Der Hexer von Salem

Robert Craven, der Held aus Wolfgang Hohlbeins „Hexer“, muss es mit den Großen Alten und ihren Handlangern aufnehmen. In P.C. Lovecrafts Arkham sprich Salem sammeln Dämonen ihre Kräfte und versuchen durch ein Portal in die Welt der Menschen einzudringen. Die Spieler müssen diese Portale verschließen und den Großen Alten unschädlich machen. Dazwischen tummeln sich auch Seelenfresser, Tiefenwesen und Untote und Necron wird immer mächtiger. Sind die Portale verschlossen und ein Spieler erreicht die Universität, bevor Necron sein Ziel erreicht, gewinnen alle gemeinsam. Ein vielschichtiges Fantasy-Abenteuer.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Verlage:
Autoren:
Illustratoren:
Inventarnummer:
19890
Tags:
ess08
Kategorien:
Setz-/Position, Entwicklung/Aufbau, Literatur
Erscheinungsjahr

2008
Spieler

2 - 4 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 60 Minuten

Rezension

Der Hexer von Salem
Gefährlicher als Edgar Wallace!
 
Wolfgang Hohlbein: Der Hexer von Salem
 
Cthulhu Arkham Horror light
 
Drachen, der Sagenkreis um Siegfried von Xanten, Robin Hood,
König Artus, das Ägypten der Pharaonen, Tempelritter, Piraten und jüngst Howard
Philipp Lovecrafts Neuengland – wenig ist vor der fleißigen Feder Wolfgang
Hohlbeins und seinem Drang, wenn möglich alle Abenteuerwelten selbst im Geiste
zu bereisen, sicher. Von der Literaturkritik eher abschätzig betrachtet,
verkaufen sich seine Kinder- und Jugendbücher, die ältere Geschichten meist aus
neuer oder ungewohnter Perspektive nicht unbedingt auf höchstem stilistischem
Niveau, aber immerhin spannend – so viele, nicht selten begeisterte
Leserstimmen – nacherzählen, mit beträchtlichem Erfolg.
Zu einigen seiner Fantasywelten gab es auch schon Spiele,
etwa zur Enwor-Reihe, und ein paar Jahre nach Heiko Gills und Thomas Finns
Rollenspiel über Robert Craven, den Hexer von Salem, hat nun Michael Rieneck
(zu seinen bisherigen Veröffentlichungen zählen „Druidenwalzer“, 1999, „In 80
Tagen um die Welt“, 2004, „Nichtlustig“ nach den Cartoons von Joscha Sauer,
2007, alle bei Kosmos, oder zusammen mit Stefan Stadler „Cuba“, Eggertspiele
2007) das Brettspiel zum Buch geschaffen.
Wolfgang Hohlbein selbst wiederum schrieb eine
Kurzgeschichte („Das Grauen von Arkham oder Das Spiel beginnt“, 16 Din A4
Seiten) die der quadratischen Schachtel beiliegt, und die Vorgeschichte
erzählt. Zum Verständnis des Spieles ist sie zwar nicht nötig, kann aber
durchaus der Einstimmung dienen.
Bis zu vier Personen schlüpfen in die Rollen der Gehilfen
des Hexers (wohl aus dem Roman bekannt, jedenfalls aber in der Kurzgeschichte
erwähnt) und sollen geheimnisvolle Dimensionenportale, die sich an bis zu fünf
Orten in der kleinen Universitätsstadt Arkham geöffnet haben, aufspüren und
sodann verschließen, um das Auftauchen eines überaus bösen uralten Wesens aus
der Rasse der Großen Alten zu verhindern. Wer keinen Roman von Hohlbein gelesen
hat, wem aber diese Schilderung dennoch bekannt vorkommt, hat entweder schon
mit Erzählungen H. P. Lovecrafts oder mit dem Spiel „Arkham Horror“ (Chaosium
1987, Fantasy Flight Games 2005) Bekanntschaft geschlossen.
Tatsächlich handelt es sich beim Kosmos-Spiel „Der Hexer von
Salem“ um eine sehr geraffte, vereinfachte und wesentlich leichter und
schneller spielbare Version von „Arkham Horror“, ohne jedoch irgendeinen Bezug
im Impressum zu erwähnen.
Wohltuend anders als beim illegitimen Bruder kann man das
Spielmaterial hier leicht überblicken: ein quadratischer Spielplan (cca. 60 cm
x 60 cm) mit den 8 Ereignisorten (Miskatonic Universität, Sanatorium /
Irrenhaus, Zeitung, Hexenhaus, Gasthaus, Friedhof, Kirche sowie dem mysteriösen
R’lyeh in einer anderen Dimension – der Einfachheit halber als unterseeisch
dargestellt), einer Zeitleiste sowie Anlegefeldern für verschiedene Karten; 26
Kreaturenkarten, sechs Karten mit Großen Alten, zwölf Ereigniskarten, vier
Kurzregeln, eine Startspieler- sowie eine Übersichtskarte der großen Alten,
alle im Schnapskartenformat; vier Sätze zu je acht Ortskarten in den
Spielerfarben, etwas kleiner; 34 Gegenstände- und Artefaktplättchen, acht
Portalsmarken, vier Chips zum Anzeigen der Geistesstärke sowie vier
Spielertafeln, alle aus festem Karton; schließlich fünf eher klobige
Holzspielfiguren, die leider ein bisschen wie aus anderen Kosmosspielen
übriggeblieben aussehen; ein Würfel, ein Zählstein sowie ein Leinensäckchen, um
zufällige Marken zu ziehen, und das vierseitige Anleitungsheft runden den
Inhalt ab.
Die vier Rollen im Spiel sind völlig gleichwertig und
verfügen über keinerlei spezifische Fähigkeiten, also ist egal, wer welche
Person übernimmt. Einzig wer Startspieler und damit gleichzeitig, wer im
Uhrzeigersinn der letzte Spieler wird, verbindet sich mit je einer besonderen
Aufgabe.
 
