Orléans

Frankreich im Mittelalter - man will in 18 Runden aus 7 Phasen durch Produktion, Handel, Entwicklung oder soziales Engagement Waren, Münzen und Punkte erwerben: 1) Ereignis aufdecken. 2) Geld bekommen oder zahlen, je nach Anzahl Bauern. 3) Gefolgsleute für den Markt ziehen. 4) Leute vom Markt auf Aktionsfelder setzen, diese benötigen immer mehrere Personen für eine Aktion. 5) Aktivierte Aktionen ausführen oder passen. 6) Ereignis aus 1) abwickeln und 7) Startspielerwechsel. Kann man - wenn gefordert - nicht zahlen, gibt man anderes in gleicher Menge ab. Am Ende wertet man Münzen, fünf verschiedene Waren sowie Kontore und Bürgerplättchen.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch, Englisch

Ludografische Angaben

Verlage:
Illustratoren:
Inventarnummer:
25401
Tags:
ess14 , sh15ex
Kategorien:
Legen, Setz-/Position, Entwicklung/Aufbau
Erscheinungsjahr

2014
Spieler

2 - 4 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 90 Minuten

Rezension

Orléans
Unsere Rezension
 
Zieh dein Pack aus
dem Sack!
 
Orléans
 
Ein nahezu perfektes
Beutelbauspiel
 
Zitat des Verlagstexts:
"Spielbar für 2-4 Spieler ab 12 Jahren geht es
inhaltlich darum, im mittelalterlichen Frankreich die Vorherrschaft durch
Handel, Bautätigkeit und Wissenschaft zu erlangen. Im Mittelpunkt steht die
Stadt Orléans und die Gegend an der Loire, wo man Handelsreisen in andere
Städte unternehmen kann, um an begehrte Waren zu kommen und Kontore zu
bauen."
 
Langweilig!
All jene die jetzt kurz davor sind einzuschlafen oder
umzublättern bitte ich nochmal aufzuwachen und weiterzulesen, denn abgesehen
vom Thema - mit der tausendsten Lokaladaption des Brettspielstandardthemas
schlechthin kann man nicht aus der Masse herausstechen und höchstens ein paar
Franzosen oder frankophile Loiretalfans gewinnen - habe ich nicht das geringste
am Spiel auszusetzen. Ganz im Gegenteil, ich halte es sogar für eines der
interessantesten Spiele des Jahrgangs 2014, um das Fazit vorwegzunehmen.
 
Das Herz eines guten Spiels ist der Spielmechanismus und der
ist es auch, der Orléans interessant macht. Das Spiel läuft über 18 Runden.
Reihum, mit wechselndem Startspieler, führen die Spieler Aktionen aus um das
eigene ... (ja, was ist es eigentlich, ein Handelsimperium???) auszubauen. Um
Aktionen ausführen zu können müssen diese aber erst aktiviert werden. Dazu muss
eine von Aktion zu Aktion unterschiedliche Anzahl und verschiedene Typen von
Gefolgsleuten auf dem entsprechenden Aktionsfeld des eigenen Spieltableaus platziert
werden. Diese Gefolgsleuten gehen unterschiedlichen Berufen nach. Es gibt
Bauern, Handwerker, Händler, Schiffer, Ritter, Gelehrte und Mönche. Sie werden
durch unterschiedliche Kartonplättchen repräsentiert.
 
Zu Beginn der Runde sind die meisten Plättchen in
spielerindividuellen Stoffbeuteln. Eine gewisse Anzahl davon wird blind aus
diesem Beutel gezogen und darf dann auf die Aktionsfelder verteilt werden.
Sobald die Aktion ausgeführt wurde werden die darauf befindlichen Aktionsleute
wieder in den Beutel geworfen. Welche Gefolgsleute nun gezogen werden ist
natürlich zum größten Teil Zufall, aber nicht nur. Denn welche Gefolgsleute
überhaupt in den Beutel kommen, können die Spieler zu einem großen Teil selbst
bestimmen. Die Gefolgsleute erhält man nämlich über bestimmte Aktionen und es
gibt auch Möglichkeiten diese wieder loszuwerden. Auch bleiben Gefolgsleute,
die auf Aktionsfeldern platziert wurden dort liegen bis man die Aktion
ausgeführt hat. Es kann also manchmal sinnvoll sein eine ausführbare Aktion in
einer Runde nicht auszuführen wenn man sich dadurch Vorteile beim Ziehen in der
nächsten Runde erhofft. Um wichtige Aktionen aktivieren zu können und damit
eine Strategie zu verfolgen ist es also von entscheidender Bedeutung den Inhalt
seines Beutels zu kontrollieren. Dieser Mechanismus ist zwar nicht unbedingt
neu, erwähnt seien an dieser Stelle beispielsweise das aus dem gleichem Haus
(dlp-Verlag) stammende Siberia, welches 2011 veröffentlicht wurde, oder das
ebenfalls 2014 von Asmodee veröffentlichte Hyperborea, aber in Orléans nahezu
perfekt umgesetzt und im Gegensatz zum mittlerweile allgegenwärtigen aber
ähnlichen Deckbauen noch recht unverbraucht. Mittlerweile sind mir auch einige
aus dem Englischen stammende Bezeichnungen für den Mechanismus untergekommen,
etwa bag building (dt: Beutelbauen) oder pool building.
 
