
Android Netrunner
Ein Living Card Game im Android Universum – Runner gegen Corporation, beide mit eigenen Decks und Zielen. Die Corporation kann pro Zug drei Clicks für Aktionen ausgeben, um Serverschutz zu installieren oder den Runner aufzuspüren. Der Runner kann vier Clicks ausgeben, unter anderem für einen Run – einen Hackerangriff auf die Corporation Server mit unterschiedlichen Zielen; schafft er es in einen Rechner der Corporation einzudringen, kann er Wertvolles finden oder auch nur zerstören, was die Corporation entwickelt. Wer sieben Punkte erzielt, gewinnt. Core Set, dazu die deluxe Erweiterung „Kontrolle und Schöpfung“ sowie Datensatz-Packs, z.B. „Genesis Zyklus.“
Dieses Spiel ist in folgenden Sprachen veröffentlicht:
DeutschLudografische Angaben
Verlage:
Redaktion:
Illustratoren:
Inventarnummer:
24485
Tags:
nbg13
Kategorien:
Karten, Sammelkarten, -würfel, -scheiben, Abenteuerspiel
Rezension
Android Netrunner
UNSERE REZENSION
Cyberpunk und
Zukunftsvisionen
Android Netrunner
ein
"living card game" (LCG)
Dieses Spiel konnte
ich mit einigen Spielefreunden in Essen 2012 ausprobieren, die meisten wollten es
gleich besser kennenlernen, aber Denkste! Mein Exemplar (am ersten Messetag an
einem französischen Stand erworben) war das einzige in unserem Spielekreis so
konnte ich nur noch den einen oder anderen anlernen, aber nach der Frage „wo
gibt es das zu kaufen?“ musste ich passen. Weil es angeblich in Amerika so
gefragt war dauerte es bis zum Frühjahr 2013 bis die ersten Exemplare in Wien
zu haben waren, leider war zu diesem Zeitpunkt das Interesse längst erloschen –
auch weil im Wiener Spielekreis Sammelkartenspiele nur eine eher marginale
Rolle einnehmen. Die meisten Fans hatten ihre Sammelwut in den späten 90ern
ausgetobt und irgendwann diesem – teuren – Genre abgeschworen. Die neuere Welle
„living card game“ hat zwar mit der Suche nach „rare“ Karten aufgeräumt und
reißt daher nicht mehr so große Löcher ins Spielebudget, aber wirklich
interessantes Neues kam nicht mehr.
Es blieb dem fast
vergessenen „trading card game“ (TCG) Netrunner vorbehalten, als
Neuauflage frischen Wind in das Einerlei von Fantasy-Weltraum-Gruselmonster-
oder Kinderkarten zu bringen.
Rückschau: Anfang der 90er tauchte in Büchern und
Rollenspielen der Begriff Cyberpunk auf, dieser erzählte von einer Zukunft in
welcher Menschen mittels Implantaten und dergleichen direkt mit Computern kommunizieren
können. Dank fortgeschrittener „Neurobiologie“ werden menschliche Gedanken
gespeichert und auch zur Steuerung hochentwickelter Maschinen mit künstlicher
Intelligenz (z.B. Androiden) verwendet. Übermächtige Konzerne kontrollieren
nicht nur die meisten Ressourcen, sondern beherrschen sämtliche Lebensbereiche
der Menschheit. Helden der Cyberpunk-Welten sind geniale Hacker (= Netrunner)
die diese Konzerne bekämpfen, in dem sie in deren Computernetze eindringen,
Programme stehlen oder lahmlegen um deren Macht zu untergraben und sie bloß zu
stellen. Selbstverständlich versuchen die Unternehmen mit allen legalen (und
illegalen) Methoden die „Runner“ auszuforschen ihre Ausrüstung zu zerstören
oder auch sie umzubringen, was so einen „Netrun“ äußerst gefährlich und nur für
die Besten und Wagemutigsten attraktiv macht. „Cyberpunk“ fand auch in Brett-,
PC- und eben auch „trading card games“ Eingang wie auch in Rollenspielen, z.B.
