London

Nach dem großen Brand von 1666 wird London wieder aufgebaut. Für jeden Bezirk gelten andere Baukosten, Siegpunktwerte und Anzahl gezogener Karten nach Errichten eines Bauwerks. Die Karten gehören zu drei Zeiträumen und betreffen jeweils Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft, für sie gelten Kosten, Wirkung und Siegpunkte am Ende. Man zieht eine Karte und kann dann Karten gegen Bezahlung vor sich auslegen, ein Gebäude errichten oder die Stadt durch Aktivieren der vor sich ausliegenden Karten verwalten; dafür nimmt oder verliert man Armutsmarker. Optimale Kombination von Karten bringt die meisten Siegpunkte.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Englisch, Deutsch, Französisch

Ludografische Angaben

Autoren:
Inventarnummer:
22623
Tags:
ess10
Kategorien:
Wirtschaft, Entwicklung/Aufbau, Experten, komplex
Erscheinungsjahr

2010
Spieler

2 - 4 Spieler
Alter

13 - 99 Jahren
Dauer

bis 90 Minuten

Rezension

London
Friends               
 
Alter                   
Spezial                
 
Stadtentwicklung mit Karten
 
LONDON
 
Nicht auf die
Bevölkerung vergessen!
 
London von
Martin Wallace erschien beim Treefrog-Verlag 2010 anlässlich der Spielemesse
Essen, und war bereits am 2.Tag vergriffen. Auch von unserer Spielrunde kauften
nach einer Probepartie gleich 3 Mitspieler diese Neuerscheinung, die wie die
sprichwörtlichen warmen Semmeln (Brötchen) über den Ladentisch wanderte. Wer
jetzt noch London haben will, muss auf eine Neuauflage warten.
 
Beginnend
nach dem Großen Brand im 17. Jahrhundert wird die Entwicklung der Stadt mittels
eines Kartenspiels nacherzählt. In einer Schachtel von "Brass"-Format
findet sich neben 110 Karten reichlich Material - bestehend aus Kartonteilen,
Holzsteinen, Plastikchips und einem Spielplan, der eine Karte Londons - in
Stadtteile (Boroughs) unterteilt - zeigt. Die Chips stellen Geld dar - wie in
"Brass"-, schwarze Holzwürfel und Scheiben symbolisieren sogenannte
Armutspunkte - diese bringen bei der Endabrechnung Punkteabzüge, welche leicht
einen vermeintlichen Sieg kosten können, fast wie im richtigen Leben: rasch
wachsende Städte ziehen viele Neuzuwanderer an, welche sich Arbeit und
Wohlstand erhoffen und schließlich als schlecht bezahlte Unterschicht in Armut
leben müssen. Jeder Spieler tut gut daran nicht nur Monumente, Paläste oder
Geschäfte zu erbauen, sondern auch Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung
wie Verkehrsmittel, Straßenbeleuchtung oder Abwasserkanäle. Die Kartonplättchen
schließlich stellen Siegpunkte, Kredite, Undergroundstationen (endlich ein Tüpfelchen
Eisenbahn, wie es sich für Wallace gehört) und in den 4 Spielerfarben
Besitzanzeigemarker für Stadtbezirke dar. Kredite können jederzeit genommen
werden und sind erst am Spielende fällig - allerdings gegen saftige Zinsen; wer
nicht bezahlen kann, erleidet empfindliche Siegpunkteabzüge.
 