Die verschiedenen Aktionen, die aktiviert werden können
erlauben es großteils neue Gefolgsleute zu erwerben und/oder auf die eine oder
andere Weise Siegpunkte für die Endwertung zu lukrieren. Die Elemente sind im
wesentlichem auch aus anderen Spielen bekannt, weshalb ich in dieser Rezension 
nicht näher darauf eingehen werde. Erwähnt seien nur das Steigern der
Ritterleiste, deren Fortschritt nicht nur den Erwerb von Gefolgsleuten vom Typ
Ritter nach sich zieht, sondern auch darüber bestimmt wie viele Gefolgsleute
jede Runde gezogen werden dürfen und die Handwerker, die mit dem Erwerb von
Technikplättchen verbunden sind. Diese Technikplättchen werden nach dem Erwerb
auf einem Gefolgsleutefeld eines Aktionsfelds gelegt und ersetzten fortan für
den Rest des Spiels diesen Gefolgsmann. Sie bleiben auch dort liegen wenn die Aktion
ausgeführt wurde und können nicht mehr versetzt werden. Sollte sich ein Spieler
in diesen beiden Kategorien einen Vorsprung erspielen hat dies für ihn eine
höhere Anzahl an ausführbaren Aktionen zur Folge. Ein entscheidender Vorteil
der von den Mitspielern verhindert werden muss. Jedenfalls hätte ich noch keine
Strategie entdeckt die diesen Nachteil kompensieren könnte. Da bei Orléans auch
alle Plättchen begrenzt sind, das inkludiert die Gefolgsleute, die
Technikplättchen, aber auch Geld und Waren, kann ein größerer Vorsprung auch
nicht mehr aufgeholt werden.
 
Interessant sind auch die Ortskarten. Diese werden zusammen
mit Händlern erworben und ermöglichen dem Besitzer eine Spezialaktion, die im
Regelfall etwas stärker oder billiger als die Standardaktionen sind und den
Spielern das Verfolgen von unterschiedlichen Strategien ermöglichen.
Am Ende jeder Runde wird noch ein Event abgehandelt, bei dem
die Spieler zumeist etwas abgeben müssen. Dies bringt noch einen kleinen
Zufallsfaktor ins Spiel, ist aber meist eher von geringer Bedeutung.
 
Die Ausstattung des Spiels ist sehr ordentlich. Auffällig
ist die große Anzahl an verschiedenen Kartonplättchen. Die Grafiken von Klemens
Franz erinnern an mittelalterliche Zeichnungen, sind aber modern, bunt und
übersichtlich gestaltet was, sehr zum guten Gesamteindruck beiträgt.
Mit fast 50 Euro ist Orléans sicher am oberen Ende der
Preisskala, wenn man Parameter wie Ausstattung und Spielumfang zum Vergleich
heranzieht, es ist aber auch ein rundum gelungenes Spiel das bei mir sicher
noch öfter auf dem Spieltisch landen wird.
 
Schlussanmerkung: Auf der Verlagshomepage finden sich im FAQ
einige Erweiterungen zu Regeln, die in der Erstauflage nicht klar formuliert
waren und einige Vorschläge wie das (zumindest auf den ersten Blick) sehr
mächtige Badehaus entschärft werden kann. Dort findet man auch eine neue
Spielanleitung, in der diese neuen Regeln enthalten sind.
 
Markus Wawra
 
Spieler: 2-4
Alter: 12+
Dauer: 90+
Autor: Reiner Stockhausen
Grafik: Klemens Franz
Preis: ca. 50 Euro
Verlag: dlp games 2014
Web: www.dlp-games.de
Genre: Beutelbauspiel
Zielgruppe: Für Experten
Version: multi
Regeln: de en
Text im Spiel: nein
 
Kommentar:
Interessanter Mechanismus
Ordentliche Spielausstattung
Langweiliges Thema
 
Vergleichbar:
Siberia, Hyperborea
 
Andere Ausgaben:
Tasty Minstrel Games
 
Meine Einschätzung: 6
 
Markus Wawra:
Ein (noch) recht unverbrauchter Mechanismus, eingepackt in
einem nahezu perfekt umgesetzten Brettspiel moderner Machart. Das Thema wirkt
zwar etwas aufgesetzt und könnte kaum langweiliger sein, für mich ist Orléans
aber trotzdem eine der interessantesten Neuheiten 2014.
 
Zufall (rosa): 2
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0