"Shadowrun".
Das heutige „Netrunner“ - 2012 bei „Fantasy Flight Games“
als „living card game“ herausgegeben ist eine überarbeitete Neuauflage des
gleichnamigen „TCG“ von Richard Garfield, erschienen 1996. Dieses Spiel hatte
damals nur wenige Fans und wurde nach nur einer Erweiterung („Proteus“)
eingestellt. Richard Garfield, noch heute als Spiele-Erfinder aktiv, (z.B. King
of Tokyo, 2011) ist der Autor von „Magic the Gathering“ und gilt als „Vater“
der TCG. Neben dem noch immer viel gespielten und seit 20 Jahren produzierten
„Magic“ erfand er etliche weitere TCGs, u.a. „Battle Tech“, „Star Wars“ und vor
allem zwei der genialsten Sammelkartenspiele überhaupt, nämlich „Vampire“
(ursprünglich „Jihad“) - das mit Abstand beste Mehrpersonen-TCG (bis in die
Nullerjahre produziert, heute noch weltweit eifrig gespielt) und eben
„Netrunner“ - bei Erscheinen seiner Zeit voraus, ging es in der damaligen Flut
neuer Sammelkartenspiele unter – auch weil Mitte der 90er nur Wenige mit dem
Szenario „Cyberpunk“, virtuelle Welten und dgl. etwas anfangen konnten.
Im Gegensatz zum TCG gibt es beim Living Card Game (LCG)
keine „seltenen“, „sehr seltenen“ oder gewöhnlichen („common“) Karten, jede
Packung enthält die gleichen Karten. Das Grundspiel („Core Game“) von
"Netrunner" mit 248 Spielkarten reicht für endlosen Spaß in
zahlreichen Varianten, die Erweiterungs-Boxen (enthalten 60 Karten - 20
verschiedene je 3 mal) reizen vor allem zum Deckbau – versierte Spieler können
ihr „Deck“ stärken und individualisieren.
"Netrunner" ist ein asymmetrisches
Zweipersonen-Spiel: Einer ist der „Runner“, der Andere die Corporation, die
beiden Karten-Sets sind auch farblich verschieden. Zur Wahl stehen drei
unterschiedliche Runner und vier Konzerne. „Asymmetrisch“ nicht nur wegen der
unterschiedlichen Karten, sondern auch weil die Rollen Angreifer und
Verteidiger von Beginn an feststehen und nicht wechseln. Der Konzernspieler
muss Projekte bzw. Programme („Agenda“) entwickeln, die Siegpunkte liefern, der
Runner will genau diese Karten stehlen; wer sieben Punkte erreicht, ist
Sieger. Außerdem gewinnt die Corporation sofort, wenn der Spieler des Runners
zu irgendeinem Zeitpunkt keine Handkarten mehr hat. Daher Achtung! Runner!
Immer daran denken! Handkarten sind Lebenspunkte!!! Andererseits gewinnt
der Hacker sofort, wenn der Nachziehstapel des Konzerns leer ist. (Allerdings
ist die plötzliche Niederlage des Runners die häufigere Variante)
Nun zur Spielbeschreibung: "Netrunner" kommt in
einer relativ großen Schachtel, in der - nach Entfernung des Einsatzes - auch
genug Platz für die erwähnten Erweiterungsboxen ist. Außer den Spielkarten
liegen zwei Referenzkarten bei, die die möglichen Aktionen für die beiden
Fraktionen übersichtlich auflisten, und zwei Aktionsanzeigekarten, auf denen
mit Kartonplättchen die Anzahl der getätigten Aktionen angezeigt wird. Das
weitere Material besteht aus diversen Papp-Countern: 1. Geld, 2. „Bad Publicity
/ Tags“ (markieren Schäden beim Gegner, die durch Ausspielen bestimmter Karten
in Kraft treten) 3. „Generic Tokens“ mit blauer und roter Seite, diese werden
auf bestimmte Karten gelegt um sie zu stärken oder schwächen (z.B. „Virus“) und
4. „Brain Damage“ in stilisierter Gehirnform, sie reduzieren die Anzahl der
Handkarten des Runners (Lebenspunkte !).
