Roter November

Das gnomische U-Boot Roter November ist in Seenot geraten. Die Matrosen müssen zusammenarbeiten, um bis zur Ankunft der Retter zu überleben. Das Problem ist, sie sind oft betrunken und manchmal hilflos. Am Zug ist, wer mit dem Zeitmarker am weitesten zurück liegt. Zuerst werden die Gnome bewegt, das kostet Zeit und währenddessen passieren üble Dinge. Dann kann der Gnom handeln: Reparieren, Gegenstände sammeln und weitere Aktionen. Das kostet Zeit und es passieren üble Dinge. Der Zug endet mit einer Bestandsaufnahme und Aktualisierung. Komplexes Regelwerk mit leicht schrägem Touch und kooperativen Elementen. Deutsche Ausgabe, Original bei Fantasy Flight Games  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Inventarnummer:
19933
Tags:
ess08
Kategorien:
Setz-/Position, Entwicklung/Aufbau, Kooperativ
Erscheinungsjahr

2008
Spieler

3 - 8 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 90 Minuten

Rezension

Roter November
FÜR ERWACHSENE
 
60 MINUTEN BIS ZUM TOD …                                                            
Roter November
Hektisches Treiben auf dem Unterseeboot     
 
Wie Bruno Faidutti auf seiner Homepage schreibt, hat das
neue Kooperationsspiel „Roter November“ (im Original: Red November) seine
kleine persönliche Geschichte. Auf der Suche nach einem Grundthema, das dem
Mechanismus von „Schatten über Camelot“ ähnlich sein sollte, vor allem mit
einem unbekannten Verräter in der Gruppe, wurden zunächst die
Hintergrundgeschichten von König Arturs „Rundem Tisch“ sowie von „Star Wars“ angedacht.
Das Sinken des russischen Unterseeboot Kursk im August 2000 war allerdings zu
diesem Zeitpunkt ebenfalls noch in aller Munde. Die Zeit war jedoch noch nicht
reif und so vergingen die Jahre mit anderen Projekten. Als einer der
Spieltester, Jef Gontier, der beruflich als Ingenieur an den französischen
Nuklear-U-Booten mitarbeitete, auf dieses „technische“ Thema stieß, war der
Bann gebrochen. Sofort gingen Faidutti und Gontier ans Werk zum neuen „großen“
Kooperations-Spiel (Arbeitstitel: Save the Kursk!). Zielsetzung: Einfach,
spannend, humorvoll – und doch irgendwie realistisch. Das Ergebnis: Roter
November. Das U-Boot-Treiben kann sich wahrlich sehen lassen.
Vorbereitung & Spielziel: Ein Profilschnitt eines
U-Boots mit zehn Kammern bildet den eigenwillig anmutenden Spielplan. Drei
Kammern (Maschinenraum, Sauerstoffpumpen und Reaktorraum) dienen der Reparatur,
eine Kammer wird als Raketenkontrolle genutzt, und zwei Räume, der
Ausrüstungsraum und die Kapitänskabine erlauben es, Gegenstände für den
Ernstfall zu holen. Und dieser Ernstfall tritt auf diesem U-Boot sofort ein,
glauben Sie mir. Ok, in der Kapitänskabine darf man sich so nebenbei am edlen
Grog-Vorrat bedienen, von dem sechs Flaschen sogar offen zur freien Entnahme
aufliegen. Ein bisschen Spaß muss ja wohl sein. Um den Plan läuft eine
60-Felder-Leiste, die exakt das Zeitmaß einer Stunde symbolisiert. Hier gilt
es, mit den eigenen Zeitmarkern vorzurücken und letztlich vor dem Untergang der
„Roter November“ das (imaginäre) Feld „Gerettet“ zu erreichen. Dies ist das
gemeinsame Spielziel aller, wohlgemerkt. Verlieren können Sie dagegen auf
verschiedenste Art: Entweder einer der Katastrophen-Marker (es gibt drei davon)
erreicht einen bestimmten Pegel oder aber eine akute Gefahr wird von allen
Spielern missachtet. Nicht willentlich, versteht sich. Oder es gehen einfach
alle Matrosen in den Flammen um oder ersaufen in einer überfluteten Kammer. Die
„Roter November“ ist eben ein traumatischer Ort, da gibt es nichts zu
beschönigen. Weiter mit den Vorbereitungen: Jeder Spieler führt eine Gnomfigur,
die durch einen Zehnflächer-Würfel dem Zufall folgend in eine der Kammern
platziert wird. Ein farblich passender Zeitmarker sowie eine Gnomen-Karte (mit
der „Nüchtern“-Seite nach oben) werden ebenfalls vorweg verteilt. Betrinken
dürfen Sie sich dann ganz nach Wunsch im Laufe des Spiels. Das ist wirklich
notwendig, schon um sich Mut zu machen. Zuletzt bekommt jeder Matrose, pardon:
Gnom, verdeckt zwei Gegenstände für den folgenden Überlebenskampf. Neben dem
Spielbrett wartet ein „böser“ Stapel mit Ereigniskarten, die das Leben auf der
„Roter November“ wahrlich hektisch werden lassen. Auf geht’s – das Leben kann
kurz sein!
Spielablauf & Spieltipps: Die Zugfolge auf dem
U-Boot „Roter November“ ähnelt der von „Jenseits von Theben“. (1) Immer der auf
