
Der Herr der Ringe - Abenteuer in Mittelerde
Ein großes Abenteuerspiel in der Tradition von Descent Heroquest, thematisch angesiedelt in Tolkiens Mittelerde. Der Schauplatz und die Zeitspanne sind Mittelerde in den Jahren zwischen Bilbos Geburtstagsfest und Frodos Aufbruch aus dem Auenland. Die Spieler sind Helden im Kampf gegen Sauron oder verkörpern Sauron. Beide Fraktionen sollen ihren Fortschrittsmarker auf das Feld Finale bringen und die Bedingung ihres Auftrags erfüllen. Die Spielrunden bestehen aus jeweils einem Sauron-Zug, gefolgt von einem Zug jedes Helden. Der Sauron-Zug besteht aus Widerstand, Fortschritt, Plot, Ereignis, Aktion und Heldenkarten. Ein Heldenzug besteht aus Erholung, Hinterhalt, Reise mit Bewegung, Kampf oder Bedrohung und Forschen sowie Begegnung. Deutsche Ausgabe, US-Ausgabe bei Fantasy Flight Games 2009
Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:
DeutschLudografische Angaben
Verlage:
Redaktion:
Autoren:
Illustratoren:
Inventarnummer:
21481
Tags:
ess09
Kategorien:
Experten, komplex, Merchandising / Lizenz Thema, Abenteuerspiel
Rezension
Abenteuer in Mittelerde
Für Experten
Ungeschriebene
Geschichten aus J.R.R. Tolkiens Welt
Der Herr der Ringe
– Abenteuer in Mittelerde
Es gibt noch immer Abenteuer zu bestehen
Kid
Family
Friends
Expert ein
Alter
Spezial
“This Ring, no other, is made by the elves,
Who’d pawn their own mother to grab it themselves.
Ruler of creeper, mortal, and scallop,
This is a sleeper that packs quite a wallop.
The Power almighty rests in this Lone Ring,
The Power, alrighty, for doing your Own Thing.
If broken or busted, it cannot be remade.
If found, send to Sorhed (the postage is prepaid).”
aus dem Vorspann zu „Bored of the Rings“, Henry N. Beard
& Douglas C. Kenney
Noch ein Strategiespiel in Tolkiens Welt! Gandalf und
Gefährten haben bald schon alle Möglichkeiten abgegrast, sind nach den
adaptierten Spielregeln von „Risiko“ bis zum Schicksalsberg vorgedrungen, haben
„Stratego“-Bretter für Ork und Troll unsicher gemacht, der schurkische Sauron
hat bei „Monopoly“ am Losfeld den Einen Ring auch nicht errungen, und sie alle
haben sich für Schachfiguren und Sammelkartenabbildungen in Pose geworfen.
Wahrscheinlich schicken clevere Lizenzproduktegeschäftemacher sie demnächst ins
Herrenhaus, um herauszufinden, wer mit welcher Waffe König Isildur wo genau
ermordet hat (unser Tipp: Oberst von Gatow, mit dem Seil, auf der Veranda).
„Abenteuer in Mittelerde“ unterscheidet sich von diesen
allen, denn es kommt beinahe ohne die Helden der sogenannten freien Völker aus.
Halblinge tauchen zum Beispiel gar nicht auf. Angesiedelt zwischen Bilbos
elfundelfzigstem Geburtstag und dem Aufbruch seines Neffen Frodo aus dem
Auenland knapp zwanzig Jahre später (die Vorgeschichte in der Spielregel
präzisiert: 17 Jahre), kann man entweder Saurons Seite oder die von Elfen,
Menschen und Zwergen spielen. Als Herrscher von Mordor kämpft man immer
alleine, die Gegenseite stellen bis zu drei Personen dar. Ziel ist es für beide
Parteien, je einen zufällig gewählten Auftrag (aus zwei unterschiedlichen
Kartenstapeln) nach einer Mindestanzahl von zehn Runden zu erfüllen.
Der Spielaufbau kann sich ein bisschen in die Länge
ziehen, denn, wie es sich für ein Fantasy Flight Game nun mal gehört, sind
Unmengen von Karten und Markierungsplättchen auf dem und rund um das Spielbrett
zu verteilen. Alle können daran mitarbeiten, die Grundaufstellung ist stets
dieselbe. Kleine Variationen betreffen dann nur die ersten, ebenfalls zufällig
gezogenen, Aufgaben (Saurons Aufgaben heißen „Plot“, die der anderen Seite
„Queste“).
