Rokoko

Als Schneider für den Adel muss man nicht nur die Kleider für den großen Ball nähen, sondern das ganze Ereignis managen. Man spielt eine Arbeiterkarte für eine von sechs Hauptaktionen: Gunst der Königin, Rohstoffe, Kleid schneidern oder verleihen, Arbeiter einstellen, Arbeiter um Geld ausschicken, Ausstattung finanzieren; manche Aktionen brauchen einen Meister, manche kann schon der Lehrling machen. Die Aktionen bringen Boni und diese Ansehen für den Schneider. Dann gibt es noch Einkommen. Nach sieben Runden findet der Ball mit Endwertung statt, wo es noch einmal Ansehen für Arbeiterboni, für an Gäste verliehene Kleider und finanzierte Ausstattungen gibt.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch, Englisch

Ludografische Angaben

Inventarnummer:
24914
Tags:
ess13 , sdj14nke
Kategorien:
Entwicklung/Aufbau, Sammeln
Erscheinungsjahr

2013
Spieler

2 - 5 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 120 Minuten

Rezension

Rokoko
UNSERE
REZENSION
 
LEHRLINGE MACHEN KEINE KLEIDEr, LEIDER
 
ROKOKO
 
ENDlich einmal kein Worker-Placement!
 
Im
„Brettspiel-Barock“ haben wir uns an vielen neuen, üppigen und prächtigen
Spielmechanismen erfreuen dürfen: Mehrheiten-Wertungen, Ressourcen-Management, Worker-Placement,
Kartendeck-Bau, etc. Dieses Zeitalter dürfte jedoch bereits zu Ende gegangen
sein; im Wesentlichen wiederholen neue Brettspiele nur mehr bereits bekannten
Mechanismen, in den besseren Fällen immerhin noch auf eine verfeinerte und
elegante Weise weiterentwickelt – vielleicht befinden wir uns derzeit also im
„Brettspiel-Rokoko“?
 
Im
gleichnamigen Spiel leiten wir jedenfalls jeweils eine Schneiderei und sollen
schöne Kleider für die adeligen Damen und Herren am französischen Hof
anfertigen. Demnächst wird dort nämlich eine große Ball-Veranstaltung
stattfinden und es fehlt noch an allen Ecken und Enden: Aus diesem Grund genügt
unser Kleider-Handwerk nicht, wir sollen auch noch die Musikanten bezahlen, das
mitternächtliche Feuerwerk finanzieren und den Brunnen sowie die Statuen für
den Garten sponsern. Als Dank für all unsere Mühen bekommen wir natürlich kein
schnödes Geld – mit ein wenig Ansehen, in der Form von Siegpunkten, sind wir
schon zufrieden (vermutlich werden wir deswegen das Gespött der ganzen Ballnacht
sein).
 
Auf
dem (grafisch sehr schön gestalteten) Spielplan ist u.a. ein Palast mit fünf
leeren Sälen zu sehen; nur die Musiker haben sich schon eingefunden, auf dem
Dach sind das Feuerwerks-Projekt und im Garten die Statuen und der Brunnen zu erkennen
– all das muss aber noch – und zwar von uns! – bezahlt werden. Die jeweils aktuell
verfügbaren Entwürfe der Kleider werden (als Plättchen) in einer Reihe
ausgelegt. Auch zum Fertigstellen eines Kleides braucht es natürlich „Zutaten“;
aus diesem Grund ist auf jedem dieser Kleider-Entwürfe (bzw. Schnitt-Muster)
ersichtlich, welche Farbe und Menge an Stoff dafür benötigt wird und ob auch
noch Spitze bzw. Garn zu vernähen sind. Somit müssen wir zuvor Stoffballen, Spitze
und Garn käuflich erwerben, um diese später in ein passendes Kleid
„umzutauschen“. Ein fertiges Kleid kann dann in einem der Säle auf dem
Spielplan platziert werden und wird – für die späteren Siegpunkte – mit einem
Besitzmarker des jeweiligen Mitspielers gekennzeichnet; wobei das Kleider-Plättchen
zuvor noch auf dessen Rückseite gedreht wird, auf welcher (Überraschung!) eine
mit unserem Werk bekleidete adelige Person abgebildet ist.
 
