einen
Doppelzug erlaubt, am Heldenplatz liegt ein Degen herum, mit dem man alle seine
Einser-Würfel auf eine beliebige Zahl drehen darf, und auf der Uni gibt´s ein
Stück Sachertorte. Eine Sachertorte auf der Uni“ – wieder verdreht der Wiener
die Augen – „Was soll die denn dort? Außerdem, die Studenten sollen gefälligst
studieren und nicht dauernd naschen und tachinieren. Jedenfalls bringt die
Torte einen weißen Extra-Würfel, der soll offenbar quasi das Schlagobers sein.
Und dann gibt´s noch die Kaiserin Sisi, die kann man sich
im Burgtheater abholen. Na ja, auch nicht sehr plausibel, die war doch ständig
auf Reisen, auf Madeira, Korfu oder Genf; die letzte Reise ist ihr dann nicht
so gut bekommen – war aber sicher eine sehr schöne Leich´. So schön und frisch
wie auf der Karte hat sie mit 60 Jahren aber wohl nicht mehr ausgesehen, schaut
da aber ohnehin mehr aus wie die Romy Schneider. Besser, die hätten die
Sisi-Karte zur Kapuzinergruft gegeben, oder stattdessen die Katharina Schratt
oder die Adele Sandrock fürs Burgtheater genommen. Und was kann die Sisi jetzt?
Die hilft einem beim sogenannten Einfluss, und bringt jeweils eines der drei
Symbole, Krone, Kreuz und Bürgerhut. ´Krone, Kreuz und Bürgerhut` ist jetzt
aber wirklich schon sehr abgedroschen; meinetwegen, immerhin das Kreuz passt gut
zu Wien, der Tod ist bei uns ja fast das Wichtigste, aber Krone und Bürgerhut?
´Wein, Weib, Gesang`, das wäre eine feine Trilogie für Wien gewesen!
Und mit einem Sechser kann man sich in den vier
Café-Häusern Personenkarten kaufen, die können sogar noch mehr Einfluss als die
Sisi bringen; außerdem können die einem nicht mehr weggenommen werden.
Siegpunkte gibt es für diesen Einfluss dann bei der Pestsäule, im Stephansdom,
im Schloss Belvedere oder in der Gloriette. Man schaut einfach bei seinen
beiden Nachbarn, wer mehr oder weniger Symbole von der jeweiligen Art hat, und
bekommt dann für jede Mehrheit zwei bis drei Punkte, also quasi so wie die
Militär-Wertung bei ´7 Wonders`. Am Schluss der Straße kommen dann noch der
Tiergarten und der Heurige, da muss man irgendeinen Würfel-Pasch einsetzen. Im
Tiergarten bestiehlt man die Mitspieler und beim Heurigen gibt es Punkte für die
eigenen roten Karten. So, jetzt fang ma an“.
– drei Vierterl später –
„Na ja, spielt sich eigentlich eh ganz nett. Und der
Schorschi hat sogar gewonnen, obwohl er sich eigentlich fast immer nur Münzen
geholt und damit mehrmals die fünf Punkte auf dem einen Achter-Feld abgestaubt
hat. Da hätt´ ma ihm dort öfter den Kieberer hinstellen oder ihn beim
Tiergarten befladern sollen. Die Mitzi mit ihren Kronen ist ja nur knapp
dahinter gelandet, die hat´ halt das Pech gehabt, dass der Ferdl auch auf
Kronen gespielt hat. Andererseits, wenn nur einer die Kronen sammeln würd´,
hätt´ der wahrscheinlich schon nach vier Runden gewonnen. Außerdem hat die Arme
meistens schlecht gewürfelt; na ja, ist eben so bei einem Würfelspiel, für mich
hat´s ja auch meistens nicht so gut ausgeschaut.