Den ebenfalls recht schematisierten Ablauf in Runden
beginnt stets die Mordorpartei. Beide Seiten haben dabei unterschiedliche Züge.
Sauron versucht, ständig möglichst viele Plot-Karten aufgedeckt im Spiel zu
haben. Dies hält die Helden in Trab, die sich, was immer ihr eigentlicher
Auftrag ist, darum bemühen müssen, die Ränke Saurons zu vereiteln. Außerdem
beschleunigen aktive Plots das Fortkommen von Saurons eigenen
Fortschrittsmarkern (immerhin drei, die Helden haben gemeinsam nur einen) auf
der Rundenstandsleiste. Sauron darf auch eine Ereigniskarte in jeder Runde
aufdecken, die meist eine zusätzliche Aufgabe für die Helden bedeutet, oft zum
Ärger des Dunklen Herrschers aber die Helden mit Gunstmarken belohnt – diese
benötigen die Helden (neben anderen dadurch gewonnenen Möglichkeiten), um
Saurons Plot-Karten abzuwerfen. Nach der Ereignisphase kommen Saurons Aktionen
(zwei, bei vier Spielern sogar drei). Jede Runde wählt er aus drei Arten: zusätzliche
Einflussmarken legen (die „Schattenpool“ genannte eigene allgemeine Macht
erhöhen und auf dem Spielfeld, also in Mittelerde, das Einflussgebiet wie ein
Spinnengewebe dichter vernetzen und daraus resultierend die Monstergehilfen
weiter aussenden); zusätzliche Plot- und Schatten-Karten ziehen (unangenehme
Überraschungen für die Helden; um sie auszuspielen, muss die allgemeine Macht
im Schattenpool jedoch mindestens dem aufgedruckten Kartenwert entsprechen); Monster
und Schergen (bis zu fünf mächtige Anführer unter der Kontrolle Saurons)
platzieren und umherziehen lassen. Eine Auswahlleiste ist in absteigender
Reihenfolge mit Aktionsmarkern zu belegen, sodass eine wiederholte Aktion (also
etwa zwei Mal Monster bewegen) immer weniger Wirkung zeigt (in unserem Beispiel
erst drei, dann zwei Einzelzüge und zuletzt nur mehr einen für die
Monsterbewegung). Dann nehmen die Helden eine je eigene Anzahl (entspricht den
jeweiligen Charakterfähigkeiten) Aktionskarten aus ihrem Vorrat auf die Hand. Technisch
gehört dies als letzte Phase in Saurons Zug, da das alle Helden gleichzeitig
machen.
Dann spielen die Helden reihum ihre Phasen durch. In der
Erholungsphase kann der Aktionskartenvorrat um den bzw. die Ablagestapel
ergänzt werden, was nicht überall in Mittelerde möglich ist (etwa wenn an einem
Ort Saurons Einfluss bereits zu groß geworden ist, ersichtlich an den dort
abgelegten Markern und Monstern). Befindet sich die Heldenfigur zusammen mit
Monstern oder Schergen an einem Ort, kann es zum Kampf mit Saurons Kreaturen
kommen (an Schutzorten wie etwa Bruchtal oder Lothlórien nur auf Wunsch der
Helden). Kämpfe werden mittels der Aktionskarten ausgetragen, solange bis ein
Kombattant besiegt ist, oder einer oder beide erschöpft sind. Aktionskarten,
hier als Kampfkarten genutzt, kommen entweder auf den normalen Ablagestapel des
Kämpfers, oder auf den Schadenskartenstapel. Dies schwächt den Helden
erheblich, denn diesen Ablagestapel darf man nur an Schutzorten oder unter
anderen, sehr beschränkten Bedingungen wieder in den Vorrat nehmen. Manchmal
werden Helden auf diese Weise ausgeschaltet, dürfen aber, frisch gestärkt und
um einige Habseligkeiten und möglicherweise Gunst(punkte) ärmer, ihre nächste
Runde an einem Schutzort beginnen und ihre Queste(n) fortsetzen. Besiegte
Monster können später sogar erneut ins Spiel kommen, zuvor verfügt Sauron aber
