Chicago Express

Eisenbahn- und Wirtschaftsspiel um Aktien und Eisenbahnlinien. In seinem Zug muss ein Spieler eine verfügbare Entscheidung / Aktion setzen und den Marker auf der entsprechenden Leiste weiter schieben, mögliche Entscheidungen sind Kapitalisierung, Entwicklung und Erweiterung.  Danach kann es zu einer Dividende für Chicago oder der Wabash Eröffnung oder Allgemeiner Dividende oder zum Spielende kommen,  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Verlage:
Autoren:
Illustratoren:
Inventarnummer:
19850
Tags:
ess08
Kategorien:
Wirtschaft, Entwicklung/Aufbau, Eisenbahn
Erscheinungsjahr

2008
Spieler

2 - 6 Spieler
Alter

12 - 99 Jahren
Dauer

bis 60 Minuten

Rezension

Chicago Express
Nächster Halt: Chicago
 
Chicago Express
 
1830 light
 
Bei einem genauen Blick auf den Spielplan erleben
Eisenbahnspielfans eine Art déjà-vu. Die Karte zeigt den Nordosten der USA mit
bekannten großen Städten. Sie reicht von Chicago im Westen bis zur amerikanischen
Ostküste, von Detroit im Norden bis nach Richmond im Süden. Das Ganze ist in
Hexfelder unterteilt und jedem Feld einer der Landschaftstypen Stadt, Feld,
Wald oder Gebirge, eindeutig und grafisch gut zu unterscheiden, zugeordnet. In
den vier großen Städten im Osten - New York, Philadelphia, Baltimore und
Washington - findet man die Startsymbole der 4 anfänglich erhältlichen
Eisenbahngesellschaften eingezeichnet: New York Central Railroad, Pennsylvania
Railroad, Baltimore and Ohio Railroad und Chesapeake and Ohio Railway. Da auch
noch dazu von jeder Firma eine unterschiedliche Anzahl von Aktien neben dem
Spielplan auf den firmeneigenen Tableaus platziert wird, erinnert das alles
sehr an den Klassiker unter den Eisenbahn-Aktienspiele, 1830.
 
Einzig die fünfte Linie, die in Chicago Express betrieben
werden kann, die Wabash Railroad Company, war in 1830 nicht zu finden. Der
Wabash kommt eine Sonderstellung im Spiel zu. Sie startet nicht wie die anderen
im Osten, sondern fast schon am westlichen Rand des Planes in Fort Wayne,
unweit von Chicago. Allerdings kann sie nicht schon von Anfang an betrieben
werden. Erst wenn eine andere Gesellschaft Chicago erstmals an ihr Netz
anbindet, wird die erste von zwei Wabashaktien versteigert und die Gesellschaft
somit eröffnet. Diese Sonderstellung spielte in der ursprünglichen Version des
Spiels von Winsome Games, die schon im letzten Jahr erschienen ist, eine noch
größere Rolle. Diese hieß nämlich Wabash Cannonball, so nannte die Wabash
Railroad Company ihre Expressverbindungen zwischen Detroit und St. Louis. Noch
bekannter ist aber das amerikanische Volkslied mit diesem Titel, wohl eher der
Grund für die Namensgebung.
 
Chicago Express ist eine nahezu unveränderte Neuauflage des
Winsome Games Spieles. Das hat gewissermaßen Tradition. Winsome Games ist
bekannt für seine Eisenbahnspiele, die in einfachster grafischen Umsetzung mit
schlichtest möglichem Spielmaterial in Kleinstauflagen produziert werden, dabei
aber oft mit innovativen neuen Spielmechanismen ankommen. Einige Spiele wurden
dann von größeren Verlagen neu aufgelegt, wie z.B. die sehr bekannten Spiele
Trans America oder Age of Steam.
Chicago Express beginnt damit, dass von den ersten vier
Gesellschaften je eine Aktie versteigert wird. Ab dann geht es reihum. Wer am
Zug ist wählt eine von drei Aktionen, entscheidet sich ob er sie durchführen
will oder nicht, dann ist der nächste Spieler in Sitzreihenfolge dran. Die 3
möglichen Aktionen sind: Aktie versteigern, Feld entwickeln oder Eisenbahnlinie
ausbauen.
 
