Archipelago

Als Beauftragter europäischer Nationen kolonisiert und bewirtschaftet man Gebiete der Neuen Welt. Dies muss im Einklang mit den Bedürfnissen der Einwohner geschehen, da es sonst zur Rebellion kommt, doch müssen die Gebiete Gewinn für die Kolonialmacht abwerfen. Jeder Spieler hat ein Spielziel innerhalb der vorher vereinbarten Spieldauer. Die Runden bestehen aus: Deaktivierung, Spielerreihenfolge für Geldgebot, Bevölkerungseffekte, Gleichgewicht im Archipel laut Nachfrage in Kolonie und Heimat, Aktionsphase mit Aktion laut Aktionsrad, Entwicklungskarte oder Nutzen von Markt oder Hafen sowie Kauf von Entwicklungskarten.  

Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:

Deutsch

Ludografische Angaben

Verlage:
Inventarnummer:
24426
Tags:
ess12
Kategorien:
Entwicklung/Aufbau, Experten, komplex
Erscheinungsjahr

2012
Spieler

2 - 5 Spieler
Alter

14 - 99 Jahren
Dauer

bis 240 Minuten

Rezension

Archipelago
UNSERE REZENSION
 
Auf zu fernen
Gestaden
 
Archipelago
                           
Inseln entdecken,
besiedeln, bewirtschaften
 
„Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht
Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und Arbeit
einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen
Meer.“ (Antoine de Saint-Exupery)
 
Ein bekannter Satz eines berühmten Mannes. Diesem Motto
haben sich schon Jahrhunderte vorher viele verpflichtet gefühlt. Männer wie
Columbus, Cook, Magellan, Vasco da Gama und viele andere. Speziell Portugiesen
waren führend in der Entdeckung. Ein Großteil fand im 15. und 16. Jahrhundert
statt. Aber es gibt noch heute unentdeckte Archipele und wir sind berufen,
diese weißen Flecken in der Landkarte zu finden. Davon handelt dieses Spiel.
 
Ich hoffe ich habe euch ausreichend Appetit gemacht. Also
fangen wir an.
Vorerst aber zum Material. In einer kompakten Box im
quadratischen Kosmos-Format befindet sich ein bemerkenswertes und durchdachtes
Inlay mit 15 Vertiefungen und einem herausnehmbaren Teil. Dies dient
praxisgerecht der Plättchen und Würfel während des Spiels. Wenn man das
Spielmaterial aus den Stanzbögen gelöst hat, kann man die unnützen Teile unter
dem Inlay verstauen und schafft damit eine mit dem Rand der Schachtel plane
Oberfläche, die den Zugriff erleichtert. Neben den in fünf Farben gehaltenen
Spielfigurensatz mit je 10 Bürgern (Carcassonne-Meeples), 4 Schiffen, 1
Spielstein und 5 Aktionsscheiben gibt es einen passenden Sichtschirm. Auf
diesem sind die Baukosten, Steuereinnahmen sowie die 6 Phasen eines
Rundenablaufs gedruckt. Es gibt noch 3 10-teilige Kartensets auf die ich noch
später eingehen werde, eine Entwicklungsleiste mit Spielerreihung und 4
Spielpläne, der lokale Markt, der Exportmarkt, der Stabilitätsplan der Kolonie
sowie der Arbeitsmarkt. Die Spielgeldmünzen werden Florin genannt, eine Währung
die heute noch gehandhabt wird, nämlich in Aruba. Hier ist aber sicherlich die
im Mittelalter verwendete Goldmünze gemeint. Außerdem findet man doppelseitig
mit Markt, Hafen, Stadt und Tempel bedruckte Plättchen sowie Entdeckerscheiben,
die später auch als Joker für Ressourcen dienen. Wesentlich sind 25 ebenfalls
beidseitig bedruckte sechseckige Archipelplatten und ein Aktionsrad. Auf den
Platten sind neben den Landschaften, Hütten und verschiedene Ressourcenplätze
zu sehen. Die bereits erwähnten Ressourcen werden durch 6 Sorten
verschiedenfarbige Würfel dargestellt. Es gibt Fische (blau), Holz (braun),
Stein (weiß), Eisen(schwarz), exotische Früchte(grün), und Rind (sollte rot
sein laut Spielanleitung und Plan ist es aber orange). Weshalb es der Redaktion
nicht gelungen ist rote Würfel aufzutreiben wird mir ewig ein Rätsel bleiben.
12 Trendkarten und 48 Entwicklungskarte mit der Vorderseite Krisenprävention,
die auf ihrer Rückseite auch als Charakterkarten und Fortschrittskarten
fungieren, vollenden die Fülle an Material. Somit sind wir bei der
Spielvorbereitung.
 