Die
Gestaltung des Spieles ist bestechend gut gelungen und stimmig - es zeigt die
Entstehung der Metropole wie wir sie heute kennen, der Zeitablauf ist
nachvollzogen durch 3 in bestimmter Reihenfolge zu spielende Kartenstapel, das
Nacherleben einer Epoche ist wie bei "Brass" (3.Nennung - dort der
Aufbau der Industrie im Nordwesten Englands, Manchester) nahezu mustergültig
gestaltet, dennoch hat London eine ganz anders geartete Spielmechanik:
Nach dem
Ziehen einer Karte zu Beginn seines Zuges kann der Spieler jeweils eine von 4
Möglichkeiten wählen und durchführen:
 1.) Stadt
bauen - d.h. beliebig viele seiner Handkarten offen vor sich auslegen (auf
bereits liegende oder daneben) in die sogenannte Gebäudeauslage- allerdings ist
für jede Karte eine gleichfarbige abzulegen, auf die Auslage auf dem Spielbrett
(fallweise muss zusätzlich Geld bezahlt werden).
 2.) Stadt
regieren - d.h. offene eigene Karten zu aktivieren und dadurch ihre Funktion
(mittels Text oder Symbolen dargestellte Boni) zu nützen, was Geld und
Siegpunkte bringt oder Armutspunkte senkt (einige Karten haben auch andere
Vorteile), zumeist wird die Karte dann verdeckt (kann also nur 1x genutzt
werden). Fallweise muss die Aktivierung bezahlt werden - mit Geld, oder durch
Abwerfen einer Handkarte.
 3.) Land
kaufen- mit Geld kauft der Spieler ein Stadtviertel und legt seinen
Besitzmarker darauf- so erwirbt man Siegpunkte (unterschiedlich viele, je nach
Bezirk) und mehrere neue Handkarten, außerdem sinkt dadurch auch die Armut. In
jedem Viertel darf nur 1 Marker liegen, auch keiner einer anderen Farbe. Der
Kauf von "boroughs" muss immer im Zentrum beginnen, danach darf immer
nur in einem benachbarten Stadtteil weitergesiedelt werden, Brückensymbole
machen Bezirke jenseits der Themse zu Nachbarn.
 Die 4.)
Aktionsmöglichkeit besteht darin, lediglich 3 Handkarten nachzuziehen--diese
Möglichkeit wird eher selten gewählt, zumeist erst gegen Ende des Spiels.
Wer am Ende
seiner gewählten Aktion mehr als 9 Karten auf der Hand hält, muss überzählige
auf die Kartenauslage des Spielplanes legen - dies ist nicht der Ablagestapel !
- erst wenn die 10 Ablageplätze voll sind und weitere Karten dazu kommen, wird
die obere von 2 Reihen abgeräumt und wandert auf den "echten"
Ablagestapel, die untere Reihe wird dann nach oben geschoben. Ja, wie bei dem
Spiel St.Petersburg, an welches London durchaus erinnert.
 
 Das Spiel
endet, wenn die letzte Karte vom Nachziehstapel gezogen wird, der aktive
Spieler macht seinen Zug und danach kommt jeder Mitspieler noch einmal dran. Die
Aktion "passen" gibt es nicht, in jedem Zug muss immer 1 Karte
genommen und eine Aktion gewählt und durchgeführt werden. Allerdings kann jeder
wählen, ob er die Gebäudekarte vom verdeckten Nachziehstapel oder aus der
offenen Auslage auf dem Plan nimmt - so bekomme ich z.B. die passende zweite
blaue Karte um bei "Stadt bauen" eine andere blaue auszuspielen, die
ich sonst nicht "bezahlen" könnte (s.o." für jedes Gebäude,
welches ausgelegt wird, muss ein gleichfarbiges abgegeben werden").
Übrigens es gibt 4 Farben: braun (steht für ökonomische), blau (für
wissenschaftliche und soziale) und rosa (für politische Aktivitäten); grau
schließlich sind nur die "Armen Leute" ("paupers"),
ziemlich nutzlos, außer man kann sie für niedrige Arbeiten verwenden (z.B. im Gefängnis)
oder als Bezahlung für Aktivierung mancher Gebäude abwerfen. Sieger ist, wer
nach der (etwas komplexen - also Punkt für Punkt abhandeln!) Schlussabrechnung
die meisten Siegpunkte (SP) hat.
 
