Dust

Ein deutsches Forschungsschiff 1938 in der Antarktis findet Überreste eines Raumschiffs und ein lebendes Mitglied der Alien Crew, und nun beginnt ein Agenten- und Geheimdienstkrieg um die fremde Technologie. Die Spielrunden beginnen mit der Wahl einer Karte, diese bestimmt die Aktion des Spielers, sein Zug besteht aus Produktion, Bewegung und Kampf, haben alle ihren Zug ausgeführt, wird gleichzeitig Siegpunkteverteilung durchgeführt. Ist der nötige Siegpunktwert von niemandem erreicht worden, beginnt eine neue Runde. Ausstattungsspiel mit komplexen Regeln und mehr als 800 Spielsteinen und –markern. Ausgabe in deutscher Sprache, Kooperation von Dustgames, Editrice Giochi und Fantasy Flight Games mit Heidelberger Spieleverlag  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Inventarnummer:
19426
Tags:
nbg08
Kategorien:
Abenteuerspiel, Ausstattungsspiel, Miniaturen
Erscheinungsjahr

2008
Spieler

2 - 6 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 180 Minuten

Rezension

Dust Das Brettspiel
Asche zu Asche, Staub zu
Staub
 
Dust
 
Welt erobern – neuer Anlauf
 
Die
ganze Welt ist Bühne und alle Frau’n und Männer bloße Spieler, wusste
schon  Shakespeares Edelmann Jacques (Wie
es Euch gefällt, II. Akt, 7. Szene). Aber ahnte er auch, dass die ganze Welt
aus sechs Puzzleteilen bestehen kann, die den Damen und Herren Spielern als
Tableau für ihre Eroberungsphantasien dienen?
So
jedenfalls bietet sich die Ausgangslage für „Dust“ aus dem der Feder Albertarelli
& Zucca dar. Diese beiden haben bisher hauptsächlich Würfel- und Rennspiele
(Anno Domini, 1995; America’s Cup, 2003; Bunjee, 2005) geliefert, gemeinsam
zeichneten sie schon für PitStop (2001, ein Autorennspiel) verantwortlich. Mit
der jüngsten Kooperation bereichern sie den Kosmos der global dimensionierten
Kriegsspiele. Für den Test stand die englischsprachige Ausgabe (in
amerikanischer Orthographie) zur Verfügung.
 
Jede
der bis zu sechs teilnehmenden Mächte erhält die gleiche Anzahl diverser
militärischer Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft (und das
bedeutet eine Menge Kunststofffigürchen – der Einfachheit halber sollte man
zusätzlich Behältnisse organisieren, und die zahlreichen – laut
Verpackungsaufdruck über 800 – Modelle vorsortiert aufbewahren), eine
Hauptstadtmarke sowie sechs Aktionskarten. Dann werden 16 Ressourcen-Plättchen
auf die entsprechenden Felder gelegt, und der Weltkrieg kann beginnen.
Startspieler wird, wer die Aktionskarte mit dem höchsten Wert ausspielt. In der
ersten Runde hat man, wie erwähnt, sechs Karten zur Auswahl, danach beläuft
sich das Handkartenlimit auf fünf. Reihum werden nun Hauptstädte und eigene
Regionen bestimmt (mit jeweils einer Panzereinheit, beziehungsweise
Flotteneinheit bei Meeresfeldern, besetzt) und zusätzlich Produktionszentren
auf der Landkarte verteilt, immer einzeln in Runden gemäß absteigender
Reihenfolge der ersten gespielten Aktionskarte. Sind alle freien Felder
vergeben (bei weniger als sechs Parteien kommen noch neutrale Hauptstädte und
Einheiten der übrigen Farbe[n] hinzu), darf jede Spielnation noch eine Anzahl
zusätzlicher Verstärkungstruppen (ebenfalls abhängig von der Aktionskarte,
allerdings von einem anderen der darauf angegebenen Werte) aufstellen.
 