Der Aufbau nach der Wahl der Figuren und zugehörigen Karten
gestaltet sich ebenfalls einfach. Alle Figuren starten in der Universität, die
weiße Hexerfigur auf dem Zahlenfeld. Der Zählstein (Necron-Stein) wird auf das
erste, dunkelgrüne Feld der Zählleiste platziert. Sechs der acht
Portalsplättchen werden verdeckt auf die Portalsfelder gelegt, die restlichen
zwei ebenfalls verdeckt beiseite getan. Neben dem bereits sichtbaren
Portalsfeld bei der Universität liegen somit zwei bis vier weitere
Dimensionentore auf dem Spielplan. Alle Mitspieler ziehen nun aus dem Säckchen
jeweils ein Gegenstands- oder Artefakt-(Siegel-)plättchen und legen es auf
ihrer Tafel in einem entsprechenden Kästchen ab (drei Gegenstände und ein
Artefakt kann man jeweils gleichzeitig maximal besitzen). Danach werden je drei
weitere zufällige Plättchen an sechs der Ortsfelder angelegt. Die Gegenstände
(Zauberbuch „Necronomicon“ – ebenfalls bei Lovecraft entlehnt –, Dolch,
Schauglas, Elixier) erfüllen verschiedene Aufgaben im Spiel und sind in
spezifischen Kombinationen nützlich oder auch unerlässlich, um Monster zu
besiegen. Die sechs Großen Alten Karten werden rund um R’lyeh ausgelegt, nur
die erste mit der Wesenseite nach oben, die sechste Karte auf das
Unterwasserfeld.  Diese stellt den zu erwartenden Endgegner dar. Die Artefakte
/ Siegel (drei Arten) verschließen oder, wenn es dumm läuft, öffnen
Dimensionsportale. Kreaturenkarten und erst einmal acht der Ereigniskarten
(wenn diese alle im Spiel gewesen sein werden, werden alle zwölf gemischt, und
wieder acht zufällig ausgewählt) werden bereitgelegt.
Wer Startspieler ist, zieht je nach Spielerinnenanzahl und
sodann in jeder Runde eine oder zwei Kreaturenkarten und legt diese im
Uhrzeigersinn neben die Ortsfelder mit den Nummern 1 bis 6. Die Jagd beginnt. Man
reist mithilfe der Ortskarten je einmal zu den passenden Plätzen, ein
Geheimgang dient als Joker und einziger Weg nach R’lyeh (der Einsatz kostet
aber einen Punkt Geistesstärke), an der Universität erhält man alle Reisekarten
wieder zurück. Man versucht von nun an herauszufinden, wo Dimensionenrisse
klaffen (Schauglas einsetzen, Portalmarke geheim anschauen), und diese zu
verschließen (Artefakt ablegen). Siegel an schlichten Mauern öffnen leider dort
Tore, die nicht mehr geschlossen werden können, wodurch das Böse automatisch
gewinnt. Gleichzeitig müssen die Spieler darauf achten, die geheimen Großen
Alten Karten aufzudecken (Necronomicon benützen), um den Endgegner rechtzeitig,
aber auch keinesfalls zu früh, zu erkennen, um eine Figur mit den passenden
Gegenständen versehen aus ihrer Reihe nach R’lyeh zu schicken, und hinter ihr
das letzte offene Dimensionentor bei der Universität zu verbarrikadieren. Die
Welt wäre gerettet, die Person in R’lyeh vermutlich verloren, aber wer weiß das
schon so genau?
Störend treten noch die Kreaturen auf, die jede Runde neu
erscheinen. Von jedem Wesen (außer den Sonderkarten Necron – schlecht für die
Spieler – und Hexer – günstig für sie) gibt es zwei Karten. Eine Karte an einem
Ort behindert die Spieler. Wollen sie dorthin, um das Portalplättchen anzusehen
und ausliegende Gegenstände aufzusammeln, müssen sie, sofern nicht zufällig die
Hexerfigur anwesend ist, würfeln und möglicherweise Einbußen erleiden
(Geistesstärke, Gegenstände, oder das Wachsen des Chaos auf der Zählleiste). Wird
eine Zwillingskarte aufgedeckt, treten noch schlimmere Folgen ein –
möglicherweise verlieren die Spieler kollektiv einige Gegenstände, oder ähnlich
Unerfreuliches. Die Wesen kann man mithilfe von Gegenständen oder mit
Unterstützung des Hexers am selben Ort (und einem Dolch) jedoch auf den
Ablagestapel vertreiben. Nach dem letzten Zug der Runde wird eine Ereigniskarte
aufgedeckt. Meist wandert dadurch die Hexerfigur weiter, und sehr oft passiert
etwas Unangenehmes – ein zusätzliches Monster taucht auf, oder das allgemeine
Chaos steigt.
In jedem Zug können die Spieler nur jeweils eine Aktion, die
das Ablegen eines Plättchens bedingt, ausführen, sie sollten also gut überlegen
und – ausdrücklich erlaubt! – beratschlagen, wer wo was erledigt. Besonders auf