Zu Beginn erhält jeder 2 Bürger, 1 Schiff und vorerst 3
Aktionsscheiben. Wenn 8 Archipele „entdeckt“ sind hat man pro Runde vier
Scheiben zur Verfügung, und nach weiteren acht Archipelen fünf Scheiben. Die
erste Spielerreihenfolge wird willkürlich ausgelost, in den nachfolgenden
Runden aber mit Florin ersteigert. Jeder nimmt verdeckt eine Münzanzahl in die
Faust. Derjenige mit dem höchsten Gebot bestimmt die Reihenfolge wobei die
Festlegung durchaus verhandelbar ist und mit Bestechung gearbeitet werden kann.
Alle gebotenen Florin (auch die der Unterlegenen) kommen in den Vorrat. Bei
Gleichstand bleibt die aktuelle Reihung. Die vorhin erwähnten 3 Kartensets
bestimmen die Spielzeitdauer, die zwischen 30 Minuten und 4 Stunden betragen
kann. Nachdem man sich auf Zeit geeinigt hat, zieht jeder verdeckt eine Karte.
Der Rest kommt aus dem Spiel. Nun wird es interessant. Auf jeder Karte ist
nämlich eine andere Spielende-Bedingung gegeben. Sobald diese erreicht wird,
endet das Spiel abrupt. Im Gegensatz zu z.B. Die Paläste von Carrara, wo das
Ende für alle ersichtlich ist,  kennt man hier nur die eigene Möglichkeit,
aber nicht die der Mitspieler. Damit ergibt sich manch Überraschungseffekt.
Genauso wie das Spielende ungewiss ist, gibt es auch auf jeder Karte eine
eigene geheime Siegpunktvariante, die bei Spielende auch für die anderen
Teilnehmer maßgeblich ist. Es wird noch eine der 12 Trendkarten aufgelegt,
welche eine für alle verbindlichen Siegpunkte bei Erreichung einer bestimmten
Ressource oder Gebäudeanzahl anzeigt. Punkte gibt es allerdings nur für die
ersten 3 der Wertung. Nun kommen noch 5 Entwicklungskarten die per Zufall an
der Leiste positioniert werden.
 
Auf die Tafel „Lokaler Markt“ wird je ein
Ressourcenwürfel pro Sorte gelegt. Jede Ressource kann in verschieden hoher
Anzahl gehandelt werden. 4 Reihen pro Sorte zeigen dies an, wobei links von
jeder Reihe der zurzeit gültige Preis steht. Einkaufs- und Verkaufspreise hängen
nur von der Anzahl der Würfel im Markt ab. Angebot und Nachfrage bestimmen den
Erlös oder Gewinn.
Auf der Tafel „Stabilität der Kolonie“ markiert ein
weißes Männchen die zurzeit auf der Inselwelt eingesetzte Bürgeranzahl, wobei
ein schwarzes Männchen (zu Beginn auf 0) das Rebellionspotential kennzeichnet.
Letzteres steigt unter anderem wenn zu viele Arbeiter auf dem Markt sind (also
Arbeitslosigkeit), aber auch wenn es zu viele Produkte einer Sorte gibt oder in
Krisenzeiten wenn diese nicht positiv bewältigt werden. Damit sind wir beim
Stichwort „Krise“. In jeder Runde muss eine Krisenkarte abgehandelt werden.
Diese zeigt an, welche Produkte sowohl am lokalen Markt aber auch am
Exportmarkt verlangt werden. Diese sollten von allen Spielern gemeinsam
aufgebracht werden da bei Nichterfüllung das Rebellionspotential um die Anzahl
der fehlenden Produkte steigt. Übertrifft dies die Anzahl der Bürger, gibt es
einen Aufstand und das Spiel ist für alle verloren - mit einer Ausnahme: Es
gibt eine Karte „Rebellionsführer“, die  - falls sie im Spiel ist – dem
Besitzer den alleinigen Sieg bei dem „Unabhängigkeitskrieg“ zubilligt. Diese
latente Bedrohung zwingt normalerweise die Teilnehmer, parallel neben ihrem
Spielziel, zu kooperativer Spielweise.
 