 Nun möchte
ich die eigentlichen Träger des Spiels, die Gebäudekarten, näher erläutern.
Jede hat einen Titel (Börse, Gilde der Kaufleute, St.Pauls Cathedral, Docks,
Britisches Museum, Nelsonsäule, Strassenbeleuchtung, Underground, sogar
Buckingham Palast u.v.a. mehr), ein Bild (schöne Grafiken von Mike Atkinson)
und -bis auf wenige Ausnahmen - unten einen 3-teiligen Steinsockel (nur mit
diesem können sie als Gebäude ausgelegt werden). Zusätzlich haben manche auch
einen Text ober- oder unterhalb des Bildes, der bestimmte Boni (Spielfunktionen
oder Einnahmen) gewährt.
 Der
stilisierte Sockel zeigt im linken Teil ob und was es kostet, diese Karte zu
aktivieren (bei der Aktion Stadt regieren) - das kann Geld sein oder man muss
eine Handkarte abwerfen. Der Mittelteil zeigt mit Symbolen, was die Aktivierung
bringt: Geld - rundes Zeichen mit Zahl und Pfundsymbol, Siegpunkte  - Zahlen in
einem Sechseck oder Armutspunkte (AP´s)- weiße oder schwarze Würfel (mindern -
gut -oder mehren – schlecht - AP´s). Ein eventueller Text unterhalb des Bildes
erläutert zusätzliche Funktionen oder Boni, die beim "Regieren" zum
Tragen kommen (z.B.: "Omnibus" bringt Geld für jedes eigene
Stadtviertel). Der rechte Teil der Sockelleiste schließlich gibt an, ob die
Karte umgedreht (verdeckt) wird nach der Aktivierung oder nicht (kann also
wieder genutzt werden). Trägt eine Karte einen Text oberhalb des Bildes, ist
dies eine Funktion, die ab dem Ausspielen zu Verfügung steht, ohne Aktivierung.
Wenn im Bild ein Siegpunktsymbol steht, bringt diese Karte am Spielende SP´s,
die bei der Schlussabrechnung von allen ausliegenden Karten addiert werden-
egal ob diese offen oder verdeckt liegen - übrige Handkarten zählen nicht, die
bringen Armutspunkte. Zu bestimmten Zeitpunkten im Spiel sollte man darauf
achten, die Anzahl der Handkarten möglichst niedrig zu halten, da sie AP´s
mehren, und das geht so: Am Ende der Aktion "Stadt regieren", wenn
die Aktivierung erfolgte und Geld, SPs und ev. Boni lukriert wurden, findet die
Feststellung der Armut statt : die ausgelegten Kartenstapel werden gezählt - d.h.
jede nebeneinander ausliegende Karte ist ein Stapel, gleichgültig ob verdeckt
oder offen und ob weitere Karten darunter liegen, dazu addiert man die Anzahl
der Handkarten, die Summe ergibt die Zahl der schwarzen Holzsteinchen (=
Armutspunkte), die man "erntet", allerdings verringert um die Menge
der eigenen Stadtteile.
 Ein
Beispiel: vor mir liegen 6 Stapel und ich habe 3 Karten in der Hand, ist 9, da
ich 4 "boroughs" besitze, darf ich diese abziehen, erhalte also am
Ende der Aktion "regieren" 5 APs. Je mehr einer davon bei Spielende
hat, desto mehr SPs werden abgezogen - und das steigt nicht linear an!!  Eine
Tabelle am Spielfeldrand zeigt die Abzüge: 1-2 APs kosten -1 SP, bei 10 APs
aber schon -15 SPs. Glücklicherweise gibt es mit Fortdauer des Spiels immer mehr
Möglichkeiten APs abzubauen.
 
 Der Reiz von
London besteht darin, dass man ständig (oft knifflige) Entscheidungen treffen
muss: werfe ich ein Gebäude mit vielen SPs als Bezahlung für eines, welches
meine Armut reduziert, ab? Oder wähle ich doch eine Karte, die viel Geld bringt?
Kaufe ich noch schnell ein Stadtviertel, bevor alle weg sind? O je, da müsste
ich noch einen Kredit nehmen, aber verdiene ich bis Spielende noch genug um
diesen zurückzahlen zu können? Ich brauche dringend Geld, sollte also meine Stadt
regieren, zu dumm, dass ich so viele Handkarten habe - die verflixten
Armutspunkte - kann ich die reduzieren, wenn ich doch zuerst noch baue, aber
wie bezahle ich die rosa Karte, hoffentlich legt ein anderer Spieler
rechtzeitig vor meinem Zug rosa in die Auslage.....
 