Wer eine Aktie versteigert, wählt eine beliebige noch
verfügbare Aktie aus und bietet. Die Versteigerung läuft genauso wie auch die
anfängliche Auktion. Reihum können die Spieler erhöhen oder passen. Es läuft so
lange im Kreis bis alle Spieler außer einem gepasst haben. Das gebotene Geld
kommt zum Firmenvermögen und steht der Firma ab sofort zur Verfügung. Dieses
Geld wird benötigt um die Eisenbahnlinie zu erweitern. Auf jedem Feld sind
Kosten aufgedruckt. Wer die Aktion Ausbauen wählt kann für eine Firma bis zu 3
Felder bebauen. Dazu muss er mindestens eine Aktie der Firma besitzen, die
Gesellschaft muss das auf den Feldern aufgedruckte Geld besitzen und danach
abgeben (Es gibt keine Möglichkeit Privatgeld zuzuschießen!) und über genügend
Spielsteine in ihrer Farbe verfügen, diese werden nämlich auf jedes Feld
gelegt, womit angezeigt wird dass die Firma dieses Gebiet erschlossen hat. Zu
beachten gilt es dabei, dass jedes neu bebaute Feld an ein schon erschlossenes
angrenzen muss. Für jedes Stadt und Gebirgsfeld, das angeschlossen wird,
steigen die Einnahmen der Gesellschaft und somit das Dividende der Aktionäre.
Diese werden auf einer Skala für jede Firma markiert und immer entsprechend
angepasst. Die Einnahmen können noch weiter gesteigert werden wenn ein solches
Feld entwickelt wird. Wer entwickelt, nimmt ein Häuschen aus dem allgemeinen
Vorrat und stellt es auf ein Feld, das schon von mindestens einer Gesellschaft
bebaut wurde. Auf dem Feld steht, was dies bewirkt. In den meisten Fällen
steigert sich dadurch einfach das Einkommen der dort vertretenen Eisenbahnen.
Die meisten Felder können nur einmal entwickelt werden.
Eine Besonderheit stellt der Anschluss von Chicago dar.
Sobald eine Gesellschaft Chicago anschließt, wird sofort eine Extradividende
für die Aktionäre dieser Gesellschaft ausgeschüttet. Dies macht Chicago
besonders attraktiv und zum großen Ziel jedes Ausbauplanes. Allerdings werden
nicht alle Linien dieses auch im Spiel erreichen.
Jede der Aktionen ist nur in einer beschränkten Anzahl in
einem Durchgang verfügbar. So können nur maximal 3 Aktien versteigert, 4 Felder
entwickelt und 5 Mal Eisenbahnlinien ausgebaut werden. Dazu gibt es eine
Anzeige, wo für jede dieser drei Kategorien mitgezählt wird. Sobald eine ihr
Maximum erreicht hat, darf sie nicht mehr gewählt werden und der aktive Spieler
muss eine andere nehmen. Wobei zu beachten ist, dass ein Spieler eine Aktion
auch wählen kann, ohne sie durchzuführen. Dies kann taktisch manchmal sinnvoll
sein, denn auch in diesem Fall wird die Anzeige weiterbewegt.
Sobald 2 Anzeigen das Maximum erreicht haben ist der
Durchgang zu Ende und es kommt zur Dividendenauszahlung. Die Spieler erhalten
Geld für ihre Aktien, danach werden die Zähler für die Aktionen wieder auf 0
gesetzt und das Spiel wird mit dem nächsten Spieler fortgesetzt, sofern keine
der Endbedingungen erfüllt ist.
Diese Endbedingungen sind folgende: 3 Aktiengesellschaften
haben keine Spielsteine mehr um ausgebaut zu werden, von 3 Gesellschaften
können keine Aktien mehr erworben werden, von den Häuschen zur Entwicklung sind
nur noch maximal 3 im Vorrat, oder es wurden schon 7 mal Dividenden ausgezahlt.
Sobald eine der Bedingungen erfüllt ist wird das Ende eingeläutet. Das Spiel
läuft noch bis zur nächsten Dividendenauszahlung. Diese wird noch durchgeführt,
dann ist es endgültig aus und es wird das Bargeld gezählt, um den Sieger zu
ermitteln. Außer dem Bargeld zählt nichts, also auch die Aktien werden nicht
berücksichtigt.
Das Ganze dauert im Normalfall etwa eine Stunde und das ist
sehr beachtlich, vor allem wenn man es mit anderen Eisenbahn-Aktienspielen
vergleicht. Natürlich erreicht Chicago Express nicht die Komplexität eines
18xx, bietet aber dennoch sehr viel Tiefgang. Für die relativ kurze Spieldauer
sogar enorm viel. Das Spiel eignet sich somit auch ausgezeichnet als Einstieg
in dieses Genre. Aufgrund der einfachen Regeln kann es auch problemlos von
Familien und Gelegenheitsspielern gespielt werden. Allerdings traue ich mich
nicht einzuschätzen wie groß der Spaßfaktor dort ist, als Zielgruppe erscheinen
mir doch eher die Experten. In Chicago Express gilt es nämlich sehr viel zu
berechnen, kalkulieren und optimieren. Das kann oft sehr kompliziert sein und
durchaus in Arbeit ausarten. Klarerweise kann man auch einfach aus dem Bauch
heraus spielen, dies birgt aber einige Gefahren. Chicago Express ist nämlich
ein hoch interaktives Spiel. Fast jede Aktion die ich wähle und ausführe, oder
auch nicht ausführe, beeinflusst auch jeden anderen Spieler positiv oder
negativ. Kurzfristige Kooperationen ergeben sich und prägen das Spiel, bis eine
neue Aktienverteilung wieder alles durcheinander bringt. Ein unvernünftig
agierender Spieler kann das Spiel stark beeinflussen und früh entscheiden.
Daher macht es auch am meisten Spaß in Runden mit erfahrenen Spielern, die alle
auf ihren eigenen Vorteil bedacht und damit bis zu einem gewissen Grad
berechenbar sind. Generell neigt das Spiel zu früh entschieden zu werden. Oft
ist schon nach 2 Durchgängen abzusehen wer gewinnt, oder zumindest sind einige
Spieler hoffnungslos abgeschlagen, vor allem mit vielen Mitspielern (5 oder 6).
Bei 3 bis 4 haben die Spieler etwas mehr Spielraum und nicht jede Entscheidung
wiegt so schwer, daher wohl auch die optimale Spieleranzahl. Bei einem
Zweierspiel erinnert das Ganze dann doch sehr an Schach: alles ist berechenbar,
der kooperative Part fällt weg, was meinem Gegner schadet hilft mir, somit auch
wesentlich destruktiver.
Das Spielmaterial ist durchwegs positiv zu beurteilen. Der
Spielplan, sowie die restlichen Grafiken sind von einem der derzeit wohl
meistbeschäftigten Spielegrafiker, Michael Menzel, hübsch, bunt und
übersichtlich gestaltet. Die hölzernen Spielsteine sind wie Lokomotiven oder
Häuschen geformt und sorgen auch für optisches Flair. Einziger kleiner Makel
sind die Aktienzertifikate aus dünnem Papier, ein etwas stabilerer Karton wäre
besser gewesen. Die Regeln sind relativ kurz, übersichtlich und mit vielen
Beispielen illustriert. Manche Details habe ich beim ersten Durchlesen zwar
überlesen. Das kann ich aber dem Verlag nicht ankreiden, da ich, als Kenner der
Winsome Games-Version, die Regeln zuerst nur überflogen habe.
Alles in allem also eine gelungene Neuauflage, die
Eisenbahn- und vor allem Aktienspielliebhabern auf jeden Fall ein Blick wert
sein sollte. Besser noch wären mehrere, denn der volle Reiz des Spieles ergibt
sich erst nach mehreren Partien. Gerade die ersten Spiele verlaufen oft unrund.
Mit steigender Erfahrung der Mitspieler steigt dann auch das Spielvergnügen, so
war jedenfalls mein Eindruck. Dank der kurzen Spieldauer sollte es aber auch
kein großes Problem sein eine zweite Partie anzuhängen.
 