Ist halt alles sehr verknappt auf Münzen, Siegpunkte und
ein paar Karten, dafür gibt´s auch keinen unnötigen Schnick-Schnack wie sonst
oft, mit dem Umwandeln von Ressourcen in dies oder das, damit man dann
letztlich eh wieder nur Siegpunkte bekommt; spielt sich so aber doch etwas
trocken und nüchtern, was ja ein ordentlicher Widerspruch zu Wien ist. Immerhin
kann ein bisserl Taktieren nicht schaden, und in einer halben Stunde soll man mit
einer Partie fertig sein können; na ja, vielleicht wenn ma nüchterner gewesen
wären. Wenn´s die versprochene ‚atmosphärische Tiefe` tatsächlich geben würde,
würd‘ ich mir‘s vielleicht sogar organisieren. Die Touristen werden aber auch
blöd schauen: Da fehlt ja völlig ein Glossar über die im Spiel vorkommenden
Orte. Die glauben doch nie, dass es bei uns ein Café mit dem Namen Griensteidl
gibt – abgesehen davon, dass das eigentlich im Jänner 1897 abgerissen worden
ist. Und der Heurige ist in Deutschland ja auch schon einmal mit dem´Henrigen`
verwechselt worden.“
Harald Schatzl
Spieler: 3-5
Alter: 10+
Dauer: 45 min
Autor: Johannes Schmidauer-König
Grafik: Michael Menzel
Preis: ca. 25 Euro
Verlag: Schmidt Spiele 2015
Web: www.schmidtspiele.de
Genre: Worker Placement mit Würfel
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: multi
Regeln: de en
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Schachtelgröße bedingt durch Spielbrett
Planrückseite mit „Wien bei Nacht“-Grafik
Relativ wenig Regelaufwand
Gut verständliche Symbolik
auch für Vielspieler (zur Entspannung) von Interesse
Vergleichbar:
Kingsburg, Kingsport Festival, Egizia
Andere Ausgaben:
Derzeit keine
Meine Einschätzung: 5
Harald Schatzl:
Vienna konzentriert einen guten und bewährten
Würfel-Einsetz-Mechanismus auf das Wesentliche, ergänzt um einige neue Ideen.
Zwar gibt es keine große Vielfalt bei den Möglichkeiten für unterschiedliche
Spielweisen, doch schadet das aufgrund der relativ kurzen Spieldauer nicht.
Leider ist die atmosphärische Umsetzung des Themas (zumindest für Wiener) – man
möchte sagen „naturgemäß“ – kaum gelungen.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 0
Kreativität (dunkelblau):
0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 1
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit
(grün): 0
Action (dunkelgrün): 0
Unsere Rezension
Wien 1897
VIENNA
Würfel-Placement
wie im Königsburgenland
Wien, Wien, nur du allein, sollst stets die Stadt meiner
Brettspiel-Träume sein? Bislang war die spielerisch tatsächlich interessante
Ausbeute mit Wien-Bezug leider eher gering. Im Wesentlichen hat es nur
Wien-Editionen zu „Monopoly“ und „DKT“ gegeben, zuletzt haben sich noch
„Cluedo“ und „Catan“ dazu gesellt. Weiters ist noch das Quiz-, Rate- und
Schätzspiel „Wiener Sammelsurium“ aufgefallen (das Pendant zu dem gleichnamigen
Buch von Harald Havas); das (noch aktuelle) „Wien!“ ist wiederum eine Variante
zu „London: The Board Game“ und „Ganz Wien“ richtet sich eher nur an eigentlich
nicht-spielende Benutzer der Wiener Linien. Ein Grund für das faktische Fehlen
von Wien auf der spielerischen Landkarte mag darin liegen, dass sich Autor und
Verlag damit auf ein „gefährliches“ Terrain begeben. Bekanntlich granteln, raunzen,
sudern und keppeln die Wiener sehr gerne und viel, deren vermeintlich „goldenes
Herz“ kann sogar gehässig und hinterfotzig sein. Und so ist es leicht möglich,
dass einem Brettspiel mit Wien-Thema mit nörgelnder Häme begegnet werden würde.