 Im Prinzip
spielt jeder für sich, es gibt nur wenige direkte Interaktionsmöglichkeiten und
dennoch ist es kein "langes Warten bis ich wieder am Zug bin" (außer
es sitzt einer jener "Tüftler" am Tisch, der auch noch das simpelste
Spiel zerstören kann). Indirekt ist jeder fast ständig beschäftigt zu planen,
was gerade am günstigsten wäre und wenn einer "regiert", wird meist
gemeinsam ausgewertet. Die Spieldauer liegt zwischen 90-120 Minuten, nur in den
ersten Partien vergeht meist mehr Zeit, bis die Mechanismen und Möglichkeiten
erlernt wurden. Eigentlich kommt London mit wenigen einfachen Aktionen aus,
bietet aber viele Wege zum Ziel, eine spezielle sichere Strategie zum Sieg hat
noch keiner von uns gefunden. Am Beginn sind 4-5 Kartenstapel vernünftig beim
Regieren, wobei ohne Kredit kaum was geht, da gute Karten oft auch Kosten beim
Auslegen verursachen und jeder will auch Stadtbezirke kaufen (sichere SP,
rascher Zugriff auf viele Karten, damit schnellerer Ausbau der eigenen Stadt,
damit wieder mehr Einkünfte...). Im weiteren Verlauf pendeln sich die meisten
Auslagen zwischen 7-9 Stapeln ein, mehr lassen die Armut zu sehr steigen;
manche haben versucht fast nur Karten auszulegen, die bei Aktivierung nicht
verdeckt werden um durch Einsparen von Bau-Aktionen öfter Einkünfte (beim
Regieren) zu erhalten, nur gibt es dann zu oft APs. Ein gewisser Glücksfaktor
ist durch das Kartenziehen natürlich gegeben - abgemildert durch die
Möglichkeit aus bis zu 10 offenen Karten der Spielplanauslage wählen zu können.
 
 Ich mag
London, es ist ein gutes Spiel, zu dem man immer wieder gerne greift, auch wenn
es vielleicht nicht gerade DAS Spitzenspiel ist. Es ist abwechslungsreich und
unterhaltsam, sowie optisch und vom Material her gut gelungen. Kartentexte in Englisch,
Spielregel hübsch gestaltet, anschaulich und lückenlos in Deutsch, Französisch
und Englisch.
 
Christoph
Proksch
 
Spieler         : 3-4
Alter            : ab 13 Jahren
Dauer           : ca. 120 min
 
Autor           : Martin Wallace
Grafik          : Mike Atkinson, Peter Dennis, Simon Jonnerland
Titel            : London
Preis            : ca. 35 Euro (ab März 2011 angekündigt)
Verlag          : Treefrog Games
                     www.treefroggames.com
 
Genre                    : Kartenspiel
Zielgruppe             : Mit Freunden
Mechanismen         : Mehrere ineinandergreifende
Mechanismen
 
Kommentar:
Gute Regel in drei Sprachen
Flüssig zu spielen
Sehr attraktive, gelungene Simulation der Entwicklung
Londons
 
Vergleichbar:
St. Petersburg, San Juan
 
Meine Bewertung: 5
 
Christoph Proksch:
Interessantes Kartenspiel für eher geübte Spieler (obwohl es
für Neulinge leicht erlernbar ist), Thema sehr anschaulich umgesetzt, hoher
Wiederspielwert, zu zweit oder dritt gleich gut spielbar, eher niedriger
Schwierigkeitsgrad.
 
Zufall                            1
Taktik                  2
Strategie__                  2
Kreativität          
Wissen_              
Gedächtnis          1
Kommunikation   1
Interaktion                  
Geschicklichkeit 
Action