über ausreichend Ersatz. Über Kampfkartenlimits kann er nur lachen: „Haha!“ Besiegte
Schergen – bis auf die Ringgeister – scheiden jedoch für die laufende Partie
ganz aus. Nun können die Helden von Ort zu Ort reisen – ebenfalls mittels
Aktionskarten. Symbole auf der Landkarte geben an, wie teuer eine Wegstrecke
ist, die benutzten Karten werden auf den Ablagestapel gelegt (und in einer
späteren Erholungsphase wieder in den Vorrat gemischt). Ob hinter der
Kombination der Figuren mit ihren Aktionskarten allerdings auch eine bestimmte
Absicht steckt, war nicht herauszufinden. Vor allem die anfänglichen
Bewegungsmöglichkeiten (durch entsprechende Symbole) geben noch immer Rätsel
auf. Manche Orte müssen Helden aufsuchen, um ihre Questen zu erfüllen. Bisweilen
(aufgrund von Ereigniskarten oder auch aus den Aufbauanleitungen für Plots und
Questen) treffen sie auch auf aus dem Roman bekannte Figuren (Theoden, Saruman,
Thranduil und etliche andere), von denen sie Belohnungen, meist in Form von
Gunstpunkten, erhalten. Zuletzt kann es noch eine besondere Begegnung geben –
wieder werden Karten gezogen, diesmal zur Region farblich passende vom
entsprechenden Stapel (zum Beispiel das Nebelgebirge, die Braunen Lande oder
Eriador). An einem bedrohlichen Ort (etwa in einer von Saurons Festungen oder
an einem anderen Ort mit großem Einfluss Saurons) zieht der Dunkle Herrscher
die Begegnungskarten von seinem Bedrohungsstapel – für die Helden immer
unerfreulich, wenn urplötzlich ein Balrog vorbeischaut. Die zweite,
gegebenenfalls auch dritte Heldin macht in ihrem Zug dieselben Phasen durch,
dann wird das Terrain gesäubert (manchmal muss nun Sauron Einflussmarker vom
Spielbrett nehmen), die Fortschrittsleiste auf den neuesten Stand gebracht, und
hat jetzt noch niemand das Zielfeld erreicht (entweder – für alle – das Feld
„Finale“, oder Sauron mit allen drei Markern das etwas früher gelegene Feld „Der
Schatten droht“), so beginnt Sauron die nächste Runde.
Ein wenig unübersichtlich wird es, wenn das Finale
erreicht ist, aber keine Seite ihren (geheimen) Auftrag erfüllt hat. Dann muss
ein Entscheidungskampf ausgetragen werden – eine Idee, die der übrigen Handlung
eher widerspricht.
Der Spielablauf folgt, wie erwähnt, einem recht engen
Korsett von Regeln. Zur leichteren Orientierung sind die einzelnen Schritte
sowohl auf dem Spielfeld als auch auf der Rückseite der Spielanleitung
abgedruckt. Es gibt sogar im Regelheft ein Unterkapitel über „Oft übersehene
Regeln“ – und dies ist zumindest beim Einstieg in die „Abenteuer in Mittelerde“
eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung. Denn, und damit wären wir beim
ersten kritischen Punkt angelangt, die Anleitung ist zwar leicht und klar
verständlich, aber überaus umfangreich. Ein rudimentärer Index ist wohl
vorhanden, im entscheidenden Moment freilich findet man typischerweise die eine
Ausnahme, an die man sich für die konkrete Situation dunkel erinnert, nicht. Erfreulich:
fast schon zum Standard ist die freundliche Unterstützung des Verlages
geworden. Die Spielregel findet sich im Internet, die unvermeidliche
Errata-und-„Oft gestellte Fragen“-(Frequently Asked Questions / FAQ)-Sektion
wurde seit Veröffentlichung des Spieles bereits mehrfach aktualisiert.
Bei der (ebenso typischen – eben Fantasy Flight Games!)