Mit
der ersten richtigen Spielrunde beginnt das Gemetzel. Dazu ein Hinweis aus der Spielregel: „Tip: A
typical game of Dust lasts five to seven rounds. Don’t wait to begin
attacking and expanding, or you may find the game over before your war machine
can get rolling!“ („Tipp: Eine typische Partie Dust dauert fünf
bis sieben Runden. Warte nicht mit Angriff und Expansion, oder du könntest das
Ende des Spiels erleben, bevor deine Kriegsmaschinerie überhaupt loslegt!“)
Ab
nun hält jeder Spieler und jede Spielerin höchstens fünf Karten auf der Hand,
sucht davon eine aus (diese Wahl legt weiterhin die Zugreihenfolge fest), und
bringt drei Phasen hinter sich: Produktion, Bewegung, Kampf. Danach verschiebt
man den Punktezähler auf der Punkteleiste (verläuft entlang des Südpols der
Weltkarte) entsprechend dem Rundenergebnis. Sollte dabei eine vorgegebene
Punkteanzahl erreicht werden (abhängig von der Spieleranzahl in der
Premium-Version, einheitlich 40 Siegpunkte sowie die Kontrolle über mindestens
eine Hauptstadt in der Epic-Version), endet das Spiel.
„Dust“
unterscheiden von „Risiko“ hauptsächlich zwei Elemente: Aktionskarten und
Kunststoffmodelle. Die Kunststoffspielelemente teilen sich in Kampfeinheiten
(Panzer, „Mech“ Roboter, Kampfflieger, Bomber und U-Boote, jeweils alle in
sechs meist unfreundlichen Farben) und Produktionszentren (kleine, kathedralenförmige
Fabriken, in einer siebten Farbe; in unserer Testversion war dies rotbraun).
Die Aktionskarten erfüllen viele unterschiedliche Aufgaben. Sie bestimmen die
Zugreihenfolge und gleichzeitig die Zahl der Angriffsmöglichkeiten, die
Bewegungen einer Partei und die Produktionskapazität. Da es immer wieder zu
Gleichständen kommen kann, verfügt jede Karte noch über eine Anzahl von
Sternchen (eins bis drei), um eine eindeutige Reihung zu ermöglichen. Zu guter
letzt zeigt jede Aktionskarte eine Abbildung einer besonderen Aufgabe im Kampf.
Elf spezielle Möglichkeiten, von Sanitäterinnen als Rettung geschlagener
Einheiten bis zu Interkontinentalraketen für revanchenlose Erstschläge,
beeinflussen die taktischen Überlegungen der kriegsführenden Spielnationen
gewaltig. Was die Spielregel verschweigt, wurde hier eigens ausgezählt: jede
dieser Möglichkeiten ist auf entweder drei (7 Mal) oder sechs (4 Mal) Karten
(unterschiedlichster anderer Punktwerte) vorhanden.
 
Sobald
die Zugreihenfolge feststeht, beginnt die Produktionsphase. Die vorgegebenen
Punkte der Aktionskarte werden mit der Anzahl der eigenen Produktionszentren
(multipliziert mit dem Faktor 3, begrenzt durch Ressourcengebiete) und anderen
Gegebenheiten (Parteienanzahl, Hauptstädte – hier gibt es minimale Unterschiede
zwischen der Epic- und der Premium-Version) addiert. Das Ergebnis ist die Zahl
der Produktionspunkte dieser Runde, wofür Einheiten, Fabriken oder
Aktionskarten erworben werden. Nicht ausgegebene Punkte verfallen.
Die
Bewegung der Einheiten wird ebenfalls von der gewählten Karte bestimmt. Als
Bewegung gilt dabei das ununterbrochene Verschieben beliebig vieler Einheiten
von einem eigenen Feld über beliebig viele eigene oder freie Felder (in der
Epic Version dürfen freie Felder nicht durchquert werden, sondern sind ein
mögliches Zielfeld), mit der Möglichkeit, eigene Flotten für Seebewegungen zu
nützen – auch über die Ost-West-Ränder des Spielfeldes auf vorgegebenen Routen
hinweg.
Die
Aktionskarten, die als gemischter Stapel ins Spiel kommen sind der größte
Zufallsfaktor, dagegen nehmen sich Kampfhandlungen geradezu berechenbar aus –
auch hier ein kleiner Unterschied zu „Risiko“: nicht immer führt die
angreifende Armee den ersten Schlag, sondern die Seite, welche die taktische
Überlegenheit für sich beanspruchen kann (kumulativ resultierend aus technisch
ausgereifteren Truppen, dem Schutz durch eine Hauptstadt und manchen
Aktionskarten). Die Kampfwürfel zeigen vier blanke Seiten und zwei
(gegenüberliegende) Fadenkreuz-Symbole, bieten also eine Drittelchance, einen
Treffer zu erzielen. Die Summe der möglichen Kampfhandlungen, oder, wenn man so
will, Kriegsschauplätze, wird durch die Anzahl der Kampfpunkte, die bereits die
Zugreihenfolge geregelt haben, gleichfalls von der Karte vorgegeben. Die nächste
Spielnation folgt mit denselben Optionen, möglicherweise aber schon militärisch
geschwächt, bis alle dran waren. Dann wird der Punktestand ermittelt, und falls
noch niemand die Siegbedingungen erfüllt hat, startet eine neue Runde mit der
Auswahl geeigneter Aktionskarten.
 
