Im Schutze der Burg

Die Spieler brauchen als Bauherren Rohstoffe und Taler. Man wählt Sommer- oder Winterseite des Spielplans. Jeder wählt verdeckt eine Personenkarte. Alle decken gleichzeitig auf, die Arbeiterkarte wird mit Rohstoffen bestückt, und die Karten werden in Reihenfolge abgearbeitet. Rohstoffe gibt es von Gehilfen, für Maurer und Steinmetz und vom Arbeiter. Taler gibt es vom Boten, vom Maurer und vom Arbeiter, wenn er an den Steinmetz verkauft. Siegpunkte liefern Bauwerke vom Steinmetz und Arbeiter sowie der Baumeister. Nach der Endwertung gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Verlage:
Illustratoren:
Inventarnummer:
19931
Tags:
ess08
Kategorien:
Entwicklung/Aufbau, Experten, komplex, Bauen, stapeln
Erscheinungsjahr

2008
Spieler

2 - 4 Spieler
Alter

10 - 99 Jahren
Dauer

bis 60 Minuten

Rezension

Im Schutze der Burg
Deja Vu hinter steinernen
Mauern
Im
Schutze der Burg
Taktischer
Gebäudebau im Mittelalter
 
„So,
ihr Lieben, lasst uns doch heute mal ein Taktikspiel ausprobieren. Es geht
darum, Rollenkarten einzusetzen und diese geschickt zu nutzen um Gebäude zu
bauen, die Siegpunkte bringen.“
„Ach
nööö“, beschwert sich Christian. „Puerto Rico ist zwar klasse, aber das
haben wir doch schon hundertmal gespielt!“
Ich
versuche zu beschwichtigen: „Lass mich doch ausreden! Die Grafik ist viel
stimmungsvoller…“ „Aber Ohne Furcht und Adel ist doch gar kein
Brettspiel, ich will was Größeres spielen“, unterbricht mich Nina. Ich werde
langsam nervös und versuche weiter, meine Mitspieler zu überzeugen: „Das meine
ich auch gar nicht! Es gibt auf dem Spielbrett einen Markt und man muss
Rohstoffe erhalten. Stein, Holz und so weiter. Und die Grafik ist von Michel
Menzel!“
„Cuba!
Klasse, bin sofort da“, ruft Sven aus dem Hintergrund, der gerade einen Topf
mit Met auf den Herd stellt, denn draußen ist es bitterkalt. Ich resigniere und
lege einfach die Schachtel von Im Schutze der Burg auf den Tisch, die
gleich von allen begeistert in Augenschein genommen wird. Ich öffne die
Schachtel, baue das Material auf und fange an zu erklären.
 
Hölzerne
Sandhaufen
Bewundernde
Blicke ernte ich schon, als ich die Rohstoffe auf die vier Fuhrwerke im unteren
Spielplanbereich verteile. Gelbe, gewellte Holzstückchen als Sandhaufen, rote
Holzquader als Lehmplatten, braune Holzstäbchen als Holzbalken und graue
Holzwürfel als Steinblöcke purzeln auf den Tisch – alles schön stimmig bislang.
Ebenso wie die silbernen Holzbarren, die auf die Satteltaschen des Reiters
rechts neben den Fuhrwerken verteilt werden, und die wirklich wie kleine
Silberbarren aussehen. Jeder Spieler erhält noch jeweils drei Taler (Pappmünzen),
6 Holzfiguren als Gehilfen (zu Zweit 7 Figuren), die im Laufe des Spiels Punkte
bringend an verschiedenen Orten eingesetzt werden, einen Sandhaufen und einen
Holzbalken und die Siegpunktmarker werden auf das Feld 0 auf der
obligatorischen Kramerleiste gesetzt. Zuletzt erhält jeder noch einen Satz aus
jeweils 8 Personenkarten, die – einmal ausgespielt – ihre Fähigkeiten
einsetzen. Und dann kann es schon fast losgehen.
„Wofür
sind denn diese Plättchen da?“ will Carmen wissen. Und dabei wollte ich doch gerade
dazu kommen. Die Antwort ist ganz einfach: Am Anfang ist die Burg im Zentrum
des Spielplans noch gar nicht gebaut, die schön illustrierten Gebäude werden
also zunächst mit so genannten „Bauwerksvorlagen“ überdeckt. Diese zeigen das
Gebäude in einer Art Entwurfsskizze und man kann zudem erkennen, was es kostet
und wie viele Siegpunkte derjenige erhält, der es errichtet. Wird ein Gebäude
gebaut, entfernt der Spieler einfach die Vorlage vom Spielplan und das Gebäude
darunter erstrahlt in seiner ganzen Menzel-Pracht. So, jetzt aber los!
 