üppigen Ausstattung mit Karten und Markern bleibt der Überblick dennoch
gewahrt, die meisten Dinge bringt man bequem auf dem Spielbrett unter. Es sei
aber angemerkt, dass die in zwei Hälften gelieferte Karte der Hauptschauplätze
des Ringkrieges in Mittelerde enorm groß ist. Zusammengelegt bedecken die
beiden Teile eine Fläche von gut 106 cm x 74 cm – fast genau so groß wie ein
handelsüblicher Esstisch; und dann benötigt man ja noch Platz für die eigenen
Charakterauslagen (Charakterbogen, 3 Aktionskartenstapel, Questen-Karten; zusätzliche
Bonus- oder Maluskarten und Marker passen gerade so auf den Charakterbogen). Trotz
der erstaunlichen Größe der Landkarte sind die einzelnen Orte darauf leider
nicht immer so gut voneinander zu unterscheiden, wie es wünschenswert wäre. Das
System farbiger Punkte (spielintern „Juwelen“ genannt) für die (zehn) Regionen
hilft, trotzdem sind intime Kenner von Tolkiens Welt im Vorteil. Ähnliches gilt
für die Spielfiguren, die alle im selben unglücklichen Silbergrau gehalten
sind.
Das Spiel bietet aber trotz dieser ohnedies nur kleineren
Irritationen viel mehr, und zwar durchaus überwiegend Positives. Nicht nur die
grafische Ausarbeitung besticht, auch die Akribie, mit der die Stimmung dieses
klassischen Fantasy-Universums eingefangen wird, erstaunt über die Maßen. Zitate
aus dem Roman sind passend integriert – das allein wäre jedoch noch nichts
Bemerkenswertes. Da eine Verwendung bekannter Personen aus dem Werk auf
Begegnungen mit Nichtspielercharakteren beschränkt bleibt (so steigert Aragorn
die Gewandtheit seiner Besucher, geizt Denethor mit Gunst und lässt sich nicht
in die Karten schauen, und gewährt König Dáin II. ein Trainingsprogramm am
Einsamen Berg), stehen den Spielern fünf völlig fiktive Figuren zur Auswahl:
Argalad – Elb aus dem Waldland-Reich; Beravor – Waldläuferin aus Fornost;
Eleanor – Kriegerin aus Minas Tirith; Eometh – Kavallerist aus Edoras; Thálin –
Zwerg aus Erebor. Nicht nur, dass sie mit diesen Namen durchaus in Mittelerde
nicht unangenehm auffielen, wurde gar jedem einzelnen eine stilechte
Hintergrundgeschichte angemessen. Ebenso, und dem Stil der Vorlage erfreulich
gut nachgeahmt, wurden Situationen und kurze Episoden ergänzt, um ein stimmiges
Ganzes zu erzeugen. Die gleiche Sorgfalt findet sich auch auf den Karten für
die Ränke und Handlungen des Dunklen Herrschers. Das ist mehr, als eine
Spielrunde meist erwarten darf. Geradezu nekromantisch!
Nicht zuletzt wird diese Anlehnung an die literarische
Vorgabe in den zielführenden Strategien für die beiden widerstrebenden Seiten
deutlich. Sauron hat erhebliche Vorteile, wenn es zum Kampf zwischen Monstern
und Helden kommt, diese andererseits sind beweglicher und können, ja, müssen
zusammenarbeiten.
Da in „Abenteuer in Mittelerde“ für beide Parteien sehr
viel (beinahe möchte man feststellen: alles) von der Abfolge in den diversen
Kartenstapeln (und der Kartenhand) abhängt, sollte unbedingt auf eine gründliche
Durchmischung geachtet werden. Dennoch, selbst in den Spielrunden, in denen
eine Seite vom Kartenglück unverschämt begünstigt wurde, überzeugten Stimmung
und Atmosphäre des Spiels derart, dass niemand übel gelaunt vom Tisch
aufgestanden wäre. Lang waren die Abende, das wohl, aber langweilig nicht.
Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender
Spieler : 2 bis 4
Alter : ab 12
Dauer : 150 bis 220 Minuten
Autor : Corey Konieczka, Christian T. Petersen;
Tim Uren
Grafik : Kevin Childress, Andrew Navaro, Brian
Schomburg, Will Springer
Vertrieb A. : Kauffert
Preis : ca. 45 Euro
Verlag : Kosmos
Genre : Fantasy-Strategiespiel
Zielgruppe : Für Experten
Mechanismen : Zugkarten, Kampfkarten,
Aufgabenkarten
Zufall : 5
Planung : 6
Kommunikation : 7
Action : 4
Kommentar.
