Samarkand

Kaufmannsfamilien wollen mit den Karawanen auf der Seidenstraße lukrative Geschäfte machen, die Spieler heiraten als Händler in die Familie ein und versuchen die Geschäfte zu lenken. In einem Spielzug kann man entweder in eine Kaufmannsfamilie einheiraten oder die Handelsroute einer Familie verlängern. Heirat kostet Geld und bringt Warenkarten, man kann in beliebig viele Familien je einmal einheiraten. Die Handelsroute wird durch Kamele der Familie verlängert, Warenplättchen von Feldern bekommt man, dazu passende Warenkarten kann man verkaufen. Kamele zweier Familien auf einem Feld knüpfen eine Verbindung, erste Verbindungen bringen Prämien. Hat jede Familie eine vorgegebene Anzahl Verbindungen geknüpft, gewinnt, wer am meisten Siegpunkte aus Warenkarten, Warenplättchen, Verbindungen und Geld erzielt.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Verlage:
Redaktion:
Illustratoren:
Inventarnummer:
21888
Tags:
sh10fa , nbg10
Kategorien:
Entwicklung/Aufbau
Erscheinungsjahr

2010
Spieler

2 - 5 Spieler
Alter

8 - 99 Jahren
Dauer

bis 45 Minuten

Rezension

Samarkand
FÜR FAMILIEN
POLYGAMIE IM ORIENT-EXPRESS
SAMARKAND
 
Wüstenschiffe laufen wie auf Schienen
 
Kid                       
Family          ein    
Friends                 
Expert                           
 
Alter            10     
Spezial                 
 
Eisenbahnspiele dauern häufig so lange
wie eine Zugfahrt von Wien nach Innsbruck (inkl. Verspätungen). Das dem nicht
immer so sein muss, hat der Spieleautor Harry Wu bereits 2008 mit „Chicago
Express“ (vormals „Wabash Cannonball“) bewiesen: Aktien von Eisenbahngesellschaften
kaufen, Zugstrecken bauen, Dividenden lukrieren, und dennoch war alles in rund
einer Stunde erledigt (sofern sich beim Versteigern der Aktien keine
Verzögerungen aufgrund tüfteliger Spielweise ergeben). Auch Spielthema von
„Samarkand“ ist der Aktienkauf von Eisenbahngesellschaften und das Erweitern
von deren Schienenstrecken, um durch das Erreichen von Bahnhöfen bzw. durch
Streckenverbindungen mit anderen Eisenbahnen Siegpunkte zu sammeln.
 
Das Alles ist in den Orient transferiert:
Anstelle von Eisenbahngesellschaften gibt es ferne Kaufmannsfamilien, in die
wir einheiraten, statt Zugstrecken verlängern wir Kamelkarawanen auf ihren
Handelsrouten, den Platz von Bahnhöfen nehmen Handelsposten ein und der
Spielplan zeigt nicht die USA, sondern einen geografischen Ausschnitt zwischen
Byzanz, Ägypten und weiter östlich bis Persien und zur Grenze von China.
Jedenfalls passt auch dieses exotische Ambiente sehr gut und stimmig zu den
Spielmechanismen, ist für die erste Erklärung aber etwas sperrig und weniger
leicht nachzuvollziehen. Spätestens nach der ersten Partie sind die leichten
und wenigen Regeln jedoch gut verständlich, zumal die Mitspieler pro Zug die
Auswahl aus nur zwei Aktionen haben:
 
Heiraten oder Kamele kriegen
Entweder in eine (weitere) Familie
einheiraten oder die Karawane (bzw. Handelsroute) einer Familie verlängern. Von
den insgesamt zehn Familien stehen jeweils zwei potentielle Heiratskandidaten
zur Verfügung. Auf diesen Plättchen sind (schön gendergerecht) auf Vorder- und
Rückseite eine Frau oder ein Mann dargestellt. Somit sind nicht nur mehrere Ehen,
sondern auch eingetragene Partnerschaften möglich; und – ganz emanzipiert –
auch für  die Mitspielerinnen! Für die Braut/den Bräutigam ist als Liebesbeweis
eine Ablöse zu bezahlen, dafür besteht die Mitgift aus neuen Auftrags- bzw.
Warenkarten. Auf diesen Warenkarten ist jeweils eine der auf dem Spielplan
abgebildeten insgesamt 33 Handelsposten abgebildet. Damit es für eine
Warenkarte Siegpunkte gibt, muss die Karawane irgendeines Mitspielers diesen
Handelsposten erreichen. Mehr Punkte lukriert man, wenn es sich um die Karawane
einer Familie handelt, an der man selbst als Schwiegersohn oder -tochter
beteiligt ist. Das Punktemaximum lässt sich mit zwei „eigenen“ Kamelen auf
diesem Handelsposten erreichen.
 