So
weit, so bekannt (und noch eher unspektakulär); in den letzten Jahren haben wir
wohl die meiste Spielzeit damit zugebracht, um uns auf Feld X Rohstoffe zu
besorgen, um diese auf Feld Y oder Z in Gebäude, Maschinen, etc., bzw.
letztlich in Siegpunkte umzuwandeln. Hier funktioniert das aber nicht über
Worker-Placement, sondern über Karten. Mit dem Ausspielen einer Karte kann ich
mir also entweder Rohstoffe (bzw. rohe Stoffe) besorgen oder diese zu einem
Kleid schneidern. Zwar ist das jetzt auch nicht so originell, bemerkenswert ist
jedoch, dass jede Karte grundsätzlich jede der sechs möglichen Grundaktionen
erlaubt (also ähnlich wie bei „Brügge“ von Stefan Feld). Dazu gibt es jedoch
eine sehr wichtige Einschränkung, zumal die Karten entweder einen Meister,
einen Gesellen oder einen Lehrling verkörpern. Wie unschwer zu erraten, darf
ein Lehrling nicht alles machen: Man kann ihn nur zum Stoff-Einkauf schicken,
als Geld-Bote für die Finanzierung der Ball-Ausstattung (Feuerwerk, Musiker,
Statuen oder Brunnen) verwenden oder gleich kündigen (etwa weil er nicht einmal
zum Sauber-Machen der Werkstatt taugt). Zum einen bringt das Kündigen eines
Mitarbeiters ein einmaliges Extra-Einkommen (wobei ein Meister auch dafür am
lukrativsten wäre); zum anderen hat man für das weitere Spiel weniger Karten
zur Verfügung. Ein wesentliches Spielelement ist hier nämlich der
Kartendeck-Bau: Alle beginnen mit den gleichen fünf Arbeiter-Karten und können
diesen Personalbestand um bessere Kollegen ergänzen. Für ein derartiges
Einstellen eines weiteren Mitarbeiters ist ausschließlich ein Meister
kompetent. Schon aus diesem Grund wäre es also nicht sehr geschickt,
ausgerechnet den eigenen letzten Meister „versilbern“ zu wollen, abgesehen
davon, dass jede Kündigung natürlich auch eine Aktion kostet. Stellt man
hingegen zu viele neue Arbeiter ein, hat man auch bei „Rokoko“ das Problem,
dass die gewünschte starke Karte vielleicht nicht schnell genug wieder in der
eigenen Kartenhand auftaucht. Immerhin passiert das Nachziehen der Karten hier
nicht zufällig, zu Beginn jeder Runde suchen sich alle Mitspieler jeweils drei
Karten aus – der restliche Stapel muss aber erst zur Gänze durchgespielt
werden, bevor man wieder seine komplette Auswahl zu Verfügung hat. Außerdem darf
eine soeben erworbene Arbeiter-Karte noch in derselben Runde genutzt werden.
 
Neben
den bereits genannten fünf Aktionsmöglichkeiten – Stoffe kaufen, Kleid
schneidern, Geld für die Finanzierung des Balles überbringen, neue Arbeiter
einstellen, alte Arbeiter kündigen – gibt es als sechste und letzte Aktion noch
die Sicherung des Startspieler-Vorteiles für die kommenden Runde. Das bedeutet
zwar Tempoverlust in der aktuellen Runde, wird dafür aber auch noch mit Geld
versüßt. Als Startspieler darf man dann natürlich aus der vollen und frischen
Auswahl an Rohstoffen, Kleidern und besseren Arbeitern schöpfen; als Ausgleich dafür
sind die frühen Einkäufe bei Rohstoffen und Arbeitern teurer als wenn man erst
später zuschlägt. Neben dem Startspieler-Bonus und der Kündigung von
Mitarbeitern ist der Verkauf von fertigen Kleidern eine der wesentlichen
Geld-Quellen; ein verkauftes Kleid fehlt einem aber natürlich für die
Siegpunkte-Abrechnung.
 