Leckerbissen für Kenner von „Der Herr der Ringe“
Funktioniert am besten zu dritt
Trifft die Atmosphäre wunderbar
Liebevolle Aufmerksamkeit bei Details
Trotz langer Spieldauer wunderschönes Spielerlebnis
Vergleichbar:
Arkham Horror - Mechanismen und Karten
Atmosphäre : 7
Martin, Martina und Markus:
Spannende (Schnitzel)Jagd in Mittelerde. Während 1 – 3
Helden ihr Ziel verfolgen, verfolgt Sauron die
Helden und sein eigenes Ziel. Eines der stimmigsten Spiele im Geiste des
„Herrn der Ringe“. Über je mehr Hintergrundwissen aus dieser Welt die
Spielenden verfügen, desto größer wird die Freude damit sein.
Für Experten
Ungeschriebene
Geschichten aus J.R.R. Tolkiens Welt
Der Herr der Ringe
– Abenteuer in Mittelerde
Es gibt noch immer Abenteuer zu bestehen
Kid
Family
Friends
Expert ein
Alter
Spezial
“This Ring, no other, is made by the elves,
Who’d pawn their own mother to grab it themselves.
Ruler of creeper, mortal, and scallop,
This is a sleeper that packs quite a wallop.
The Power almighty rests in this Lone Ring,
The Power, alrighty, for doing your Own Thing.
If broken or busted, it cannot be remade.
If found, send to Sorhed (the postage is prepaid).”
aus dem Vorspann zu „Bored of the Rings“, Henry N. Beard
& Douglas C. Kenney
Noch ein Strategiespiel in Tolkiens Welt! Gandalf und
Gefährten haben bald schon alle Möglichkeiten abgegrast, sind nach den
adaptierten Spielregeln von „Risiko“ bis zum Schicksalsberg vorgedrungen, haben
„Stratego“-Bretter für Ork und Troll unsicher gemacht, der schurkische Sauron
hat bei „Monopoly“ am Losfeld den Einen Ring auch nicht errungen, und sie alle
haben sich für Schachfiguren und Sammelkartenabbildungen in Pose geworfen.
Wahrscheinlich schicken clevere Lizenzproduktegeschäftemacher sie demnächst ins
Herrenhaus, um herauszufinden, wer mit welcher Waffe König Isildur wo genau
ermordet hat (unser Tipp: Oberst von Gatow, mit dem Seil, auf der Veranda).
„Abenteuer in Mittelerde“ unterscheidet sich von diesen
allen, denn es kommt beinahe ohne die Helden der sogenannten freien Völker aus.
Halblinge tauchen zum Beispiel gar nicht auf. Angesiedelt zwischen Bilbos
elfundelfzigstem Geburtstag und dem Aufbruch seines Neffen Frodo aus dem
Auenland knapp zwanzig Jahre später (die Vorgeschichte in der Spielregel
präzisiert: 17 Jahre), kann man entweder Saurons Seite oder die von Elfen,
Menschen und Zwergen spielen. Als Herrscher von Mordor kämpft man immer
alleine, die Gegenseite stellen bis zu drei Personen dar. Ziel ist es für beide
Parteien, je einen zufällig gewählten Auftrag (aus zwei unterschiedlichen
Kartenstapeln) nach einer Mindestanzahl von zehn Runden zu erfüllen.
Der Spielaufbau kann sich ein bisschen in die Länge
ziehen, denn, wie es sich für ein Fantasy Flight Game nun mal gehört, sind
Unmengen von Karten und Markierungsplättchen auf dem und rund um das Spielbrett
zu verteilen. Alle können daran mitarbeiten, die Grundaufstellung ist stets
dieselbe. Kleine Variationen betreffen dann nur die ersten, ebenfalls zufällig
gezogenen, Aufgaben (Saurons Aufgaben heißen „Plot“, die der anderen Seite
„Queste“).
Den ebenfalls recht schematisierten Ablauf in Runden
beginnt stets die Mordorpartei. Beide Seiten haben dabei unterschiedliche Züge.