Der Streckenbau ist simpel und erinnert
ein wenig an „Trans America“ (bzw. “Trans Europa“): Ein bis zwei Kamele
einsetzen, die eine gleichfarbige Karawane verlängern müssen (natürlich nur bei
einer eigenen Familie). Pro Feld dürfen sich jedoch nur zwei
(verschiedenfarbige) Kamele befinden. Für das erstmalige Schaffen einer
Verbindung zwischen verschiedenfarbigen Karawanen bekommt man als Belohnung
ebenfalls Siegpunkte, aber auch allfällige andere Schwiegersöhne oder -töchter
der beiden beteiligten Familien verdienen mit. Da pro Familie zwei Mitspieler
miteinander „verschwippschwägert“ sein können, liegt ein Teil des Spielreizes darin,
dass diese dieselbe Karawane vielleicht in unterschiedliche Richtungen lenken
wollen, bis der Kamelvorrat letztlich zur Neige geht.
 
Und das ist es im Wesentlichen auch
schon. Erstaunlich schnell kann es zum Spielende kommen, was auch zu
entsprechenden taktischen Überlegungen führt. Zahlt es sich überhaupt noch aus,
meinen GattInnen-Harem weiter zu vergrößern, oder kann bereits jemand
unmittelbar nach mir Schluss machen?  (Mit dem Spiel, nicht mit dessen
Ehegatten). Häufig ist es jedoch auch möglich, das Spielende aktiv hinaus zu
zögern. Weitere Überlegungen ergeben sich immer wieder aus der aktuellen Spielbrettsituation:
Wenn ich mit meiner Karawane den Handelsposten einer meiner Warenkarte
erreiche, kann sich mein Mitspieler über die Extrapunkte für die dann
„aufgelegte“ Verbindungsmöglichkeit unserer beiden Karawanen freuen. Ein wenig
Glück beim Nachziehen der Warenkarten kann zwar nicht schaden; das Spiel
erlaubt jedoch auch das Ablegen von ungewünschten Karten, auf dass der nächste
Partner hoffentlich eine brauchbarere Ausstattung in die neue Ehe mitbringt.
Außerdem kann ich ja gezielt um eine Braut werben, in deren Nachbarschaft die
Handelsposten meiner Warenkarten liegen. Da nahezu alle Informationen offen auf
dem Tisch liegen, ist zwar grundsätzlich auch ein tüfteliges Durchrechnen der
Möglichkeiten der Mitspieler denkbar, im Wesentlichen sollte es aber flott
vorangehen. Oft sogar so flott, dass die Spieldauer im Verhältnis zum Spielauf-
und -abbau unverhältnismäßig kurz erscheint; am besten also gleich noch eine
Partie anschließen.
 
Die Anleitung und die Spielausstattung
sind wieder – wie vom Verlag gewohnt – sehr gut und schön gestaltet. Gegen
Spielende ziehen viele bunte Holzkamelkarawanen durch die Lande, die den
Eindruck von putzigen Ameisenstraßen machen. Für ein wenig Irritation sorgt
jedoch der Umstand, dass mit den Kamelen auch die Meere befahren werden können
(das Wüstenschiff mutiert hier also quasi zum Amphibienfahrzeug). Offen bleibt
noch die Frage, ob die verschiedenen Familien tatsächlich ausgewogen sind. Zwar
betragen die Eheschließungskosten für die attraktiveren Positionen in der Spielplanmitte
teilweise sogar das Doppelte im Vergleich zu den Randpositionen. Dafür werden
für jene wohl auch mehr Boni für die Verbindungen mit anderen Familien
ausgeschüttet werden. Für die von mir noch nicht getestete Variante für zwei
Personen gibt es einige Sonderregeln und sogar einen Extra-Stoffbeutel. Hier
dürfte das Spiel den taktischen Höhepunkt erreichen, zumal bei vielen Aktionen
jeweils der eigene und der (Mit-)Verdienst des Kontrahenten abzuwägen sind.
 
Harald Schatzl
Spieler         : 2-5
Alter            : 10+
Dauer           : 30-60 min
Autor           : David V.H. Peters & Harry Wu
Grafik          : Jo Hartwig
Vertrieb       : Piatnik
Preis            : ca. 35 Euro
Verlag          : Queen Games
                     www.queen-games.de
BEWERTUNG:
Strecken bauen,
um Plättchen zu sammeln
und Aufträge zu erfüllen
Zufall                     : 2
Wissen/Gedächtnis  : 1
Planung                 : 4
Kreativität              :
Kommunikation      : 6
Geschicklichkeit      :
Action                   :
Kommentar:
Stimmiges, exotisches Thema
Schöne Ausstattung
Relativ wenig und einfache Regeln
Taktisches Potential, dennoch flott spielbar
Spiele Hit für Familien 2010
Vergleichbar:
Trans America
Chicago Express
andere Eisenbahnspiele mit Aktienbeteiligungen
Atmosphäre: 5
 
Harald Schatzl
Ehen sind Verträge und Heiraten ist ein
Geschäft; die Liebe kommt (vielleicht) später. Auch die Liebe zu „Samarkand“
braucht mehr als eine Partie, um sich entwickeln zu können – wird sie dann aber
ein Leben lang währen?