Damit kommen wir nun endlich zum realen Spielverlauf. In
die Mitte des Tisches kommt ein sechseckiges Meeresfeld, an dem jeder Spieler
ein Archipelplättchen anlegt.  Zu Beginn kann er die Auswahl aus 3 Platten
treffen, die 2 übrigen werden dann wieder in den Stapel gemischt. Ab jetzt
kommt im weiteren Verlauf nur das oberste Stück des Stapels ins Spiel. Nach dem
Anlegen platziert er sein Schiff und die 2 Bürger auf dem neuen Archipel. Sind
darauf zwei oder mehr Ressourcenplätze abgebildet, so kommt davon ein
Ressourcenwürfel auf den lokalen Markt und ein anderer hinter den eigenen
Bildschirm. Falls nur einer vorhanden ist, profitiert nur der lokale Markt und
man schaut selbst durch die Finger. Gleichzeitig erhält man aber ein
Entdeckerplättchen. Sind auf dem Archipel auch Hütten zu sehen, so wird der
Arbeitsmarkt um diese Anzahl erhöht.
In der ersten Runde entfallen die nächsten 2 Phasen und
es kommt gleich das Kernstück, nämlich das Aktionsrad mit seinen 14 Möglichkeiten,
zum Tragen.
Beginnen wir mit der „Ernte“. Es gibt, wie man weiß, 6
Produkte zur Auswahl. Man legt also eine seiner Aktionsscheiben auf die
gewünschte Ressource und einen seiner Bürger auf den entsprechenden Platz am
Archipel. Damit ist ein Würfel dieser Farbe gesichert.
Wählt man das Feld „Bauen“ so kann man eines der 4
Bauwerke errichten oder ein Schiff bauen, sofern man den erforderlichen Preis
aufbringen kann. Was bringt einem das? Nun, Schiffe ermöglichen den Transport
von Bürgern auf andere Inseln. Der Markt erlaubt 2 Aktionen auf dem lokalen
Markt und der Hafen dasselbe am Exportmarkt. Mit der Stadt hat man die
Kontrolle über den gesamten Archipel. Fremde Spieler, die hier Ressourcen
nutzen wollen, müssen um Erlaubnis fragen und dieses Privileg eventuell durch
Verhandlungen abkaufen. Auf einem Archipel mit einem Tempel gibt es keine
Rebellion.
Das Feld „Handelshaus“ erlaubt den Kauf oder Verkauf
einer Ressource entweder auf dem lokalen oder Exportmarkt.
Das „Migrationsfeld“ erlaubt den Wechsel all seiner
Bürger oder der Schiffe in den benachbarten Archipel.
Entschließt man sich auf „Entdeckungsreise“ zu gehen sind
folgende Einschränkungen zu beachten. Es ist das oberste Archipelplättchen vom
Stapel zu nehmen ohne die Rückseite zu kennen. Bei der Anlage muss es an 2
andere Platten angrenzen und dabei natürlich die entsprechenden Landschaften
fortsetzen. Außerdem muss aus dem benachbarten Inselplättchen ein aktiver
Bürger oder ein Schiff eigener Farbe in das Gebiet versetzt werden können.
Falls dies nicht gelingt, ist die Entdeckung fehlgeschlagen und die Platte
kommt auf die Ablage.
„Steuereinnahmen“ sind pro Runde auf drei Teilnehmer
begrenzt und bringen Florin pro Bürger, Schiffe, Städte und Tempel. Kein
Wunder, dass dies die Bevölkerung aufregt und das Rebellionspotential sofort
steigt.
Das Feld „Reproduktion“ gestattet einem, falls zwei
eigene Bürger auf einem Archipel stehen, einen dritten als Nachwuchs hinzu zu
fügen. Damit ist allerdings die Maximalzahl der Einwohner pro Archipel in einer
Farbe gegeben.
Schlussendlich kann man durch das Feld „Rekrutierung“ zum
entsprechenden Preis Arbeiter erstehen und zu einem bereits vorhandenen
hinzufügen.
„Markt“ und „Hafen“ werden in dieser Phase unabhängig von
Aktionsscheiben mit Florin aktiviert. Es bedarf allerdings auch freier, aktiver
Bürger auf dem entsprechenden Archipel.
 