Sauron versucht, ständig möglichst viele Plot-Karten aufgedeckt im Spiel zu
haben. Dies hält die Helden in Trab, die sich, was immer ihr eigentlicher
Auftrag ist, darum bemühen müssen, die Ränke Saurons zu vereiteln. Außerdem
beschleunigen aktive Plots das Fortkommen von Saurons eigenen
Fortschrittsmarkern (immerhin drei, die Helden haben gemeinsam nur einen) auf
der Rundenstandsleiste. Sauron darf auch eine Ereigniskarte in jeder Runde
aufdecken, die meist eine zusätzliche Aufgabe für die Helden bedeutet, oft zum
Ärger des Dunklen Herrschers aber die Helden mit Gunstmarken belohnt – diese
benötigen die Helden (neben anderen dadurch gewonnenen Möglichkeiten), um
Saurons Plot-Karten abzuwerfen. Nach der Ereignisphase kommen Saurons Aktionen
(zwei, bei vier Spielern sogar drei). Jede Runde wählt er aus drei Arten: zusätzliche
Einflussmarken legen (die „Schattenpool“ genannte eigene allgemeine Macht
erhöhen und auf dem Spielfeld, also in Mittelerde, das Einflussgebiet wie ein
Spinnengewebe dichter vernetzen und daraus resultierend die Monstergehilfen
weiter aussenden); zusätzliche Plot- und Schatten-Karten ziehen (unangenehme
Überraschungen für die Helden; um sie auszuspielen, muss die allgemeine Macht
im Schattenpool jedoch mindestens dem aufgedruckten Kartenwert entsprechen); Monster
und Schergen (bis zu fünf mächtige Anführer unter der Kontrolle Saurons)
platzieren und umherziehen lassen. Eine Auswahlleiste ist in absteigender
Reihenfolge mit Aktionsmarkern zu belegen, sodass eine wiederholte Aktion (also
etwa zwei Mal Monster bewegen) immer weniger Wirkung zeigt (in unserem Beispiel
erst drei, dann zwei Einzelzüge und zuletzt nur mehr einen für die
Monsterbewegung). Dann nehmen die Helden eine je eigene Anzahl (entspricht den
jeweiligen Charakterfähigkeiten) Aktionskarten aus ihrem Vorrat auf die Hand. Technisch
gehört dies als letzte Phase in Saurons Zug, da das alle Helden gleichzeitig
machen.
Dann spielen die Helden reihum ihre Phasen durch. In der
Erholungsphase kann der Aktionskartenvorrat um den bzw. die Ablagestapel
ergänzt werden, was nicht überall in Mittelerde möglich ist (etwa wenn an einem
Ort Saurons Einfluss bereits zu groß geworden ist, ersichtlich an den dort
abgelegten Markern und Monstern). Befindet sich die Heldenfigur zusammen mit
Monstern oder Schergen an einem Ort, kann es zum Kampf mit Saurons Kreaturen
kommen (an Schutzorten wie etwa Bruchtal oder Lothlórien nur auf Wunsch der
Helden). Kämpfe werden mittels der Aktionskarten ausgetragen, solange bis ein
Kombattant besiegt ist, oder einer oder beide erschöpft sind. Aktionskarten,
hier als Kampfkarten genutzt, kommen entweder auf den normalen Ablagestapel des
Kämpfers, oder auf den Schadenskartenstapel. Dies schwächt den Helden
erheblich, denn diesen Ablagestapel darf man nur an Schutzorten oder unter
anderen, sehr beschränkten Bedingungen wieder in den Vorrat nehmen. Manchmal
werden Helden auf diese Weise ausgeschaltet, dürfen aber, frisch gestärkt und
um einige Habseligkeiten und möglicherweise Gunst(punkte) ärmer, ihre nächste
Runde an einem Schutzort beginnen und ihre Queste(n) fortsetzen. Besiegte
Monster können später sogar erneut ins Spiel kommen, zuvor verfügt Sauron aber
über ausreichend Ersatz. Über Kampfkartenlimits kann er nur lachen: „Haha!“ Besiegte
Schergen – bis auf die Ringgeister – scheiden jedoch für die laufende Partie
ganz aus. Nun können die Helden von Ort zu Ort reisen – ebenfalls mittels
Aktionskarten. Symbole auf der Landkarte geben an, wie teuer eine Wegstrecke
ist, die benutzten Karten werden auf den Ablagestapel gelegt (und in einer
späteren Erholungsphase wieder in den Vorrat gemischt). Ob hinter der
Kombination der Figuren mit ihren Aktionskarten allerdings auch eine bestimmte
