Talisman: Gemeinsam gegen Tod & Teufel

"Gemeinsam gegen Tod und Teufel" heißt der Untertitel, und so manche dieser Kreaturen begegnet den Spielern auch, wenn sie in Gestalt des Magiers oder der Amazone versuchen, durch die drei Ebenen zur Krone der Macht zu gelangen und diese für sich zu gewinnen. Doch dazu muß man erst den Talisman erobern und sich von den wackeren Mitstreitern absetzen. Sehr gut gelungene Umsetzung der Fantasy-Rollenspielwelt in ein Brettspielsystem, mit Erweiterungen erhältlich.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Autoren:
Inventarnummer:
2346
Kategorien:
Figuren bewegen, Laufspiel, Abenteuerspiel, Fantasy
Spieler

2 - 6 Spieler
Alter

ab 12 Jahren

Rezension

TALISMAN
TALISMAN
 
Stellen Sie sich vor, Sie spielen "Mensch,
ärgere Dich nicht". Plötzlich ist der Spielplan keine einfache Umlaufbahn mehr,
sondern in drei Ebenen geteilt, das Zielfeld liegt nicht mehr am Anfang,
sondern in der Mitte der Karte und auf und zwischen den Feldern sind seltsame
Zeichnungen. Jeder Spieler erhält nur eine Spielfigur, dafür sind diese etwas
verschieden. Auf dem Weg zum Ziel wird man nicht nur von den anderen
Mitspielern, sondern auch von den einzelnen Spielfeldern bekämpft.
Hinausgeworfen wird auf Raten, anstatt sofort und strikt.
 
Kein Zweifel: Sie spielen ''Talisman". Stellen
Sie sich vor, Sie spielen ein Fantasy-Spiel mit schier unendlichen
Variationsmöglichkeiten. Da wimmelt es nur so von bösen Drachen und Goblins; es
gilt einen Talisman zu erringen, um durch das "Tal des Feuers" zur
"Krone der Herrschaft" zu gelangen. Sinistren Fremden, unheimlichen
Geisterwesen und freundlichen Begleitern begegnet man auf seinem gefahrvollen
Weg, man kann Schätze ohne Zahl oder sogar eines der lange verloren geglaubten
Artefakte finden. Magie ist eines der Mittel zum Zweck. Als strahlender Held,
strebsame Kreatur oder hinterlistiger Bösewicht hat man nur ein Ziel: Die
Macht!
Hilfe kann man sich von den Göttern oder Geistern
erbitten doch selbst die kleinste Gunst des Schicksals ist man einander neidig.
Kein Zweifel: Sie spielen "Talisman".
Diese "kalt-warm"-Einleitung trifft wohl
am ehesten das Meinungsbild über "Talisman", wahrscheinlich das
beliebteste Fantasv-Brettspiel im deutschen Sprachraum. Für diejenigen Leser,
die noch immer nicht wissen, worum es sich bei "Talisman" genau
handelt, möchte ich Aufbau und Regeln des Spieles zusammenfassen. Für
Informierte: ich halte mich bei dieser Besprechung an die "2nd
Edition" von Games Workshop und beschreibe im Anschluß die
Schmidt-Version.
 
Also: Im Jahr 1983 erschien bei der britischen Firma
Games Workshop ein Fantasy-Spiel mit dem Namen "Talisman - the magical
quest game", erfunden von einem gewissen Robert Harris. Die Ausstattung
war damals noch als ziemlich primitiv zu bezeichnen: die Titelgraphik war sehr
einfach und farblos, die beigelegten Ereigniskarten hatten nur schwarz/weiße
Zeichnungen.... Trotzdem wurde das Spiel ein Riesenerfolg. Wanum? Ganz einfach:
es war SPIELBAR. Das Regelwerk war zwar eher lang, jedoch die Grundregeln
konnte jeder dressierte Orang-Utan binnen kürzester Zeit begreifen. Der Rest
behandelte nur Spezialereignisse, Detailbeschreibungen und Graphiken.
1985 kam die zweite Auflage auf den Markt, bereits
in Farbe und mit einem Ausstattungsstandard, wie man ihn heute mit dem Namen
"Games Workshop" verbindet.
Der Spielplan zeigt ein Fantasy-Land und teilt sich
in verschiedene Regionen: die "äußere Region", mit so profanen Ge-
genden wie der Stadt, dem Dorf, der Kapelle, der
Taverne, Ackerland, Wäldern....
 
