Noblemen

Der Kampf um das Erbe Elisabeth I. hat begonnen. Pro Zug hat man eine Aktion und kann 1 Skandalkarte spielen und Plättchen tauschen. Aktionen sind Anwesen vergrößern, Gebäude Bauen, Königsfamilie bestechen, Steuern eintreiben, Land gewinnen, der Kirche stiften oder Müßiggang. Besitzt man am Ende des Zugs die Königin, bekommt man einen Siegpunkt und setzt den Rundenzähler weiter. Einmal pro Dekade wertet man Gebäude, gibt man beim Maskenball den Adelstitel zurück, berechnet Prestige, gibt alles Prestige ab, bekommt einen neuen Titel und dafür Siegpunkte. Nach drei Dekaden gewinnt man mit den meisten Siegpunkten.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Autoren:
Inventarnummer:
23911
Tags:
ess12
Kategorien:
Legen, Setz-/Position, Entwicklung/Aufbau
Erscheinungsjahr

2012
Spieler

3 - 5 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 120 Minuten

Rezension

Noblemen
UNSERE
REZENSION
                                                 
Adel verpflichtet
 
NOBLEMEN
 
Wer gewinnt Elisabeth’s Gunst?
 
Obwohl
ich mich demnächst im Loiretal des 18.Jahrhunderts herumtreiben werde, wechsle
ich heute mit meiner Zeitmaschine über den Kanal ins England des 16.
Jahrhunderts, in die Zeit von Elisabeth I. Als ehemaliger Konsument von
Sisi-Filmen (ja ich geb‘s ja zu und schäm‘ mich) bin ich geradezu
prädestiniert, ein Spiel um die jungfräuliche Königin zu rezensieren. Da sich
auch ein gewisser Herr Friedrich Schiller in seinem Drama Maria Stuart damit
befasst hat, fühle ich mich dabei in guter Gesellschaft.
 
Beginnen
wir beim Cover das zwei englische Adelige darstellt. Das ist ganz sicher nicht
mein Geschmack und wirkt in meinen Augen eher abschreckend, als dass es zu
einem Kauf anregt. Auch der Titel ist nicht gerade glücklich. Meine erste
Assoziation war, hier hätte ein Legastheniker über Probleme geschrieben, bis
meine Synapsen auf „englisch“ umgestellt waren und erfassten, dass es das
englische Wort für Adelige ist.
 
Also
3-5 Mitglieder des britischen Hochadels kämpfen um die Gunst besagter Königin
mittels Ansehen und Einfluss, der sich in Siegpunkten niederschlägt. Da 
es diese Leutchen in dieser Zeit nicht so richtig mit der Arbeit hatten,
erfolgt dies auch durch Vergrößerung der eigenen Ländereien und Errichtung von
Prunkbauten. Auch die Kirche spielte damals eine nicht unwesentliche Rolle,
sodass es von Nutzen war, wenn man sich diese  gewogen machte. Schließlich
kamen noch Bestechung und das Ausnutzen von Skandalen als „part oft the game“
hinzu. (Komisch, wieso erinnert mich das an irgendetwas – muss ich doch glatt
schon mal gehört oder gelesen haben.) Das alles um die Gunst der Königin zu
gewinnen und die meisten Siegpunkte zu hamstern.
 
Mein
erster Eindruck, als die Post das Paket brachte:“ Ein schweres Spiel“. Über 2,5
kg wiegt die Schachtel und ist randvoll mit Spielmaterial. Sage und schreibe 14
Tafeln sowie ein 2-teiliger Spielplan füllt die Box bis an die Oberkante. Zu
alldem kommen noch ein Kartensatz sowie ein schwarzer luxuriöser Samtbeutel mit
bereits vorsortierten Material in Zippbeuteln (Tüten für unsere deutschen
Freunde). Für die Stanzteile liegen außerdem noch leere Beutel dabei. Also wer
immer für diese Ausstattung verantwortlich war. Bitte vor den Vorhang. Wenn ich
da an manche Mogelpackung im Supermarkt denke, aber leider auch von der
Verlagsszene, kommen mir hier fast die Tränen vor Rührung.
 