Absicht steckt, war nicht herauszufinden. Vor allem die anfänglichen
Bewegungsmöglichkeiten (durch entsprechende Symbole) geben noch immer Rätsel
auf. Manche Orte müssen Helden aufsuchen, um ihre Questen zu erfüllen. Bisweilen
(aufgrund von Ereigniskarten oder auch aus den Aufbauanleitungen für Plots und
Questen) treffen sie auch auf aus dem Roman bekannte Figuren (Theoden, Saruman,
Thranduil und etliche andere), von denen sie Belohnungen, meist in Form von
Gunstpunkten, erhalten. Zuletzt kann es noch eine besondere Begegnung geben –
wieder werden Karten gezogen, diesmal zur Region farblich passende vom
entsprechenden Stapel (zum Beispiel das Nebelgebirge, die Braunen Lande oder
Eriador). An einem bedrohlichen Ort (etwa in einer von Saurons Festungen oder
an einem anderen Ort mit großem Einfluss Saurons) zieht der Dunkle Herrscher
die Begegnungskarten von seinem Bedrohungsstapel – für die Helden immer
unerfreulich, wenn urplötzlich ein Balrog vorbeischaut. Die zweite,
gegebenenfalls auch dritte Heldin macht in ihrem Zug dieselben Phasen durch,
dann wird das Terrain gesäubert (manchmal muss nun Sauron Einflussmarker vom
Spielbrett nehmen), die Fortschrittsleiste auf den neuesten Stand gebracht, und
hat jetzt noch niemand das Zielfeld erreicht (entweder – für alle – das Feld
„Finale“, oder Sauron mit allen drei Markern das etwas früher gelegene Feld „Der
Schatten droht“), so beginnt Sauron die nächste Runde.
Ein wenig unübersichtlich wird es, wenn das Finale
erreicht ist, aber keine Seite ihren (geheimen) Auftrag erfüllt hat. Dann muss
ein Entscheidungskampf ausgetragen werden – eine Idee, die der übrigen Handlung
eher widerspricht.
Der Spielablauf folgt, wie erwähnt, einem recht engen
Korsett von Regeln. Zur leichteren Orientierung sind die einzelnen Schritte
sowohl auf dem Spielfeld als auch auf der Rückseite der Spielanleitung
abgedruckt. Es gibt sogar im Regelheft ein Unterkapitel über „Oft übersehene
Regeln“ – und dies ist zumindest beim Einstieg in die „Abenteuer in Mittelerde“
eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung. Denn, und damit wären wir beim
ersten kritischen Punkt angelangt, die Anleitung ist zwar leicht und klar
verständlich, aber überaus umfangreich. Ein rudimentärer Index ist wohl
vorhanden, im entscheidenden Moment freilich findet man typischerweise die eine
Ausnahme, an die man sich für die konkrete Situation dunkel erinnert, nicht. Erfreulich:
fast schon zum Standard ist die freundliche Unterstützung des Verlages
geworden. Die Spielregel findet sich im Internet, die unvermeidliche
Errata-und-„Oft gestellte Fragen“-(Frequently Asked Questions / FAQ)-Sektion
wurde seit Veröffentlichung des Spieles bereits mehrfach aktualisiert.
Bei der (ebenso typischen – eben Fantasy Flight Games!)
üppigen Ausstattung mit Karten und Markern bleibt der Überblick dennoch
gewahrt, die meisten Dinge bringt man bequem auf dem Spielbrett unter. Es sei
aber angemerkt, dass die in zwei Hälften gelieferte Karte der Hauptschauplätze
des Ringkrieges in Mittelerde enorm groß ist. Zusammengelegt bedecken die
beiden Teile eine Fläche von gut 106 cm x 74 cm – fast genau so groß wie ein
handelsüblicher Esstisch; und dann benötigt man ja noch Platz für die eigenen
Charakterauslagen (Charakterbogen, 3 Aktionskartenstapel, Questen-Karten; zusätzliche
Bonus- oder Maluskarten und Marker passen gerade so auf den Charakterbogen). Trotz
der erstaunlichen Größe der Landkarte sind die einzelnen Orte darauf leider
nicht immer so gut voneinander zu unterscheiden, wie es wünschenswert wäre. Das
System farbiger Punkte (spielintern „Juwelen“ genannt) für die (zehn) Regionen
hilft, trotzdem sind intime Kenner von Tolkiens Welt im Vorteil. Ähnliches gilt
für die Spielfiguren, die alle im selben unglücklichen Silbergrau gehalten
sind.