Die Spielregel ist
übersichtlich gegliedert, ausführlich mit vielen Beispielen und wirklich
präzise formuliert (nicht so ein Albtraum wie beispielsweise bei dem Spiel
Civilization (Sid Meyer), wo Gliederung und Erklärung zwar gut, aber mit
Begleittext (Flavor-Text) überladen sind, was rasches Nachschlagen unmöglich
macht, da man fast bei jedem Absatz massig „BlaBla“ überfliegen muss um den
Kern der Sache zu finden). Zusätzlich finden sich ein Glossar, ein
alphabetischer Index und ein „Zeitablauf eines Runs“ - Schema, das Schritt für
Schritt zeigt was passiert und wann Interaktionen ausgelöst werden. Lobenswert
ist auch das Kapitel über Deckbau mit Überlegungen und Beispielen – für
Neulinge von LCGs nicht nur Anregung, sondern auch Hilfe. Dazu wird auch
ausführlich das Szenario und der Hintergrund der verschiedenen Fraktionen
(Corporations und Runner) – abgesetzt als Flavor-Text erläutert. Vorbildlich !
Netrunner ist sicher kein leicht erlernbares Spiel auch wegen der – für dieses
Genre typischen – Texte auf den Karten, dazu kommt noch der spezielle
Insiderjargon – den man aber rasch intus hat.
Spielablauf:
Die beiden Kontrahenten einigen sich was wer spielt, jeder
legt seine gewählte Identitätskarte vor sich, Startgeld sind fünf Credits,
beide ziehen fünf Karten von ihrem Deck, wer mit der Kartenhand nicht zufrieden
ist kann sie einmal abwerfen und fünf neue ziehen (Mulligan).
Die Corporation beginnt (immer!), zieht eine weitere Karte,
dann darf sie drei (von acht möglichen) Aktionen durchführen, in beliebiger
Reihenfolge, auch dieselbe mehrmals.
1.) 1 Karte
ziehen, 2.) 1 Geld nehmen, 3.) 1 Karte ausspielen (=
„installieren“) - verdeckt!, wenn offen muss die Karte gleich bezahlt werden.
Eine installierte Karte aufzudecken („rezzen“) erfordert keine Aktion, darf
jederzeit im eigenen Zug gemacht werden – vorausgesetzt man kann sie bezahlen.
Nur offene Karten sind aktiv, d.h. ihre Fähigkeit steht zur Verfügung. 4.) 1
„Operation“- Karte spielen (heißt beim Runner „Event“), diese hat einen
sofortigen Effekt und landet gleich am Ablagestapel (sie wird ge„trasht“). 5.)
1 Karte „advancen“ (= weiterentwickeln, verbessern), d.h. ein Advance-Plättchen
darauf legen. Zwei Sorten von Karten können aufgewertet werden:
"Agenda" und "Asset". Wenn die Agenda-Karte eine
vorgegebene Anzahl Verbesserungsplättchen erreicht hat, kann der Corporation-Spieler
diese aufdecken (benötigt keine Aktion) und die aufgedruckten Siegpunkte
"scoren" (die Karte wird in seine "Score-Area"
gelegt). Asset-Karten sind Fallen für den Runner, da sie verdeckt liegen
und auch Advance-Tokens aufweisen, gleichen sie den Agenda-Karten, die
Verbesserungen erhöhen aber den Schaden für den Hacker. Andere Asset-Karten
liefern der Firma Geld, müssen dazu aber offen liegen, sie locken den Gegner in
keine Falle, er kann sie aber mit einem Run zerstören. 6.)