die Wiederherstellung der geistigen Stärke (Elixier trinken) darf nie vergessen
werden.
Trotz erstaunlich vieler Möglichkeiten zu verlieren, und nur
einer einzigen Art zu gewinnen, funktioniert „Der Hexer von Salem“ meist recht
gut. Den Bewahrern der Ordnung wird es freilich nicht leicht gemacht. Sollten
die Karten – sowohl Ereignis- als auch Kreaturen- – unglücklich gemischt sein,
wird es sogar ausgesprochen haarig. Das Fortbewegungssystem mittels Ortskarten
stellt zum Beispiel sicher, dass jede Spielfigur in jeder Runde weitergezogen
wird, fördert damit allerdings ein geradezu generalstabsmäßig koordiniertes
Vorgehen der Spieler. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass diese schon im
Vorfeld aufeinander abgestimmt sein müssen. Eine zufällig zusammengesetzte
Runde dürfte an solchen Bedingungen nicht viel Freude haben. Letztendlich muss
ja dann auch, um den aufsteigenden Großen Alten endgültig zu besiegen, will
sagen, in seine Dimension zurückzuverbannen, eine Figur quasi aufgegeben werden
– das Ziel R’lyeh ist eine Einbahnstraße. Die geringe
Identifikationsmöglichkeit mit den vorgegebenen Rollen erleichtert einerseits
dieses Opfer, führt allerdings den Aufwand an graphischer Finesse der
Spielertafeln (immerhin: von den eckigen Holzfiguren trennt man sich ohnehin
viel leichter) einigermaßen ins Absurde.
Diese bisweilen befremdliche Diskrepanz zieht sich aber
durch das ganze Spiel. Auch die übrigen Spielkarten sind beinahe zu liebevoll
gestaltet, bedenkt man deren einzigen Verwendungszweck. Darin besteht nun, ganz
abgesehen von der atemberaubenden Ähnlichkeit der Wesen und Zustände von
Hohlbeins Arkham mit denjenigen von Lovecrafts fiktiver amerikanischen Stadt,
doch wieder eine gewisse Ähnlichkeit mit „Arkham Horror“ aus dem Fantasy Flight
Games Verlag, wo die unzähligen Karten viel zu viele Anreize boten, um für den
wirren Spielspaß je entsprechend gewürdigt werden zu können. Die
Kartonplättchen sind dagegen rein nüchtern und zweckmäßig gestaltet, mehr muss
nicht, weniger sollte nicht sein.
Die Spielanleitung, kein unwichtiger Punkt, ist klar
formuliert und eindeutig. Eine übersichtlichere Gliederung wäre aber durchaus
nützlich, auch ein drittes Blatt (mithin sechs Seiten) hätte nicht geschadet,
schon allein, um die Schriftgröße etwas leserfreundlicher zu gestalten. Kommt
es über eine Aktion zu verschiedenen Interpretationen, findet sich der
betreffende Absatz derzeit nicht leicht. Eine Regel freilich wurde in allen
Testspielen generell verworfen und als ähnlich sinnvoll erachtet, wie die
verschiedenen Münzmetalle in den ersten Ausgaben von Dungeons & Dragons
Rollenspielen (erinnert sich sonst noch jemand an die Elektronmünzen?): den
Spielern ist es nicht gestattet, irgendjemandem mitzuteilen, ob er beim Blick
durch das Schauglas ein Portal oder eine geschlossene Wand entdeckt hat. Gegen
Ende des Spiels, wenn eine Person nach R’lyeh aufbrechen muss, darf man aber
dennoch erwähnen, ob alle Portale bereits verschlossen sind. Gegenstände (außer
Artefakte) kann man übrigens stets tauschen oder verschenken, wenn mehrere
Figuren am selben Ort stehen – warum also nicht diese wichtige Information? Das
scheint unplausibel, unnötig, sogar ein bisschen kindisch.
Aus diesen Abwägungen ergibt sich die Frage nach der
Zielgruppe. Wer könnte Vergnügen an diesem Spiel haben? Die Altersempfehlung
„ab 12 Jahren“, die Horrorthematik (unter den Kreaturen befinden sich Untote,
Seelenfresser, Blutjäger und ähnlich freundlich veranlagte Zeitgenossen), sowie
teilweise die Ausführung des Spielmaterials legen durchaus ein erwachsenes
Publikum nahe. Einige andere Elemente, nicht zuletzt die „Pssst! Mein
Geheimnis!“-Bestimmung, zielen deutlich auf jüngere Anwärter. Mit gewissen
Einschränkungen und Modifikationen kann man „Der Hexer von Salem“ allerdings
sicher eher reiferen Spielern empfehlen, die gut aufeinander eingespielt sind,
und gerne auch einmal einen kurzen Horrorspielabend verbringen möchten. Denn
die Zeitangabe stimmt erfreulicherweise: keine Partie hat länger als achtzig
Minuten gedauert, Regelstudium eingeschlossen.
 
Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender
 
Kid                       
Family                  
Adult           ein    
Expert                           
 
Alter                    
Spezial                 
 
Spieler: 2–4
Alter   : 12+
Dauer : ca. 60 min
 
Autor           : Michael Rieneck
Grafik          : Franz Vohwinkel
Vertrieb       : Kosmos
Preis            : ca 24,00 Euro
Verlag          : Kosmos 2008
  www.kosmos.de
 
Genre          : Horror-Fantasy-Abenteuerspiel
Zielgruppe    : Für Jugendliche/Erwachsene
Mechanismus: Reisekarten nutzen, Aufgaben erledigen
 
 
Bewertung                      
Zufall:                             6
Planung:                         5
Kommunikation:               7
Atmosphäre:                   5
 
 
Kommentar:
Stimmiges Material
Gestraffte Regeln
Teilweise Inkonsequenz in den Mechanismen
 
Vergleichbar mit:
Arkham Horror
 
Martina, Martin und Markus:
In H. P. Lovecrafts Welt von Arkham, gemildert durch
Wolfgang Hohlbeins Nacherzählung, führen viele Wege ins Verderben. Eine
wirklich gute Überlebenschance haben die Spieler nicht – aber die sollten sie
nützen, dann bereitet auch Hexenhorror eine schöne Stunde.