Von dieser durch einen Fluß getrennt ist die
sogenannte mittlere Region, mit Orten wie dem Tempel, der Wüste, den
Runensteinen, der verwunschenen Lichtung etc. Noch weiter innen, von der
mittleren Region durch das "Portal der Macht" (möge selbige mit Dir
sein) getrennt, die "innere Region", mit der Ebene der Gefahr, der
Krypta und anderen gefährlichen Plätzen. Am Ende dieser Region liegt das Tal
des Feuers, hinter dem sich die Krone der Herrschaft verbirgt.
 
Nach besagter Krone streben nun einige Abenteurer,
denn sie bedeutet uneingeschränkte Macht (und, nebenbei, mit hoher Wahrscheinlichkeit
den Sieg). Diese Protagonisten können menschlicher Natur sein oder auch nicht
(Troll, Zwerg...) und haben die verschiedensten Ausbildungen. Aus diesen
unterschiedlichen Anlagen ergeben sich 14 Charaktere, die alle unterschiedliche
Eigenschaften haben. Relevante Faktoren sind Stärke, "Graft" (nur
ungenügend als "Köpfchen" übersetzbar) und spezielle Fähigkeiten.
Diese sind sehr unterschiedlich gelagert: Ein Elf verläuft sich z.B. nie im
Wald (er würde wahrscheinlich von seinem Klan exkommuniziert werden), ein
Krieger hat bessere Kampfmöglichkeiten, ein Ghul kann Tote zu Zombies machen,
die ihm als Gefolgsleute dienen und vieles mehr. Ein weiterer Faktor ist die
Gesinnunq. Gut, neutral oder böse steht zur Auswahl - jedes hat seine
speziellen Vor- und Nachteile. Gute und böse Charaktere erhalten zwar
Unterstützung von den Göttern bzw. Geistern, haben jedoch auch gewissse
Auflagen ('Pfui, ein böser Magier greift doch den Heiligen Gral nicht an!"
- "Aber er ist doch so prakti..." -, "RUHE,!"). Neutrale
Gesellen kümmern sich nicht um solche Details, sind aber auf sich gestellt.
Zusätzlich hat jeder Charakter einen Satz Lebenspunkte (die blauen Flecken von
der letzten Wirtshausrauferei sind völlig ausgeheilt) und einen Goldsack, die
landesübliche Währung.
 
So ausgestattet stürzt sich nun jeder ins Abenteuer.
Der Zugmechanismus ist bereits mehr als primitiv. Man würfelt und zieht die
Augenzahl wahlweise im oder gegen den Uhrzeigersinn entlang der Ebene, in der
sich der Charakter befindet. Auf dem Zielfeld angekommen befolgt man die
dortigen Anweisungen. Meist heißt das: "Ziehe eine Karte". Man zieht
also eine der "Abenteuer-Karten", wie sie genannt werden, und erlebt
so ein Abenteuer. Dabei kann es sich um ein Ereignis (Wintereinbruch, Halloween..)
handeln, das alle Spieler betrifft, man kann auf Monster oder Geisterwesen
treffen. die man mit Stärke bzw.
''Graft'' bekämpfen muß, man kann auf Fremde treffen
oder Gefolgsleute finden (warum sich z.B. die Prinzessin dem Troll anschließt
ist mir immer noch ein Rätsel), Gegenstände entdecken (vom einfachen Goldsack
bis zu seltenen Artefakten - alles sehr praktisch, leider kann man nur vier
Dinge schleppen oder entdeckt einen magischen Ort. Alle wichtigen Details
stehen auf den jeweiligen Karten vermerkt - zusätzliches Nachschlagen ist also
nicht nötig. Fühlt man sich stark genug, kann man versuchen, in die mittlere
Ebene vorzustoßen, wo das Risiko wesentlich höher ist. Dort kann man versuchen,
sich einen Talisman zu organisieren, denn nur mit diesem darf man das Tal des
Feuers betreten (offensichtlich eine Mischung aus Verdienstkreuz und
Asbestanzug), um zur Krone der Herrschaft zu marschieren.
 
A propos Krone. Zwischen der mittlerenden Ebene und
der Krone liegen immerhin noch einige Felder der inneren Ebene, die es in sich
haben. Daher sollte jeder Spieler seine Figur einigermaßen aufgerüstet haben
(Standar etwa. = Ein großer grüner Drache - räumt ihn weg!").
 
Ist ein Spieler endlich am Ziel seiner Wünsche
angelangt, so steht ihm noch eine Phase des Bangens bevor: Er muß nun mit einem
speziellen Zauberspruch, den er durch die Krone erhält, die anderen Spieler um
ihre restlichen Lebenspunkte bringen. Selbige finden das um allgemeinen nicht
schön und setzen alles daran, selbst zur Krone vorzustoßen, um den Besitzer zu
bekämpfen, oder sie werfen ihm jede nur erdenkliche Form von Magie an den Hals.
Ist dann in der Endphase nur mehr der augenblickliche Besitzer der Krone aktiv,
so endet das Spiel mit dem Sieg desselben.
 