Wofür
gibt es am Ende nun Siegpunkte? Im Wesentlichen eigentlich für alles: Fertige
Kleider, eine Mehrheit von eigenen Kleidern in einem (oder mehreren) der fünf
Säle, Anwesenheit in allen fünf Sälen, das (Mit-)Finanzieren von Feuerwerk,
Musikern bzw. Statuen; dennoch wirkt es nicht beliebig, was ich tue bzw. worauf
ich mich konzentrieren und was ich vernachlässigen möchte. Auch manche der
Arbeiterkarten weisen als exklusive Bonusfunktion das Lukrieren von Siegpunkten
auf. Diese Extra-Aktionen der Arbeiter (u.a. auch Geld oder sonstige Vorteile)
werden bei den erst später ins Spiel kommenden Karten natürlich immer stärker.
Zwar sind die Anzahl dieser Karten und deren Sonderfunktionen schon bei Beginn
bekannt, dennoch ist es nicht so leicht, sich eine bestimmte Karte zu sichern
(bzw. darauf zu spielen). Bei der Aufteilung der Karten (auf die sieben Runden)
kann nämlich jede entweder eine Runde früher oder später auftauchen, sodass es
sogar notwendig sein könnte, zwei Runden hintereinander Startspieler sein zu
müssen. Will man jedoch unbedingt bestimmte Kombinationen herstellen, bedeutet
das ein mehr oder weniger spekulatives Aufgehen (oder Scheitern) der eigenen
Strategie, damit man letztlich „aus dem Schneider“ ist.
 
Bei
der Vielfalt dieser Nebenfunktionen wäre etwas weniger vielleicht mehr gewesen,
manche erscheinen nämlich eher unnötig bzw. nicht sehr attraktiv (aber
vielleicht lernt man diese erst durch häufigeres und gezielteres Spielen
schätzen). Dafür sind insbesondere auch die Symbole der jeweiligen Boni sehr
gut verständlich gestaltet; wenn etwas dennoch nicht ganz klar sein sollte,
findet man sich leicht und schnell auf dem entsprechenden Übersichtsblatt
zurecht. Auch sonst sind die Symboliken des Spielbrettes sowie die
Spielanleitung zu loben, offenbleibende Fragen gibt es eigentlich nicht und das
Meiste ist sogar selbst erklärend bzw. sehr intuitiv zu verstehen.
Beispielsweise wird das Mitfinanzieren des Brunnens mit regelmäßigem Extra-Einkommen
belohnt – das Plätschern von Wasser wird also auf sinnfällige Weise auf das
Sprudeln von Geld übertragen. Oder: Meister, Gesellen und Lehrlinge sind auf
prägnante Weise durch die Farben und Formen ihrer Fingerhüte gekennzeichnet;
auf dem Spielplan wiederum ist deutlich markiert, welcher Fingerhut – also
welcher Arbeiter – welche Aktion nicht durchführen darf. 
 
Etwas
störend ist lediglich die Farbwahl: Sowohl vier der fünf Spielerfarben als auch
die Kleiderfarben sind nämlich rot, gelb, blau und grün. Bei manchen
Spielsituationen kann das schon etwas verwirrend und unübersichtlich sein. Beim
Spielmaterial sind die Holzteile für Garn und Spitze deutlich weniger attraktiv
als die Spielplan- und Kartengrafik ausgefallen. Ein wenig schade finde ich
auch, dass das Geschehen auf dem Spielplan eher statisch ist: Dieser wird
eigentlich nur für das Platzieren der Kleider und der jeweiligen Besitzmarker
genutzt, danach „bewegt“ sich jedoch nichts mehr. Erst bei der Abrechnung
werden einige Adelige vom obersten Stockwerk auf die Dach-Terrasse verschoben,
um sich am Feuerwerk zu ergötzen (was uns natürlich weitere Siegpunkte bringt).
Vielleicht hätte es also gut getan, wenn manche der Arbeiter-Sonderfunktionen
die Möglichkeit bieten würden, bereits platzierte Kleider/Adelige in einen
anderen Saal umlegen zu dürfen.
 