Das Spiel bietet aber trotz dieser ohnedies nur kleineren
Irritationen viel mehr, und zwar durchaus überwiegend Positives. Nicht nur die
grafische Ausarbeitung besticht, auch die Akribie, mit der die Stimmung dieses
klassischen Fantasy-Universums eingefangen wird, erstaunt über die Maßen. Zitate
aus dem Roman sind passend integriert – das allein wäre jedoch noch nichts
Bemerkenswertes. Da eine Verwendung bekannter Personen aus dem Werk auf
Begegnungen mit Nichtspielercharakteren beschränkt bleibt (so steigert Aragorn
die Gewandtheit seiner Besucher, geizt Denethor mit Gunst und lässt sich nicht
in die Karten schauen, und gewährt König Dáin II. ein Trainingsprogramm am
Einsamen Berg), stehen den Spielern fünf völlig fiktive Figuren zur Auswahl:
Argalad – Elb aus dem Waldland-Reich; Beravor – Waldläuferin aus Fornost;
Eleanor – Kriegerin aus Minas Tirith; Eometh – Kavallerist aus Edoras; Thálin –
Zwerg aus Erebor. Nicht nur, dass sie mit diesen Namen durchaus in Mittelerde
nicht unangenehm auffielen, wurde gar jedem einzelnen eine stilechte
Hintergrundgeschichte angemessen. Ebenso, und dem Stil der Vorlage erfreulich
gut nachgeahmt, wurden Situationen und kurze Episoden ergänzt, um ein stimmiges
Ganzes zu erzeugen. Die gleiche Sorgfalt findet sich auch auf den Karten für
die Ränke und Handlungen des Dunklen Herrschers. Das ist mehr, als eine
Spielrunde meist erwarten darf. Geradezu nekromantisch!
Nicht zuletzt wird diese Anlehnung an die literarische
Vorgabe in den zielführenden Strategien für die beiden widerstrebenden Seiten
deutlich. Sauron hat erhebliche Vorteile, wenn es zum Kampf zwischen Monstern
und Helden kommt, diese andererseits sind beweglicher und können, ja, müssen
zusammenarbeiten.
Da in „Abenteuer in Mittelerde“ für beide Parteien sehr
viel (beinahe möchte man feststellen: alles) von der Abfolge in den diversen
Kartenstapeln (und der Kartenhand) abhängt, sollte unbedingt auf eine gründliche
Durchmischung geachtet werden. Dennoch, selbst in den Spielrunden, in denen
eine Seite vom Kartenglück unverschämt begünstigt wurde, überzeugten Stimmung
und Atmosphäre des Spiels derart, dass niemand übel gelaunt vom Tisch
aufgestanden wäre. Lang waren die Abende, das wohl, aber langweilig nicht.
Martina & Martin Lhotzky, Marcus Steinwender
Spieler : 2 bis 4
Alter : ab 12
Dauer : 150 bis 220 Minuten
Autor : Corey Konieczka, Christian T. Petersen;
Tim Uren
Grafik : Kevin Childress, Andrew Navaro, Brian
Schomburg, Will Springer
Vertrieb A. : Kauffert
Preis : ca. 45 Euro
Verlag : Kosmos
Genre : Fantasy-Strategiespiel
Zielgruppe : Für Experten
Mechanismen : Zugkarten, Kampfkarten,
Aufgabenkarten
Zufall : 5
Planung : 6
Kommunikation : 7
Action : 4
Kommentar.
Leckerbissen für Kenner von „Der Herr der Ringe“
Funktioniert am besten zu dritt
Trifft die Atmosphäre wunderbar
Liebevolle Aufmerksamkeit bei Details
Trotz langer Spieldauer wunderschönes Spielerlebnis
Vergleichbar:
Arkham Horror - Mechanismen und Karten
Atmosphäre : 7
Martin, Martina und Markus:
Spannende (Schnitzel)Jagd in Mittelerde. Während 1 – 3
Helden ihr Ziel verfolgen, verfolgt Sauron die
Helden und sein eigenes Ziel. Eines der stimmigsten Spiele im Geiste des
„Herrn der Ringe“. Über je mehr Hintergrundwissen aus dieser Welt die
Spielenden verfügen, desto größer wird die Freude damit sein.