Doch Obacht, da nähert sich bereits ein typischer Wiener;
hören wir uns also an, was er über dieses Brettspiel zu sagen hat:
„Aha, ´Vienna`, schon wieder was Neues; von einem
deutschen Verlag, na die trauen sich was. Und der Johannes Schmidauer-König ist
sicher auch ein Piefke. Ah nein, der ist Oberösterreicher (na ja). Kenn´ ich
nicht, hat der überhaupt schon was heraus gebracht? Ah doch, ´Dog Royal`, eine
Variante zu ´Dog`, dieser ´Mensch ärgere Dich nicht`-Variante mit Karten. Ach
so, eigentlich ist er Pianist, also quasi ein ´Multitalent` – na ja, schau ma
mal!“
Aber wieso ´Vienna`, bei uns hat man gefälligst deutsch zu
reden, Song Contest hin oder her. Ist wahrscheinlich eh nur für die Touristen
gedacht. Worum geht´s denn eigentlich: Wir sollen in die Rolle eines
geschissenen Lebemannes schlüpfen – was?! – ah nein, eines gerissenen
Lebemannes, und wollen im Wien des 19. Jahrhunderts in die High Society
aufsteigen. Da wir aber gerade erst neu in Wien angekommen sind, fahren wir mit
der Kutsche durch Wien – was, mit der Kutsche?!“ – der Wiener verdreht die
Augen – „bei uns heißt das gefälligst Fiaker; also, wir fahren mit dem Fiaker
durch Wien und versuchen an möglichst vielen Orten und Plätzen wichtige
Personen für uns zu gewinnen, um mit ihrer Hilfe höheren Einfluss zu erlangen. ´Einfluss`,
wenn ich das schon wieder lese, um die üblichen Siegpunkte geht es natürlich
wieder.
Machen wir mal den Spielplan auf: Das schaut ja aus wie
in ´Brügge`, na kein Wunder, die Grafik ist wieder vom Michael Menzel. Aber
irgendwie viel blasser, also bei ´Brügge` ist ihm das besser gelungen. Und lauter
Sehenswürdigkeiten: Das Riesenrad, der Stephansdom, Schloss Schönbrunn, und so
weiter. Wirkt aber irgendwie zusammengewürfelt, na ja, ist ja auch ein
Würfelspiel“ – der Wiener lacht laut über seinen „gelungenen“ Schmäh – „aber
schaut´s, wie nett, auf der Rückseite ist Wien bei Nacht zu sehen – das hätt´
den Rainhard Fendrich total gefreut, Gott hab ihn selig. Ah so, der ist ja noch
gar nicht tot, das war ja der Udo Jürgens. Und schaut´s, das ist witzig: Fast
überall brennt noch Licht, nur im Rathaus nicht, bei dem faulen Beamten-Pack.
Ist aber andererseits doch auch schad´: Der beleuchtete Festsaal, das hat´
schon was. Und auch das Riesenrad ist ganz im Dunkeln, da hätt´ schon auch die
eine oder andere Gondel beleuchtet sein können. Weißt´ noch Mitzi, wir zwei
damals auf der Kaiserwiese, dahinter das Riesenrad?“ – der Wiener schaut
sentimental zu Mitzi, die gerade einen Schluck von ihrem Grünen Veltliner nimmt
– „Moment, das Riesenrad im 19. Jahrhundert? Ah ja, geht sich aus, ist 1897 erbaut
worden. Aber dann hätten‘s das Spiel auch gleich ´Wien um 1900` nennen können,
das wäre ja eigentlich aufgelegt gewesen.
Schorschi, pack´ mal die 44 Personenkarten aus. Na geh,
davon gibt es ja nur zehn verschiedene Motive, also bei ´Brügge` hat sich der
Menzel noch mehr Mühe gegeben, da ist ja auf jeder der 165 Karten etwas anderes
gezeichnet. Oder der Verlag war zu geizig; typisch Deutsche, für die Griechen
haben´s ein Geld und bei einem Brettspiel mit dem Namen ´Vienna` da sparen‘s“ –
der Wiener lacht laut über seinen „gelungenen“ Schmäh – „Und was gibt´s auf
diesen Personenkarten zu sehen? Wahrscheinlich Klimt, Mahler, Schnitzler, Otto Wagner,
und so weiter? Nein, bloß irgendwelche Figuren, na gut, immerhin ein Pompfüneberer
ist auch dabei, und der da, der könnte ja vielleicht der Zombie vom Kaiser
Franz sein“ – wieder lacht der Wiener laut über seinen „gelungenen“ Schmäh –
„na geh, warum haben die nicht die ´Wiener Typen` als Vorlage genommen, darüber
hat es doch eh erst vor zwei Jahren eine Ausstellung im Wien Museum gegeben;
etwa das Wäschermädel, die Markstandlerin, den Schusterbuben, die Lavendelfrau,
den ´Pülcher`, und so weiter?