Die
Interaktion zwischen den Mitspielern besteht im Wesentlichen im Wegschnappen
der diversen Ressourcen, Arbeiter-Karten, Kleider-Entwürfe und der Plätze (bzw.
Mehrheiten) auf dem Spielplan. Meistens gibt es auch für den Zuspätkommenden
noch brauchbare alternative Möglichkeiten, sodass sich das nicht sehr aggressiv
bzw. frustrierend anfühlt; dennoch bleibt es spannend, ob man die eigenen
Wunsch-Aktionen auch wie geplant durchführen kann bzw. ob man taktisch doch noch
schnell auf etwas Anderes umschwenken sollte. In einer Partie zu zweit gibt es
natürlich eine deutlich höhere Motivation zu einer konfrontativeren Spielweise,
sodass der Kampf um die diversen Mehrheiten hier prägnanter ausfallen kann. Aufgrund
des gemeinsamen Aussuchens der eigenen drei Karten zu Beginn jeder Runde
bleiben die Wartezeiten in einem vernünftigen Rahmen, zumal man sich ja schon
beim Auswählen überlegt haben sollte, welche Aktionen man als nächstes gerne
machen möchte. Lediglich im Extremfall – ein Mitspieler hat nur mehr vier, der
andere schon ca. ein Dutzend Karten zur Auswahl und plant auch schon für die übernächste
Runde vor – muss man etwas Geduld aufbringen. Für die gesamte Spieldauer wären
vielleicht nur sechs – statt sieben – Runden besser gewesen, dafür können so
auch längerfristige Strategien Erfolg versprechen.
 
Angenehm
fällt insbesondere auch auf, dass alle – nach der relativ wenig zeitaufwändigen
Regelerklärung – sofort losspielen können. Es bedarf keiner langwierigen
Herum-Tüftelei über die ersten Züge, man kann alles einmal ausprobieren und wird
schon sehen was daraus folgt, da es keine „Strafen“ (etwa wegen fehlender
Nahrung für Arbeiter, oder dgl.) für Spielfehler gibt. Selbst wenn einem das
Geld ausgeht, kann man immer noch einen Arbeiter kündigen, und muss deswegen bei
der End-Wertung nicht chancenlos sein. Das insgesamt schöne, positive und sehr
runde Spielerlebnis wird auch durch das gewählte Thema verstärkt. Und es ist zwar
klischeehaft, doch wird das Schneidern von Kleidern und das „Anziehen“ von „Püppchen“
gerade auch Mitspielerinnen wohl eher ansprechen, welche sonst weniger leicht
zum Ausprobieren von derartigen Spielen zu bewegen sind.
 
Harald
Schatzl
 
Spieler:
2 - 5
Alter:
12+
Dauer:
120+
Autor:
Matthias Cramer, Stefan
und Louis Malz
Grafik:
Michael Menzel,
Andreas Resch
Preis:
ca. 35 Euro
Verlag:
eggertspiele / Pegasus Spiele 2013
Web:
www.pegasus.de
Genre:
Ressourcen-Management
Zielgruppe:
Mit Freunden
Version:
multi
Regeln:
de en
Text
im Spiel: nein
 
Kommentar:
sehr
gute Anleitung und Symbolik
schöne
Grafik
auch
zu zweit und zu fünft spielbar
bei
vier und fünf Mitspielern eher zu lange Spieldauer
 
Vergleichbar:
Fresko (ohne Worker-Placement); Brügge (jede Karte bietet die gleichen
Grundaktionen); Säulen der Erde (jede Runde sind bessere Arbeiterkarten
verfügbar); Concordia (moderater Kartendeckbau)
 
Andere
Ausgaben:
Arclight,
Eagle Games, Filosofia, White Goblin Games, Hobbity.eu
 
Meine
Einschätzung: 6
 
Harald
Schatzl:
 „Rokoko“
bietet bei einem relativ geringen Regelaufwand zwar keine neuen oder gar
originellen Mechanismen, dafür ein wirklich sehr schönes, spannendes, rundes und
positives Spielerlebnis sowie ein attraktives Thema. Das „tapfere Schneiderlein“
verdient immerhin sechs Sterne „auf einen Streich“.
 
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen
(gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0