Die
Qual der Wahl
Zunächst
sucht sich jeder heimlich eine seiner Personenkarten aus und legt sie verdeckt
auf den Tisch. Danach werden die Karten gleichzeitig aufgedeckt und in einer
bestimmten Reihenfolge abgehandelt. „Na, das ist ja mal ein ganz neuer
Mechanismus“, murmelt Christian zähneknirschend. Ich tue so, als hätte ich ihn
nicht gehört und fahre mit der Erklärung fort.
Zuerst
nimmt sich der Startspieler die entsprechende Figur und außerdem eine Münze von
der Rundenskala am unteren Rand des Spielplans. An der noch vorhandenen Anzahl
der Münzen lässt sich so jederzeit erkennen, wie viele Runden noch vor den
Spielern liegen. Der Startspieler ist im Grunde nur dazu da, Gleichstände
aufzulösen. Falls mehrere Spieler dieselbe Personenkarte gewählt haben, beginnt
immer erst der Startspieler oder derjenige, der ihm am nächsten sitzt. Was man
mit welcher Figur anstellen kann, steht nicht nur auf den Karten, sondern auch
auf einer kleinen Übersicht, die jeder Spieler vor sich liegen hat. Die
Funktionen sind also klar, was sie einem aber taktisch im Spiel bringen, erschließt
sich dennoch nicht so ohne weiteres. Da der Leser dieser Rezension sich noch
weniger darunter vorstellen kann, soll ein kleiner Überblick in der
Reihenfolge, in der die Karten abgehandelt werden, an dieser Stelle genügen:
Der
Bote sorgt einfach für Geldnachschub und bringt 8 Taler von der Bank. Mit
dem Händler lässt sich ein Gehilfe auf den Fuhrwerken einsetzen und
sofort erhalten alle Spieler, die bislang dort Gehilfen platziert haben, die
dort angezeigten Rohstoffe. Wer den Händler spielt, schustert also unter
Umständen auch dem Gegner Lehm, Holz, Sand, Stein oder Silber zu. Außerdem muss
jeder, der von den Fuhrwerken Rohstoffe erhält, ein Teil von jeder erhaltenen
Sorte in den Wehrturm legen, der wie eine Art Sammellager fungiert. Mit dem Maurer,
der als nächste Person angehandelt wird, darf man sich alle dort
zwischengelagerten Waren einer Sorte nehmen. Außerdem kann der Maurer bis zu
zwei Gebäude bauen, sofern der Spieler diese regelkonform mit mindestens drei
verschiedenen Sorten Rohstoffen bezahlen kann. Für jeden verbauten Rohstoff
gibt es je einen Taler als Belohnung und außerdem das Recht, bis zu zwei
Gehilfen gegen Zahlung eines bestimmten Betrags auf bereits errichtete Gebäude
in der Burg zu setzen. Dort bleiben sie bis zum Ende und bringen dann in einer
beinahe knizianischen Endabrechnung zusätzliche Siegpunkte – doch dazu später
mehr.
Der
Steinmetz hat eine ähnliche Funktion, auch er kann Gebäude bauen und
Gehilfen einsetzen, hier bringen die Gebäude statt Geld aber direkt die
aufgedruckte Zahl an Siegpunkten. Außerdem darf er von jedem ausgespielten
Arbeiter (die direkt im Anschluss an die Reihe kommen) gegen Zahlung von einem
Taler ein Rohstoffteil nehmen und dem eigenen Vorrat einverleiben. Von den Arbeitern
schließlich hat jeder Spieler drei verschiedene auf der Hand, die nun die
aufgedruckten Rohstoffe einbringen, sofern sie nicht zuvor vom Steinmetz
abgekauft wurden. Da es aber natürlich auch eine Möglichkeit geben muss, seine
eingesetzten Karten später erneut einzusetzen, bringt der Baumeister
zuletzt alle bis zu diesem Zeitpunkt gespielten Karten wieder für die volle
Auswahl auf die Hand zurück – und außerdem jeweils 5 Siegpunkte für jedes
Gebäude, das die anderen Spieler in der laufenden Runde gebaut haben.
(Es sollen übrigens schon die ambitioniertesten Bauprojekte Hals über Kopf gestoppt
worden sein, nur um einem Baumeister nicht unnötig viele Punkte in den Schoß zu
legen.)
 