Kommen
wir zum Spielplan der beidseitig bedruckt ist und zur Spielanleitung. Schon die
Form des ersteren ähnelt dem Grundriss eines Schlosses anstelle einer einfachen
4-eckigen Tafel. Daraus sieht man mit welcher Liebe zum Detail gearbeitet
wurde. Neben der üblichen Kramerleiste wird parallel eine zweite, die
Prestigeleiste, geführt. Dazu kommen noch 6 Bereiche, die trotz der Menge
übersichtlich angeordnet sind. In der Mitte befindet sich der Rundenzähler, der
für die  Abwicklung der 3 Dekaden verantwortlich ist und außerdem 3
Wertungsfelder aufweist.
Auf
der ersten Doppelseite der Regel findet sich neben der Aufzählung des
Spielmaterials eine in 16 Punkte gegliederte Anleitung zur Spielvorbereitung.
Auch diese lässt keine Wünsche offen. Da ich sonst eher zu Kritik neige, ist
mir meine Begeisterung schon fast peinlich. Falls wer fragt – nein ich bekomme
kein Geld von Pegasus (leider)und ich bin weder verwandt noch verschwägert mit
dem Autor Dwight Sullivan und kenne ihn nicht einmal persönlich.
 
Kommen
wir zum Spielablauf. Das Spiel wurde bereits 2009  ausgezeichnet, wo es
beim Hippodice-Autorenwettbewerb auf den ersten Platz gereiht wurde. Mal sehen
ob es jetzt ein alter Hut ist, oder ob Pegasus einen Schatz ausgegraben hat.
Zuerst
errichtet man Sichtschirme die ziemlich stabil sind und die als zusätzliche
Hilfe auf der Innenseite für sämtliche Wertungen den Ablauf unterstützend
aufgedruckt haben. Durch den beidseitigen Druck der Kopftafeln mit den diversen
Adelstiteln kann man diese an das Geschlecht der Mitspieler anpassen. Zu Beginn
gibt es 10 Pfund, wobei der Startvorteil dadurch ausgeglichen wird indem im
Uhrzeigersinn die Nachfolgenden jeweils um 1 Pfund mehr als die Vorgänger
erhalten. Außerdem bekommt jeder 2 Marker für Landgewinnung und
Steuereintreibung. Auf deren  Bedeutung komme ich noch zurück. Das
zukünftige eigene Anwesen wird sich aus 4 verschiedenen Landschaften
zusammensetzen: Erstens dem Acker, der beim Legen jedes derartigen Plättchens
Geld (1 Pfund) bringt, zweitens dem Hain, der einem zu weiteren Zusatzplättchen
verhilft, die blind gezogen werden. Drittens dem Brunnen, der bei der Wertung
des Maskenballs Prestige verschafft und viertens last but not least der Wiese,
die als Bauplatz dient auf der Gebäude errichtet werden.  Zu Beginn hat
jeder Spieler die Möglichkeit 0-3 Stück der verschiedenen Landschaftsformen zu
wählen. Dann wird die eventuell verbleibende Differenz blind auf 12 Stück
aufgestockt. Abgesehen von der Wiese haben die anderen 3 Formen noch einen
zusätzlichen Vorteil aufzuweisen. So gibt es ab 4 gelegten Äckern (= Gutshof) 2
Pfund als Bonus, ab 4 Hainen (= Wald) 2 Plättchen extra und ab 4 Brunnen (=
Garten) erhält man die Figur der Königin. Der Besitzer ist für die Bewegung des
Rundenzählers verantwortlich und erhält bei jedem Zug einen Siegpunkt. (Das
Aussehen der Figur erinnert mich eher an die Venus von Willendorf als an eine
Royal Highness).
 