der Zeitleiste am weitesten zurück liegende muss erst einmal seinen Gnom
„bewegen“. Die Anführungszeichen besagen, dass dieses Bewegen eine Palette von
Handlungen umfasst: Öffnen einer Luke zur nächsten Kammer, Abfließen lassen von
Wasser, Betreten eines Raums oder sogar das Verlassen des U-Boots. All das
kostet Zeit – und das Maß sind die verfügbaren „60 Minuten bis zum Tod …“
(siehe Überschrift). Die detaillierten Modifikationen müssen echte Matrosen –
und Sie gehören hoffentlich dazu – durch eigene Erfahrung ausloten. Jedenfalls
sind die Bewegungsschritte nicht zu unterschätzen. (2) Phase 2 sind die
Aktionen. Manche erlauben in bestimmten Kammern dringliche Reparaturen, andere,
wie das Löschen von Feuer, das Pumpen von Wasser oder das Beheben einer
Luken-Blockade, können überall auf der „Roter November“ erforderlich sein. In
zwei Kammern dürfen, gegen Zeitvorgabe, vom Vorrat Gegenstandsmarker bzw.
Grogflaschen entnommen werden. Die Zeit wird, vom Feld des jeweiligen Spielers weg,
durch einen sogenannten „Geisterzeit-Marker“ gemessen. Sollte einer der Gnome
während seiner Aktivphase einen Grog konsumiert haben, so muss er eine
„Ohnmachtsprobe“ (3) bestehen. Details auch dazu in der Spielregel. Doch soviel
vorweg: Der Grog putscht zwar auf, doch sollte die Probe nicht bestanden
werden, wird der Gnom für eine gewisse Zeit besinnungslos. Wenn da ein Feuer
ausbricht oder ein Raum überflutet wird …? Sie sehen schon, alles hat seinen
Preis. Der Grund für den Geisterzeit-Marker: In Phase (4) wird der eigene
Markierungsstein über Ereignisfelder bzw. Gegenstandsfelder gezogen, bis zum
weißen Geisterzeit-Marker, wobei diese Ereignisse unmittelbar abgehandelt
werden. Und sie sind nahezu allesamt mit schrecklichen Erschwernissen für die
Spieler verbunden. Was damit gemeint ist? Die Katastrophenmarker werden
bedenklich hoch gepusht, akute Gefahren tauchen auf, Gegenstände müssen
ungenutzt abgegeben werden, und vieles mehr. Es gibt nur wenige echte
Verschnaufpausen. Diese drei bis vier Phasen wiederholen sich reihum, bis
entweder die Gnome die 60 Minuten überstanden haben – das soll vorkommen – oder
in den Fährnissen des U-Boot-Daseins ihr Leben aushauchen (im Jargon der
Matrosen: „den Löffel abgeben“). Ja, und da gibt es noch einen kleinen Kick:
Falls auch nur ein Spieler das Feld „10 Minuten“ überschritten hat, darf sich
jeder, so er kann, leise aus dem Staub machen: man nennt das
„Kameraden-verlassen“-Aktion. Voraussetzung ist allerdings eine
Taucherausrüstung (bei den Gegenständen dabei), um das sinkende Schiff zu
verlassen. Damit werden die Siegbedingungen auf den Kopf gestellt: Gewinnen die
Gnome, verliert der Flüchtige. Umgekehrt gewinnt er alleine, wenn die anderen
dem Katastrophenszenario zum Opfer fallen. Zuletzt einige Spieltipps: Horten
Sie nicht wie wild Gegenstandsmarker, denn einige Ereigniskarten werden ein
„Handlimit“ fordern. Sprechen Sie sich ab, wer welche Rettungsaktion übernehmen
soll. Und achten Sie besonders auf die akuten Gefahren, die auf der Zeitleiste
jeweils 10 bis 15 Minuten „in der Zukunft“ liegen. Sobald alle Gnom-Matrosen
die betreffende Markierung überschritten haben, endet das Spiel unmittelbar mit
dem Untergang aller. Behalten Sie ständig die Katastrophenleiste im Auge und
führen Sie rechtzeitig notwendige Reparaturen aus. Die widrigen Ereignisse
werden alle ganz unerwartet schnell kommen …
FAQ: Auf Bruno Faiduttis Homepage werden einige
Fragen aus erster Hand beantwortet. Hier die 10 wichtigsten: (1) Zwei
Spieler? Ja, allerdings muss jeder zwei Gnome kontrollieren, und zudem darf
die „Kameraden-verlassen“-Aktion nicht durchgeführt werden. (2) Plättchen offen? Möglich, allerdings wird
das Spiel dadurch schneller und berechenbarer. (3) Zahl der Marker? In
einer Aktion dürfen beliebig viele, sogar identische, gespielt werden.
Allerdings gibt es selbst bei zwei Grogs nur eine Ohnmachtskontrolle. Wird nach
einem Grog in derselben Runde ein Kaffee geschlürft, entfällt sogar die obligate
Kontrolle. (4) Feuer? Sobald ein Feuer ausbricht, sich ausbreitet oder
einen bereits unter Flammen stehenden Raum erfasst, wird der Sauerstoff-Marker
um ein Feld nach oben gezogen. Ein Gnom darf einen brennenden Raum nur mit
einem Feuerlöscher oder einer Portion Grog betreten. Er darf den Raum auch
wieder verlassen, ohne das Feuer zu löschen. Ein Gnom, der sich beim Ausbruch