"Trashen" von Ressource-Karten des Runners. 7.) Entfernen von
allen Virus-Countern (schwächen die Verteidigung der Firma), verbraucht aber
drei Aktionen. 8.) Auslösen einer Fähigkeit einer installierten Karte.
Wenn alle drei
Aktionen verbraucht sind, müssen zuletzt überschüssige Handkarten (Limit: fünf)
abgeworfen werden. Bevor ich auf die Aktionen des Gegners eingehe, muss ich
noch den Spielbereich der Corporation beschreiben, Achtung viel
"Insider-Jargon": Neben der Identitätskarte, der Score-Area und dem
"Click-Tracker" (Anzeiger der verbrauchten Aktionen) gibt es noch
zahlreiche "Server": drei zentrale und beliebig viele
"Remote-Server" (RS). Der Nachziehstapel heißt "Research &
Development", die Handkarten sind das "Headquarter" und der Abwurfstapel
ist das "Archiv", dies sind die drei zentralen Server. RS werden erst
im Laufe des Spiels installiert, sie entstehen durch Auslegen einer -
verdeckten - Asset- oder Agenda-Karte, und sollten sorgsam voneinander
unterscheidbar zu liegen kommen. Pro Server kann nur jeweils eine der beiden
Kartensorten (entweder / oder) installiert sein, Geldquellen - Assets werden
sinnvollerweise vor Beginn des eigenen Zuges "gerezzt" (aufgedeckt
und bezahlt), somit sind sie aktiv und können Geld liefern. Jeder Server
(zentral oder remote) kann durch quer davor (näher zum Gegner) ausgelegte
"ICE-Karten" geschützt werden (auch mehrere). ICE ="Intruder
Countermeasure Equipment", also Sperren gegen Eindringlinge. Hinter die
Server (näher zum Spieler) dürfen "Upgrades" installiert werden,
diese verstärken das "ICE" oder lösen für den Angreifer unangenehme
Ereignisse aus.
Zur Erinnerung: verdeckte Karten sind (noch) nicht bezahlt,
der Corporation-Spieler muss sie also erst bezahlen (können), damit sie aktiv werden,
Pech für ihn, wenn er zu wenig Geld hat, also Runner!, gleich zu Beginn fest
angreifen!
Nun zum Hacker: Er hat auch eine Identitätskarte und einen
Aktionszähler vor sich liegen, ihm stehen aber vier Aktionen pro Runde zu,
dafür darf er aber nicht automatisch eine Karte vor jedem seiner Züge ziehen -
wie der Gegner. Sieben mögliche Aktionen stehen zur Verfügung: 1.) 1
Karte ziehen, 2.) 1 Geld nehmen, 3.) Installieren einer Karte
(immer offen, Kosten werden gleich beglichen), 4.) 1 "Event"
ausspielen, 5.) Entfernen eines "Tags" (Kartonplättchen - vom
Gegner erhalten - die den Runner für gegnerische Angriffe verwundbar machen),
6.) Einen "Run" machen - das zentrale Spielelement von
"Netrunner" und schließlich 7.) Auslösen einer Fähigkeit einer
ausgelegten Karte.
Ad 3.) Der Runner hat dreierlei Karten zur Installation:
"Hardware", "Programme" und "Ressourcen", die ihm
- grob gesagt - beim Durchführen eines Angriffs helfen und benötigtes Geld
liefern.