In
„Dust“ gibt es keinerlei Geheimaufträge oder Sondersiegbedingungen, Absprachen
sind nur insofern bindend, so weit man mit denselben Leuten noch mal spielen
will, ohne als notorischer Vertragsbrecher zu gelten. Ausgefeilte Taktiken sind
nur im Rahmen der durch Aktionskarten gegebenen Möglichkeiten vorstellbar. Als
eindimensionales, relativ schnelles Kriegsspiel funktioniert „Dust“ gut.
Die
überschaubare Zahl an Komponenten lässt dieses Strategiespiel ein wenig aus dem
üblichen Programm des Verlages Fantasy Flight Games
/ Heidelberger herausfallen – kaum Kartonmarken, nur sechs Arten von Modellen,
lediglich 45 Spielkarten! Die beiden Regelhefte, 24 Seiten im A5 Format, sind
ausführlich und übersichtlich, erklären den Spielmechanismus anhand einiger,
meist zu gut gemeinter Beispiele klar und logisch. Es hätte freilich durchaus
ein Heft gereicht, die Unterschiede zwischen der Einstiegsvariante und der
epischen Version sind tatsächlich minimal, und bereits in dieser Kritik
hinlänglich aufgezählt. Stattdessen wären einseitige Kurzregeln für alle,
zusätzlich zu oder zusammen mit den (merkwürdigerweise drei)
Produktionskostentabellen praktisch.  Die
Regeln sind aber ohnedies schnell erlernt, Überraschungen bietet bestenfalls
der Spielverlauf selbst, umso weniger freilich, sobald man die Verteilung der
Aktionskarten kennt und berücksichtigt. Die (Kriegs-)Handlung wird zusätzlich
dadurch beschleunigt, dass man die Startaufstellung selbst wählt und nicht
Provinzen zugeteilt bekommt. Die Strategie, das eigene Imperium rund um die
Hauptstadt anzulegen und lieber zu Beginn nahe Meeresregionen zu beherrschen,
liegt nahe, Scharmützel, die oft die ersten paar Runden bei Risiko lähmend
erscheinen lassen, entfallen meist (erinnert sei an den kriegstreiberischen
Hinweis der „Dust“-Regel).
 
Die
grafische Gestaltung, so spärlich sie auch auftreten mag, wirkt liebevoll, und
möchte in ihren eher blassen, erdigen Tönen an bizarre Technoträume und alte
Wochenschaufilme erinnern. Dazu passt ganz gut das verwirrendste Element: der
vorangestellte Hintergrundbericht über eine sich 1938 abgespalten habende
Parallelwelt, in der eine nazideutsche Expedition (man beachte den freien
Umgang der Spieleerfinder mit der Geschichte) auf eine ungeheure Energiequelle
in der Antarktis stößt, und sich daraufhin alles ändert – Allianzen,
Technologie, geopolitische Lage. Der kurze Abriss ruft Reminiszenzen an Howard
Philipp Lovecrafts Erzählung „Berge des Wahnsinns“ oder seltsame Filme wie „FP1
antwortet nicht“ (1932, Regie Karl Hartl, mit Hans Albers und dem Schlager
„Flieger, grüß mir die Sonne“) hervor, sollte aber dringend und ganz schnell
vergessen werden. Die Schilderung dieser sogenannten „Schwabenland Expedition“
in „Dust – Strategy Board Game“ trägt nichts zur Atmosphäre, sondern nur zur
Verharmlosung einer Weltkriegsthematik bei.
 
Martina & Martin
Lhotzky, Marcus Steinwender
 
Spieler         : 2-6
Alter            : ab 12
Dauer          : variabel
 
Autor           : Spartaco Albertarelli & Angelo
Zucca
Grafik          : Paolo Parente und Team
Vertrieb        : Heidelberger
Preis            : ca. € 40,00
Verlag          : EG / Fantasy Flight / Heidelberger
2008
                    
www.heidelberger-spieleverlag.com
 
Genre                    : Konfliktspiel mit
Fantasy-Hintergrund
Zielgruppe             : Freunde
Mechanismen         : Konflikte austragen, Regionen
kontrollieren
                           
Strategie:               ******
Taktik:                  *****
Glück:                   ******
Interaktion:            ****
Kommunikation:     ***
Atmosphäre:          ***
 
Kommentar:
Liebevolle Grafik
Hintergrundgeschichte
aufgesetzt
Im Prinzip Risiko-Variante
Schöne Ausstattung
 
Vergleichbar:
Risiko, Mighty Empires
 
Martin,
Martina und Georg:
Wir
haben dieses Spiel geschüttelt und gerührt, ja selbst die letzte Glut gerüttelt
und geschürt – herausgekommen ist dabei nichts Neues, lediglich eine weitere
Variante von „Risiko“. Diese aber ist recht gelungen. Für Leute, die gerne
Welteroberungspläne durchtesten, bietet „Dust“ eine nette Abwechslung.