des Feuers bereits im Raum befindet, muss dieses unter Umständen „mit den
Händen“ löschen. Oder aber er wählt eine andere Aktion und stirbt dafür nach
der betreffenden Runde den „Heldentod“. (5) Tod in den Flammen? Falls
ein aktiver Gnom nicht aus einem brennenden Raum fliehen kann, stirbt er am
Ende seiner Runde. Blockierte Türen können im Feuer oder bei unter Wasser
stehenden Räumen nicht geöffnet werden. Ein ohnmächtiger Gnom stirbt im Feuer
sogar dann, wenn er nicht an der Reihe ist. (6) Gefahren? Wird ein
Gefahren-Marker beseitigt, darf gleichzeitig auch der Katastrophen-Marker
zurückgesetzt werden. (7) Katastrophen-Marker? Diese können theoretisch
sogar zweimal, das heißt bis zur Ausgangsstellung, zurückversetzt werden.
Allerdings darf zwischen zwei Reparaturen keine Bewegung auf der
Katastrophenleiste stattgefunden haben. (8) Ohnmächtiger Gnom? Für alle
Zeitfelder, die der Geisterzeit-Marker anzeigt, werden Ereigniskarten und
Marker gezogen. Das kann für einen betrunkenen Gnom tödlich sein! Ein bereits
betrunkener, doch noch nicht ohnmächtiger Gnom, darf übrigens unbesorgt beliebig
viel Grog in sich hineinschütten. Angezeigt wird nur bis zur Stufe 4. Außerhalb
des U-Boots ohnmächtig zu werden, hat den unmittelbaren Tod zur Folge. (9) Raum
unter Wasser? Nur bei Öffnen einer Luke zwischen überfluteten und
wasserfreien Räumen gleicht sich der Pegel aus. Sonst niemals. (10) Rettung?
Gewinnen alle Gnome, die zu Beginn auf der „Roter November“ waren, oder nur die
Überlebenden? Bitte entscheiden Sie selbst! Bruno Faidutti möchte „aus
moralischen Gründen“ (wie er schreibt) bei einem Kooperationsspiel auf diese
Frage keine Antwort geben.
Kritik & Anmerkungen: Ich erlaube mir, trotz
ziemlich uneingeschränkter Freude mit diesem Spiel, vorweg die doch sehr klein
geratenen Materialteilchen zu bekritteln. Es verschiebt sich leicht der eine
oder andere Marker, und zudem muss man sich beim Platzieren der diversen
Plättchen ganz schön Mühe geben. Warum nicht eine „Roter November“ mit besseren
Proportionen? Nicht einfach ist das erstmalige Lesen der Regeln, was ja auch
durch die sehr bald im Internet zusammengetragene Liste mit FAQ bestätigt wird.
Aber gleich der „Beruhigungsgrog“: Der Spielablauf ist, sobald alles klar wird,
sehr eingängig und zügig. Umso mehr, da Spielfreude und Spannungsbogen
beachtliche Spitzenwerte erreichen, zumindest in meinen Testrunden, vor allem
für ein kooperatives Spiel. Eine Empfehlung darf ich mir an dieser Stelle
erlauben: Lassen Sie zumindest im ersten Überlebensversuch die optionale Regel
„durchgeknallter Gnom“ einfach außer Acht. Hier können Freundschaften, besser:
Kameradschaften, zerbrechen. Der „weniger tödliche Tod“ (was es nicht alles
gibt!) ist jedoch durchaus eine Möglichkeit der individuellen Gestaltung.
Preis-/Leistungsverhältnis stimmen jedenfalls bei „Roter November“, wenn Sie
diese kaufmännische Überlegung überhaupt interessiert. Und Platz sparend ist
das Ganze auch noch. Wohltuend sind auch die beiden Übersichtsblätter, die ein
schnelles Nachschlagen der Raumverteilung, der Aktionsmöglichkeiten und vor
allem der Gegenstände zeigen. Wer kooperative Elemente in einem Brettspiel
schätzt, der sollte sich erst einmal auf die „Roter November“ wagen. Überleben
ist immerhin möglich, so viel sei verraten.                   
Mein persönliches Fazit: Je öfter ich mich an
einem Überlebenskampf versuche, desto besser will mir das „Abenteuer Roter
November“ gefallen. Meine Spielpartner haben ähnliche Erfahrungen gemacht.
Selbst die optionale Regel, in der zweiten Runde die
„Verschnaufpause“-Ereigniskarten wegzulassen, wird plötzlich zu einer
willkommenen Herausforderung. Ob Sie auch mit der Regel „durchgeknallte Gnome“
was anzufangen wissen, hängt sehr von der Mentalität Ihrer Mitspieler ab, würde
ich meinen. Jedenfalls gab es bei meinen Gnomen-Freunden nur geteilte
Zustimmung zu dieser Facette des Matrosenlebens. Dafür möchte ich – zumindest
für jeden Spieler einmal pro Spiel – die optionale Regel „weniger tödlicher
Tod“ empfehlen. Wer will schon den Mitkämpfern beim Leiden zuschauen müssen?
Sollten Sie jedenfalls ein Herz für kooperatives Wirken haben, so wird ein
Abend auf der „Roter November“ fast zur Pflicht. Wie gesagt: Es gilt ja, nur 60
lächerliche Minuten zu überstehen! Kopf hoch! – Golova vysoko! (Sie erinnern
sich an den Untergang der Kursk!)       
 