Na gut, schau ma‘ uns mal den Plan genauer an: Da windet
sich eine Straße schlangenförmig von links oben nach rechts unten, vom Prater
bis zum Heurigen, dazwischen die Ringstraße, mit insgesamt 24 Feldern und einem
Sonderfeld. Aha, wahrscheinlich wieder mal Worker-Placement, also eh wie immer.
Aber immerhin, das ist sogar eine halbwegs logische Abfolge, wenn man vom
Prater nach Schönbrunn und zum Schluss zu einem Heurigen nach Mauer fahren
würde. Aber warum haben die dann nicht gleich den Stadtplan von Wien hergenommen,
und nach der Praterstraße eine Runde um den Ring gemacht – schließlich ist da
heuer das 150-Jahre Jubiläum – mit einem abschließenden Abstecher Richtung Stephansdom?
Weil, ein schlüssiger Zusammenhang zwischen den einzelnen Feldern und deren
jeweiliger Funktion ist eh kaum gegeben: Da, am Naschmarkt zum Beispiel, da
kriegt man zwei Münzen, dabei müsste man dort ja eigentlich was zahlen.
Außerdem sind die Felder nur mit ihren Orts-Namen beschriftet, zu sehen sind
die einzelnen Gebäude ja gar nicht. Na, spielen wir lieber mit der Nacht-Seite,
da muss ich mich weniger über die Gestaltung aufregen.
Also, Ferdl, Du nimmst die roten Würfel, weil Du trinkst
einen Zweigelt; die Mitzi mit ihrem GV, die kriegt Grün, und ich nehme Blau,
weil ich bin eh schon … Und der Schorschi mit seinem Cola, der kriegt Schwarz.
Eigentlich leiwand, dass wir so passend trinken, weil sonst könnten wir uns eh
nicht mehr merken, wer welche Farbe hat. Oder halt, zu viert brauchen wir jeder
nur vier von den fünf Würfeln, nehmen wir also den fünften Würfel gleich für
die Siegpunkte-Leiste und den Siegpunkte-Marker legen wir vor uns, damit wir
wissen, wer wir sind. Also weiter im Text: ´Der Spieler, der als Letzter in
Wien war, bekommt die Startspieler-Karte`. Was, wollen die uns pflanzen? Also
so geht´s wirklich nicht, jetzt spielen wir das erst recht – Schorschi, würfle
uns den Startspieler halt´ aus.
Und wie funktioniert´s? Ah so, so wie in´Kingsburg`,
könnt’s Euch noch erinnern? Das ist unlängst eh gerade als´Kingsport Festival`neu
herausgekommen. Wir würfeln also unsere jeweils vier Würfel und setzen die dann
reihum auf die Felder ein, natürlich passend zu den oberhalb aufgedruckten Zahlen.
Hier dürfen wir aber nur die Summe aus maximal zwei Würfeln verwenden; dafür
gibt´s für manche der Felder zwei mögliche Zahlenwerte und für manche
Würfelergebnisse hat man sogar mehrere Felder zur Auswahl. Außerdem darf man
grundsätzlich nicht mehr zurück fahren; wenn man also etwa schon das Feld mit
der´Sieben`belegt hat, darf man danach nicht mehr auf ein´Fünfer-Feld`setzen. Also
so wie bei´Egizia`, wo es mit den Schiffen auch immer nur den Nil entlang gegangen
ist. Außer man zahlt eine Münze. Für eine Münze darf man außerdem auch beliebig
viele Würfel neu würfeln, oder einen Würfel um eine Augenzahl nach oben oder
unten drehen, für mehr Münzen auch mehrmals. Kompliment, das passt wirklich sehr
gut zu unserer´Passt schon`-Mentalität, bei uns nimmt man es ja nicht so genau;
irgendwas geht immer, vor allem für Geld.