Jetzt
geht es richtig los. Jeder Spielzug erlaubt nur eine einzige Aktion und hier
fängt das Dilemma an. Sieben Möglichkeiten gibt es und wie immer bei solchen
Spielen würde man am liebsten alle gleichzeitig durchführen. Unabhängig von
diesen Varianten kann man, wenn man am Zug ist, Landschaftsplättchen gezielt im
Verhältnis 2 : 1 tauschen und, sofern man im Besitz einer Skandalkarte ist,
diese ausspielen. Aber für welche der sieben Varianten kann man sich
entscheiden?
Man
kann sein Anwesen um bis zu 3 Plättchen ausbauen, mit allem vorhin erwähnten
Nutzen. Oder alternativ kann man ein Gebäude errichten. Diese stehen bereits zu
Beginn am Spielplan. Es gibt Burgen, Paläste, Kirchen und Follies (eine Art
Gartenhäuschen). Allerdings gibt es eine Baubeschränkung die besagt, dass kein
Gebäude derselben Art benachbart errichtet werden darf. Also weder waagrecht,
senkrecht noch diagonal. Wie bei den Landschaften bringen auch die einzelnen
Gebäude verschieden Boni. So bringen Burgen Ritter ins Spiel, von denen jeder 2
besitzt. Auf dem Gebiet eines Mitspielers platziert agieren sie als Raubritter
und nehmen dem Gegner Geld, Plättchen oder die Königin ab. Der Kapellenbau wird
mit einer Skandalkarte belohnt, die man aus den 3 obersten aus dem Stapel
auswählen kann. Der Palast ersetzt eine bestehende Burg und führt zur Eroberung
der Königin. Bleiben noch besagte Follies. Die sind zwar mit 12 Pfund sauteuer
und man muss vor dem Kauf  entweder 2 ausgebaute gleiche Landschaften oder
3 verschiedene in Besitz haben. Außerdem zählt die Schnelligkeit, denn während
der erste Bau 12 Siegpunkte einbringt bringen die weiteren immer weniger. Es
gibt auch nur insgesamt 4 Stück zu erwerben. Die 3. Aktionsmöglichkeit wäre
Bestechungsmarker zu erstehen. Diese kosten 2 Pfund pro Stück und der Kauf ist
pro Spielzug mit 5 Stück begrenzt. Dafür bringen sie sofort einen Siegpunkt und
sind auch sonst ganz nützlich wie man sehen wird.
Nun
kommen wir zu den Möglichkeiten die jeder Spieler nur einmal pro Dekade
einsetzen darf. Mit Hilfe des Steuermarkers den man – ihr erinnert euch – zu
Spielbeginn erhält gibt es Geld und zwar pro Acker, Gutshof und Ritter auf
fremden Gutshöfen, also eine Miniwertung des eigenen Anwesens. Außerdem erhält
man 1 Pfund  für die Rückgabe pro Bestechungsmarker. Ähnlich läuft es mit
dem Landgewinnungsmarker, nur dass es hier statt Geld weitere Plättchen zum
Ausbau seiner Landschaft gibt. Auch hier bringen die Bestechungsmarker einen
Bonus. Bleibt als 6. Möglichkeit die Stiftung für die Kirche. Ebenfalls nur
einmal pro Dekade anwendbar. Hier gibt es pro abgegebenen Landschaftsplättchen
1 Siegpunkt mit der Einschränkung, dass die Kirche maximal 3 Stück pro Sorte
entgegen nimmt. Man will ja nicht unverschämt sein. Zum Schluss bleibt noch der
Müßiggang, sprich passen. Sogar dafür gibt es noch einen Siegpunkt. Sozusagen
das Arbeitslosengeld der damaligen Zeit.
Hat
man die Aktionenrunde abgearbeitet und allenfalls den Rundenzähler der
jeweiligen Dekade bewegt, kommt man 2 x pro Runde auf ein Feld das den
Maskenball auslöst. Hier werden die Karten neu gemischt. Zuerst verliert man
seinen Adelstitel um neu eingestuft zu werden. Maßgeblich dafür ist das