Soweit die Grundregeln. Falls sich einige
Talisman-Experten wundern sollten, ich habe bewußt einiges etwas unscharf
erklärt, um nicht zu sehr ins Detail zu müssen.
 
Für all jene die dem Talisman-Fieber verfallen sind,
war Games Workshop nicht untätig und hat eine ganze Reihe von Erweiterungsboxen
auf den Markt geworfen. Da diese aber erst kürzlich ausführlich besprochen
wurden, möchte ich sie nur mehr dem Namen nach, in chronologischer Abfolge,
erwähnen: "Expansion Set", "Adventure",
"Dungeon", "Timescape" und "City". Uber Die
Qualität derselben gehen die Meinungen auseinander; sicher ist daß sie die
Vielfältigkeit des Spieles noch erhöhen.
 
Nun zu einem eigenen Problem: der deutschsprachigen
Ausgabe von Schmidt Spiele. Diese enthält das Material aus dem Grundspiel und
dem "Expansion Set" und hat etwa die doppelte Größe des Originals.
Die Qualität des Spielmaterials ist im allgemeinen besser als bei der Games
Workshop-Ausgabe, aber der Teufel steckt im Detail. Es wäre schon schlimm genug
gewesen, hätte Schmidt Spiele einen Ubersetzer beschäftigt, der vom Spiel
selbst keine Ahnung hat - nein, es mußten gleich deren zwei sein, die sich
nicht einmal abgesprochen haben dürften. So spricht einer der beiden hartnäckig
von der Gruft, der andere von der Krypta. Für Unbeleckte, die keine Ahnung
davon haben, daß es im Original "Crypt" heißt, eine hübsche Nuß zu
knacken. Dem nicht genug, wurden die diversen Karten auch mit ziemlicher
Lieblosigkeit behandelt. Eine Abenteuerkarte wird als Kaufkarte deklariert (und
alle suchen verzweifelt nach dem Preis und dem Laden für das Ding), ein
Einsiedler wird durch eine Unterlassungssünde unnötig und ein Goblin verliert
seine Kampfkraft. Diese Bearbeitung kann man selbst mit größter Nachsicht nur
als "schleißig" bezeichnen. Da wir gerade von ''schleißig"
reden: Auch den Workshop-lern ist derartiges passiert. Die Ergänzungsboxen sind
vom Format her etwas größer als das Basisspiel. Das stört zwar nicht weiter
(man stopft schließlich alles in die Grundpackung hinein), aber aus irgendeinem
unerfindlichen Grund ist der Bogen mit den Zusatzregeln im "Dungeon"
genau A4 (statt der üblichen 20x28cm). Fazit: Der Zettel biegt sich in der Box
ständig um, falls man es nicht übers Herz bringt, ihn abzuschneiden oder zu
falten.
 
Nun zum schwierigsten Teil dieser Besprechung: der
subjektiven Beurteilung.Zunächst muß ich zugeben: Ich bin ein Talisman-Fan. Es
ist mir völlig klar, daß die Anforderungen an die Spieler eher gering und der
Glücksfaktor eher hoch sind, dennoch denke ich, daß dem einzelnen Spieler
genügend Möglichkeiten bleiben, dem Spiel seine Strategie aufzuzwingen. Daß man
jeden Charakter anders spielen muß um einigermaßen gut über die Runden zu
kommen ist selbst einem Neuling völlig klar. Auch ist bei diversen Partien
immer wieder zu bemerken, daß bestimmte Spieler- Charakter-Kombinationen
dominieren. So gesehen kann es sich nicht um ein reines Glücksspiel handeln.
 
Andererseits habe ich selbst schon Partien erlebt,
die durch geradezu unheimliches Glück eines Mitspielers vollkommen auf den Kopf
gestellt wurden. So etwas kann natürlich die anderen Spieler ziemlich
frustrieren und letztendlich zu einer unbefriedigenden Partie führen. Doch muß
ich aus meiner Erfahrung mitteilen, daß diese Konstellationen eher die Ausnahme
waren. Zusammenfassend sei gesagt, daß Talisman für alle Spieler, die ein
gepflegtes Fantasy-Ambiente schätzen und die sich an einem hohen Glücksfaktor
nicht weiter stoßen, auf jeden Fall zu empfehlen ist.
 
WlN-Wertung:
** Talisman (Games Workshop) WWW S I UU AA D 2-5
(2-6) h