Was können jetzt die einzelnen Felder? Als erstes die ‘Krieau‘;
Man kriegt eine Münze oder einen Siegpunkt und darf den Gendarmen auf ein Feld
versetzen, um es für diese Runde zu blockieren. Ein ´Gendarm` in Wien“ – der
Wiener verdreht wieder die Augen – „Wenn das der Kottan hört, der würd´ den Schmidauer-König
gleich einmal ins Kreuzverhör nehmen“ – der Wiener lacht laut über seinen
„gelungenen“ Schmäh – „und so geht´s im Wesentlichen auch weiter, Geld nehmen oder
abgeben, Siegpunkte kassieren, und bei 25 ist das Spiel aus. Aber wartet‘s
noch: Felder mit einem Blitz-Symbol wirken ausnahmsweise sofort, die anderen
werden immer erst am Ende jeder Runde, wenn keiner mehr Würfel hat, in der
Reihenfolge der Straße abgehandelt. Und auf das Feld ´Geheimbund` darf man sich
immer hinsetzen, auch mehrmals, da kann man sich also für jeden Würfel sofort
eine Münze holen. Welcher ´Geheimbund` soll denn das sein, etwa der ´Geheimbund
der Samariter`?“ – wieder lacht der Wiener laut über seinen „gelungenen“ Schmäh
– „das Feld hätten‘s doch besser ´Salzamt` nennen sollen, aufs ´Salzamt` kann
man nämlich immer gehen.
Ein bisserl anders sind noch die fünf Felder, bei denen
man eine rote Karte kriegt: Im Stadtpark wird man damit neuer Startspieler, bei
der Secession gibt´s einen extra schnellen Fiaker, der jede Runde einen
Doppelzug erlaubt, am Heldenplatz liegt ein Degen herum, mit dem man alle seine
Einser-Würfel auf eine beliebige Zahl drehen darf, und auf der Uni gibt´s ein
Stück Sachertorte. Eine Sachertorte auf der Uni“ – wieder verdreht der Wiener
die Augen – „Was soll die denn dort? Außerdem, die Studenten sollen gefälligst
studieren und nicht dauernd naschen und tachinieren. Jedenfalls bringt die
Torte einen weißen Extra-Würfel, der soll offenbar quasi das Schlagobers sein.
Und dann gibt´s noch die Kaiserin Sisi, die kann man sich
im Burgtheater abholen. Na ja, auch nicht sehr plausibel, die war doch ständig
auf Reisen, auf Madeira, Korfu oder Genf; die letzte Reise ist ihr dann nicht
so gut bekommen – war aber sicher eine sehr schöne Leich´. So schön und frisch
wie auf der Karte hat sie mit 60 Jahren aber wohl nicht mehr ausgesehen, schaut
da aber ohnehin mehr aus wie die Romy Schneider. Besser, die hätten die
Sisi-Karte zur Kapuzinergruft gegeben, oder stattdessen die Katharina Schratt
oder die Adele Sandrock fürs Burgtheater genommen. Und was kann die Sisi jetzt?
Die hilft einem beim sogenannten Einfluss, und bringt jeweils eines der drei
Symbole, Krone, Kreuz und Bürgerhut. ´Krone, Kreuz und Bürgerhut` ist jetzt
aber wirklich schon sehr abgedroschen; meinetwegen, immerhin das Kreuz passt gut
zu Wien, der Tod ist bei uns ja fast das Wichtigste, aber Krone und Bürgerhut?
´Wein, Weib, Gesang`, das wäre eine feine Trilogie für Wien gewesen!
Und mit einem Sechser kann man sich in den vier
Café-Häusern Personenkarten kaufen, die können sogar noch mehr Einfluss als die
Sisi bringen; außerdem können die einem nicht mehr weggenommen werden.