gegenwärtige Prestige. Das setzt sich einerseits aus der Ausstattung seines
Anwesens in Form von Brunnen, Gärten und Palästen zusammen, kann aber auch
durch Abgabe von Bestechungsmarkern oder Skandalkarten beeinflusst werden. Der
gegenwärtige Besitzer der Königin beginnt und dann geht es reihum zur Feststellung
des laufenden Prestiges. Bei Gleichstand muss man mit einem Feld zurück vorlieb
nehmen. Nun werden die Adelstitel verliehen. Für den Viscount sind magere 2
Prestigepunkte erforderlich, für den Earl schon 6, den Marquess 10 und den Duke
14. Da der Duke und der Marquess nur einmal vergeben werden, ist es wichtig auf
der Leiste vorne zu liegen. Mit der Verleihung geht auch eine Belohnung in Form
von Siegpunkten einher und zwar jeweils die Hälfte der erforderlichen
Prestigepunkte. Außerdem gibt es je nach Rang beim zukünftigen Gebäudekauf
Rabatt. Der Rundenzähler wird bewegt und die Runde geht links vom Besitzer der
Königin weiter.
Ein
Feld bevor die Dekade zu Ende geht gibt es noch eine Gebäudewertung für Burgen
und Paläste und zwar 3 Siegpunkte für diejenigen, die vom Land umschlossen sind
sowie einen Extrapunkt für benachbarte Kirchen.
Vor
der nächsten Dekade werden die Gebäude am Plan wieder nachbesetzt, die
Kirchenstiftung abgeräumt und jeder erhält wieder eine Skandalkarte wie zu
Beginn. Diese sind während des eigenen Spielzugs einzeln einsetzbar, hingegen
beim Maskenball in unbegrenzter Anzahl für Prestigepunkte allerdings hier dann
ohne den Bonusvorteil.
Die
Fülle der Möglichkeiten klingt vielleicht etwas verwirrend, ist aber in der
Praxis ziemlich einfach. Wir haben sehr schnell ins Spiel hinein gefunden.
Außerdem erhält jeder Spieler 2 Karten auf denen zusammenfassend alle
Möglichkeiten festgehalten sind. Eine ausgezeichnete Hilfe die ich mir bei so
manch anderen Spielen gewünscht hätte. Ein Spiel mit vielen
Strategiemöglichkeiten, toller Ausstattung und einer vorbildlichen Regel, die
sich glatt die Essener Feder verdienen würde. Der seinerzeitige 1. Preis beim
Autorenwettbewerb war sicher verdient. Ein Kommentar bei meinen Spielrunden
lautete: „Von der Qualität des Spielgefühls erinnert es sogar an Village“ und
das würde ich doch als Auszeichnung ansehen. Schade, dass es in der Flut der
Neuerscheinungen ein wenig unterging, denn das hat es sich sicher nicht
verdient. Von mir gibt es jedenfalls eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.
 
 
Rudolf
Ammer
 
Spieler:
3-5
Alter:
12+
Dauer:
75-120
Autor:
Dwight Sullivan
Grafik:
Claus Stephan, Oliver Schlemmer
Preis:
ca. 45 €
Verlag:
Pegasus 2012
Web:
www.pegasus.de
Genre:
Strategie
Zielgruppe:
Mit Freunden
Version:
de
Regeln:
de + en
Text
im Spiel: nein
 
Kommentar:
Vorbildliche
Ausstattung
hübsches
Aussehen
einwandfreier
Regelaufbau,
variantenreicher
Spielablauf
 
Vergleichbar:
Lege-
und Ressourcenmanagementspiele
 
Andere
Ausgaben:
Tasty
Minstrel Games, USA
 
Meine
Einschätzung: 6/7
 
Rudolf
Ammer:
Ein
absolutes Highlight des Spielejahrgangs 2012, auch für Familien mit
Spielerfahrung geeignet, Spielerherz was willst du mehr?
 
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 1
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen
(gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0