Markus Wawra
 
Kid                       
Family                  
Adult           ein    
Expert                           
 
Alter                    
Spezial                 
 
 
Spieler         2-6
Alter            12+
Dauer           60 min
 
Autor           Harry Wu
Grafik          Michael Menzel
Vertrieb       Piatnik
Preis            ca. 30,00 Euro
Verlag          Queen Games 2008
                   www.queen-games.de
        
Genre                   Aktienspiel, Eisenbahnspiel
Zielgruppe             Experten
Mechanismen         Aktien kaufen, Strecken bauen
 
Zufall                     :
Wissen                  :
Planung                 : 7
Kreativität              :
Interaktion            : 6
Geschicklichkeit      :
Action                   :
Atmosphäre           : 5
 
Kommentar           
hübsche, übersichtliche grafische Gestaltung
kurze, einfache Regeln
viel taktischer Tiefgang
sehr hohe Interaktion
                           
Vergleichbar          
Santa Fe, Steel Driver, Stephenson's Rocket
 
Markus Wawra:
Chicago Express ist ein kurzes, einfaches, hübschen
Eisenbahn- und Aktienspiel, mit Fokus auf Aktienspiel, und mit vielen komplexen
Zusammenhängen. Man muss es aber öfter spielen um sich eine Meinung bilden zu
können, da es, vor allem aufgrund der Abhängigkeit von den Aktionen anderer
Spieler, nicht immer rund läuft.