Siegpunkte gibt es für diesen Einfluss dann bei der Pestsäule, im Stephansdom,
im Schloss Belvedere oder in der Gloriette. Man schaut einfach bei seinen
beiden Nachbarn, wer mehr oder weniger Symbole von der jeweiligen Art hat, und
bekommt dann für jede Mehrheit zwei bis drei Punkte, also quasi so wie die
Militär-Wertung bei ´7 Wonders`. Am Schluss der Straße kommen dann noch der
Tiergarten und der Heurige, da muss man irgendeinen Würfel-Pasch einsetzen. Im
Tiergarten bestiehlt man die Mitspieler und beim Heurigen gibt es Punkte für die
eigenen roten Karten. So, jetzt fang ma an“.
– drei Vierterl später –
„Na ja, spielt sich eigentlich eh ganz nett. Und der
Schorschi hat sogar gewonnen, obwohl er sich eigentlich fast immer nur Münzen
geholt und damit mehrmals die fünf Punkte auf dem einen Achter-Feld abgestaubt
hat. Da hätt´ ma ihm dort öfter den Kieberer hinstellen oder ihn beim
Tiergarten befladern sollen. Die Mitzi mit ihren Kronen ist ja nur knapp
dahinter gelandet, die hat´ halt das Pech gehabt, dass der Ferdl auch auf
Kronen gespielt hat. Andererseits, wenn nur einer die Kronen sammeln würd´,
hätt´ der wahrscheinlich schon nach vier Runden gewonnen. Außerdem hat die Arme
meistens schlecht gewürfelt; na ja, ist eben so bei einem Würfelspiel, für mich
hat´s ja auch meistens nicht so gut ausgeschaut.
Ist halt alles sehr verknappt auf Münzen, Siegpunkte und
ein paar Karten, dafür gibt´s auch keinen unnötigen Schnick-Schnack wie sonst
oft, mit dem Umwandeln von Ressourcen in dies oder das, damit man dann
letztlich eh wieder nur Siegpunkte bekommt; spielt sich so aber doch etwas
trocken und nüchtern, was ja ein ordentlicher Widerspruch zu Wien ist. Immerhin
kann ein bisserl Taktieren nicht schaden, und in einer halben Stunde soll man mit
einer Partie fertig sein können; na ja, vielleicht wenn ma nüchterner gewesen
wären. Wenn´s die versprochene ‚atmosphärische Tiefe` tatsächlich geben würde,
würd‘ ich mir‘s vielleicht sogar organisieren. Die Touristen werden aber auch
blöd schauen: Da fehlt ja völlig ein Glossar über die im Spiel vorkommenden
Orte. Die glauben doch nie, dass es bei uns ein Café mit dem Namen Griensteidl
gibt – abgesehen davon, dass das eigentlich im Jänner 1897 abgerissen worden
ist. Und der Heurige ist in Deutschland ja auch schon einmal mit dem´Henrigen`
verwechselt worden.“
Harald Schatzl
Spieler: 3-5
Alter: 10+
Dauer: 45 min
Autor: Johannes Schmidauer-König
Grafik: Michael Menzel
Preis: ca. 25 Euro
Verlag: Schmidt Spiele 2015
Web: www.schmidtspiele.de
Genre: Worker Placement mit Würfel
Zielgruppe: Mit Freunden
Version: multi
Regeln: de en
Text im Spiel: nein
Kommentar:
Schachtelgröße bedingt durch Spielbrett
Planrückseite mit „Wien bei Nacht“-Grafik
Relativ wenig Regelaufwand
Gut verständliche Symbolik
auch für Vielspieler (zur Entspannung) von Interesse
Vergleichbar:
Kingsburg, Kingsport Festival, Egizia
Andere Ausgaben:
Derzeit keine
Meine Einschätzung: 5
Harald Schatzl:
Vienna konzentriert einen guten und bewährten
Würfel-Einsetz-Mechanismus auf das Wesentliche, ergänzt um einige neue Ideen.
Zwar gibt es keine große Vielfalt bei den Möglichkeiten für unterschiedliche
Spielweisen, doch schadet das aufgrund der relativ kurzen Spieldauer nicht.
Leider ist die atmosphärische Umsetzung des Themas (zumindest für Wiener) – man
möchte sagen „naturgemäß“ – kaum gelungen.
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 0
Kreativität (dunkelblau):
0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 1
Interaktion (braun): 2
Geschicklichkeit
(grün): 0
Action (dunkelgrün): 0