Abgerechnet
wird zum Schluss
Das
Spiel endet, wenn am Ende einer Runde keine Münze mehr auf den Rundenfeldern
liegt, bei 2 und 4 Spielern nach 12 Runden, 3 Personen spielen sogar 15 Runden.
Alternativ ist Schluss, wenn alle Gebäude gebaut sind. Dann folgt die große
Abrechnung, in der jeder eingesetzte Gehilfe seinem Besitzer noch weitere
Siegpunkte beschert, abhängig davon, an welchem Ort er eingesetzt wurde. So
bringt ein Gehilfe im Bergfried beispielsweise 3 Punkte für jeden nicht
besetzten Gehilfenplatz, das große Tor bringt je 2 Punkte für jeden gebauten
Turm, das kleine Tor immerhin noch je einen Punkt, im Stall lassen sich Punkte
für jedes gebaute Haus holen, in der Schmiede gibt es Punkte für im Laufe des
Spiels dort zum Tausch in „normale“ Rohstoffe abgelegte Silberbarren und so
weiter und so fort.
Die
klug gewählten Piktogramme an den jeweiligen Orten helfen beim Erkennen, was es
wo zu holen gibt; welche Positionen am lukrativsten sind, kann man jedoch meist
erst in den letzten drei oder vier Runden abschätzen. Obwohl also hin und
hergerechnet wird, ist der Einsatz eines Gehilfen zu Beginn eher Spekulation.
 
Leider
ziemlich beliebig
Der
Spielablauf an sich ist unkompliziert und eingängig, die Abhängigkeiten sind jedoch
vielschichtig und ihre Verinnerlichung dauert durchaus ein paar Runden. Dann
aber mühen sich die Spieler redlich, die Funktionen der Personenkarten taktisch
zum eigenen Vorteil einzusetzen. Jedoch leider oft vergebens – und das ist auch
der größte Kritikpunkt an Im Schutze der Burg: die Beliebigkeit. Gerade
im Spiel zu dritt oder zu viert lässt sich kaum etwas planen. Ich weiß zwar
immer, wer noch welche Karten auf der Hand hat, dieses Wissen nutzt aber
nichts, wenn ich drei Runden warten muss, um wieder Startspieler zu sein, weil
ich sonst beinahe sicher sein kann, dass mir ein Mitspieler mein Bauvorhaben
vor der Nase wegschnappt, die lukrativsten Rohstoffe kostenlos aus dem Wehrturm
erhält oder mit dem Boten die letzten Münzen aus dem Vorrat entfernt und ich
finanziell in die Röhre gucke. Natürlich trägt das zum Ärgerfaktor bei und ist
durchaus interaktiv und bisweilen höchst kommunikativ, aber dennoch häufig
wenig befriedigend. Eigentlich ließe sich eine Menge durchdenken, lange planen
und rechnen, um den lukrativsten Spielzug herauszufinden. Wenn dieser trotz
aller Planung aber zum vierten Mal durchkreuzt wird, beginnt man, einfach aus
dem Bauch heraus zu spielen. Das ist viel angenehmer, lockerer und sorgt im
Übrigen dafür, dass die angegebene Spielzeit von 45 bis 60 Minuten dann doch problemlos
eingehalten werden kann.
Zu
Zweit sieht die Sache schon anders aus. Da hier außerdem jeder Spieler pro
Runde gleich zwei Karten spielt, lässt sich in einem Spielzug schon wesentlich
mehr erreichen als bei größerer Besetzung, zumal es auch nicht so lange dauert,
bis man wieder das nicht zu verachtende Privileg des Startspielers erhält.
 