Nun sind wir bei der letzten Phase, dem Kauf von
Entwicklungskarten angelangt. Hier hat jeder Spieler zwei Möglichkeiten,
entweder den Kauf einer Karte und Drehung einer weiteren um 90 Grad im
Uhrzeigersinn, oder die Drehung von zwei der fünf Karten. Dazu muss man wissen,
dass die Karten in 3 Ecken verschiedene Preise aufweisen und somit billiger
werden. In der vierten Ecke steht ein Totenkopf. Dieser bedeutet, dass die
Karte nach der dritten. Drehung aus dem Spiel genommen wird und durch eine neue
vom Krisenpräventionsstapel ersetzt wird. Dadurch ändert sich natürlich auch
der für die nächste Runde erforderlicher Ressourcenbedarf zur Krisenbewältigung.
Auch hier gibt es eine Ausnahme, nämlich Krisenkarten mit rotem Hintergrund;
diese sind sofort zu befriedigen ohne dass man sich darauf einstellen kann.
Eventuell gekaufte Karten können erst in der nächsten Runde in der Aktionsphase
eingesetzt werden. Dazu müssen sie allerdings erst aktiviert werden, laut den
Kosten die auf der Karte stehen. Einige können auch von den Mitspielern genutzt
werden wenn sie dem Besitzer zusätzlich 1 Florin bezahlen. Manche bringen bei
Spielende extra Siegpunkte.
 
Abschließend  möchte ich die Phasen einer Runde noch
einmal zusammenfassen.
- Deaktivierung: alle Ressourcen- und Entwicklungsfelder
werden freigemacht und die Aktionsscheiben kehren zu ihren Besitzern zurück.
- Festlegung der Spielerreihenfolge.
- Anpassung bzw. Kontrolle der Bevölkerungseffekt.
- Krisenbewältigung: Alle Bürger werden umgelegt und erst
nach Erfüllung der Nachfrage entsprechend aktiviert. Der Rest bleibt liegen und
kann als Rebellen nicht für Aktionen eingesetzt werden.
- Das Aktionsrad
- Kauf bzw. Ersatz von Entwicklungskarten und damit neue
Krisenbedingungen
 
Damit sind wir beim Spielende. Jetzt werden die einzelnen
Siegpunktvorgaben der Spieler für alle schlagend. Genauso die Trendkarte und
etwaige Punkte der Charakter- und Entwicklungskarten.
 
Obwohl ich mich sehr bemüht habe, der Fülle von
Möglichkeiten gerecht zu werden gibt es noch einige unerwähnte Feinheiten und
Varianten. Diese sind der ausführlichen Regel zu entnehmen. Nicht weniger als
vier Nationen waren an dieser beteiligt, Frankreich, Schweiz, Kanada und
Deutschland. Allein der Druck, der mit einer Kordel verbundene Pergamentblätter
vorspiegelt, zeigt wie man versucht den Zeitgeist des Spiels einzufangen, und
mit welcher Freude und Liebe zum Detail gearbeitet wurde. Die Optik und
Gestaltung des Spielmaterials lässt keine Wünsche offen. Durch das
Inhaltsverzeichnis am Ende der Spielregel kann man etwaige Unklarheiten während
des Spiels sofort ausräumen.
 
Archipelago ist auf jeden Fall ein Spiel, an dem kein
Vielspieler vorbei gehen kann und das sicher auf der nächsten Expertenliste
aufscheinen sollte. Ich kann nur dringend empfehlen, das Spiel auszuprobieren.
Übrigens - eine Solovariante ist bereits in französischer Sprache im Handel und
ich warte schon ungeduldig auf die deutsche Übersetzung.
 
Rudolf Ammer
 
Spieler: 2-4/5
Alter: 14+
Dauer: variabel
Autor: Christophe Boelinger
Grafik: Vincent Boulanger, Ismael Pommaz,
Chris Quilliams
Preis: ca. 60 Euro
Verlag: Ludically 2012
Web: www.ludically.com
Genre: Strategisches Worker Placement
Zielgruppe: Für Experten
Version: de
Regeln: de en fr
Text im Spiel: ja
 
Kommentar:
Semi-kooperativ
Fantastische Ausstattung
Gute, ausführliche Regel
 
Vergleichbar:
Entdecker sowie andere Worker Placement Spiele
 
Andere Ausgaben:
In französischer und englischer Sprache
 
Meine Einschätzung: 7
 
Rudolf Ammer:
Ein optisch herausragendes Spiel mit sehr vielen
interessanten Komponenten, das in seiner Vielfalt an Caylus oder Puerto Rico
erinnert.
 
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 2
Strategie (blau): 3
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 0
Kommunikation (rot): 1
Interaktion (braun): 1
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0