hugo.kastner@chello.at
www.hugo-kastner.at
    
Spieler:                3-8
Alter:                   12+
Dauer:                 120
 
Autor:                  Bruno Faidutti, Jef Gontier
Grafik:                 Christophe Madura
Vertrieb:              Heidelberger
Preis:                            ca. 18 Euro
Verlag:                Heidelberger Spieleverlag 2008
                            www.hds-fantasy.de
 
Genre :                  Tückisches Kooperationsspiel 
Zielgruppe:            Für Jugendliche/Erwachsene
Mechanismus:         Spannender Würfelmechanismus  
 
Zufall:                           4
Wissen/Gedächtnis:    
Planung:                       3
Kreativität:                  
Kommunikation:          5
Geschicklichkeit:
Aktion:                        
 
Kommentar:
Material etwas unhandlich
Spannungsbogen sehr hoch
Regelwerk anfangs etwas gewöhnungsbedürftig
 
Vergleichbar mit:
Schatten über Camelot
Als kooperatives Spiel darf Roter November am ehesten
mit Schatten über Camelot verglichen werden. Doch finden sich bei
Faidutti viele witzige und originelle Elemente.
 
Atmosphäre:                 5
    
Hugo Kastner
Komisch gnomisch … das ist kein reines Wortspiel. Denn wie
betrunkene, vom Grog gezeichnete Gnomen erleben manche der Matrosen auf dem
Unterseeboot ‚Roter November‘ ihre vermeintlich letzte Stunde. Nur kooperatives
Verhalten verspricht eine winzige Chance, dem Druck der Zeit zu trotzen und zu
überleben. Oder gibt es doch den einen oder anderen Fahnenflüchtigen unter den
Gefährten? Bitte ausprobieren!