Schöne
Sache!
Qualitativ
ist an dem Spiel, wie von Eggert nicht anders gewohnt, absolut nichts
auszusetzen – im Gegenteil. Michael Menzel hat auf der Rückseite des Spielplans
den Grundriss der Burg gleich noch einmal in kühlen Winterfarben gemalt, sogar
mit anderen Details als auf der Sommerseite. So lässt sich je nach Jahreszeit
das Spiel stimmig erleben. Und wem das noch immer nicht genügt, kann auf dem
Winterplan sogar noch so genannte Winterkarten nutzen, die als Ereigniskarten
fungieren und in bestimmten Runden zufällig ins Spiel kommen. Ob „Pest“,
„Mauerbruch“, „Kornspeicher“ oder „Burgfräulein“ – diese Karten haben allesamt
großen Einfluss auf den Spielverlauf, bringen zusätzliche Siegpunkte oder
Taler- bzw. Kartenverlust. Wer hier der „Pest“ zum Opfer fällt und gerade keine
Taler besitzt, muss eine seiner Personenkarten abgeben und das ist wirklich
bitter – ebenso bitter wie der Winter auf dem Spielplan.
 
Fazit:
Damit
kein Zweifel aufkommt: Im Schutze der Burg ist ein wirklich schönes
Spiel. Es funktioniert und wird Jugendlichen und Erwachsenen sicher viel Spaß
bereiten, für die spielende Familie halte ich den Spielablauf allerdings etwas
zu komplex, Vielspielern fehlt hingegen die Planbarkeit und der strategische
Anspruch. Die Krux liegt vielmehr darin begründet, dass der Name Eggertspiele
seit Titeln wie Cuba und Hamburgum für hochkarätige
Expertenspiele steht. Das Werk der beiden Brands lässt Ähnliches erhoffen, hält
aber dann doch nicht ganz, was es verspricht.
Während
sich Carmen feixend freut, dass sie (natürlich) mal wieder gewonnen hat und die
anderen auch recht angetan vom Spiel und dem doch recht knappen Ausgang sind,
ertappe ich lediglich Christian dabei, wie er heimlich gähnt: „Äh.. ich glaube,
ich will jetzt doch noch mal Puerto Rico spielen…“
 
Stefan Olschewski
stefan@pierrot.tobit.net
 
Kid                       
Family                  
Adult           ein    
Expert                           
 
Alter                    
Spezial                 
 
Spieler         :
2-4
Alter            :
ab 10 Jahren
Dauer           :
ca. 60 min
 
Autor           :
Inka und Markus Brand
Grafik          :
Michael
Menzel
Vertrieb       :
Hutter Trade / Piatnik
Preis            :
ca.
35,00 Euro
Verlag          :
Eggertspiele
                    
www.eggertspiele.de
 
Genre                    :
Taktisches
(Auf-)bauspiel
Zielgruppe             :
Für Jugendliche/Erwachsene
Mechanismen         :
Rohstoffe
erwerben und Gebäude bauen
Zufall                     :
5
Wissen/Gedächtnis  :
1
Planung                 :
3
Kreativität              :
Kommunikation      :
3
Geschicklichkeit      :
Action                   :
 
Kommentar:
Stimmige
Atmosphäre vom Material bis zur Grafik
Vorbildliche Spielregel
Mit 3-4 Spielern wenig planbar
Handwerklich solide und fein austariert, aber wenig neue Ideen
Vergleichbar:
Säulen
der Erde, Cuba, Ohne Furcht und Adel, Puerto Rico
 
Atmosphäre           :
7
Stefan
Olschewski
Funktionaler
Mix bekannter Mechanismen mit tollem Material und schöner Grafik. Leider wenig
planbar und ohne wirklich neue Ideen. Ein Schaf im Wolfspelz.