Ad 6.) theoretisch kann man mit vier Aktionen auch vier Runs
machen, praktisch ist das aber nur zu Spielbeginn möglich, solange die Server
der Corporation noch nicht (mit ICE) geschützt sind. Der Angreifer benennt
einen Server und verkündet, dass er einen Run machen will: wenn "ICE"
dort liegt muss jetzt der Verteidiger entscheiden ob er es aktivieren will
("rezzen") und kann (er muss es ja bezahlen), wenn ja, kann erst
jetzt der Runner erkennen, welche Sperre installiert ist, und ob er selbst die
passenden Programme ("ICE-Breaker") ausliegen hat. Es gibt vier
verschiedene "ICE", jedes hat eine bestimmte Stärke, die der
Angreifer mit dem geeigneten Programm überwinden muss. Ist das "ICE"
stärker, kann der Breaker nur mit ihm interagieren, wenn die Differenz mit Geld
ausgeglichen wird. Nun treten sogenannte "Subroutinen" (weitere
Hürden) in Kraft, die der Runner überwinden kann, aber nicht immer muss (z.B.
"End the Run" muss er ausschalten, andererseits kann er eine
"Trace"-Aktion (= aufspüren) in Kauf nehmen, wenn sie ihn nicht zu
sehr schwächt). Hat der Eindringling die Hürden überwunden (kosten meist Geld)
ist er an diesem "ICE" vorbei und kann ein - ev. vorhandenes -
Weiteres angreifen - oder den Run abbrechen ("Jack Out"). Hat er
alles "ICE" passiert, darf er jetzt auf den Inhalt des Servers zugreifen:
Bei RS eine Agenda (= Siegpunkte) oder ein Asset (Pech gehabt, macht Schaden).
Bei zentralen Servern ist der Zugriff unterschiedlich: beim
"Headquarter" (Handkarten) zieht der Dieb eine zufällige Karte - ist
es eine Agenda gehört sie ihm, jede andere Karte darf er sich ansehen und
gegebenenfalls auf den Ablagestapel (Archiv) befördern (kostet Geld). Beim
"R&D" (Nachziehstapel) nimmt er die oberste Karte (fallweise auch
mehr als eine) - mit Glück ist es eine Siegpunkt-Karte, wenn nicht kann er die
Beute "trashen" (kostet Geld) oder wieder auf den Stapel
zurücklegen. Der dritte zentrale Server ist das Archiv (Abwurf-Stapel), dort
sieht er sich alle Karten an, er darf alle Agendas nehmen, der Rest wird
zurückgelegt. Normalerweise vermeidet der Corporation-Spieler Siegpunkt-Karten
ins Archiv zu legen, aber es gibt Aktionen, die ihn zwingen, unbesehen eine
Karte abzuwerfen....
Wie bereits erwähnt, hat einer der beiden Gegner sieben
Siegpunkte errungen, ist er der Sieger.
Zuletzt noch ein wenig einschlägiger Jargon: Handkarten beim
Runner heißen "Grip", der Abwurfstapel "Heap" und das
Nachziehdeck "Stack". Ich besitze die englische Ausgabe des Spiels
und habe die deutsche nur mal kurz gesehen, die Übersetzung (beim Spezialvokabular)
ist manchmal etwas holprig, insgesamt ist die Regel aber ebenso vorbildlich wie
das Original.
Die
Spieldauer kann beträchtlich variieren - von 20-30 Minuten bis zu 1-2 Stunden -
ich selbst bin ein eher langsamer Spieler, wenn ich den jungen
"Kartenprofis" zusehe - zack-zack-zack - packt mich der Neid....
Zusammenfassend ist "Netrunner" ein erfrischend "anderes"
LCG - reichlich Spielspaß für zwei Personen - auch durch die gegensätzlichen
Strategien, die die beiden Seiten erfordern. Durch die insgesamt sieben unterschiedlichen
Parteien steigt die Vielfalt nochmals erheblich, gar nicht davon zu reden wie
die Erweiterungs-Boxen immer wieder neue Taktiken erlauben - und Deckbau ist
ohnehin ein Extraspaß - zugegeben, nicht für jeden. Die Startbox enthält- wie
erwähnt - 248 Karten und stellt ein komplettes Spiel dar, welches auch ohne
Erweiterungen für lange, abwechslungsreiche Unterhaltung sorgt. Da das alte
"Netrunner" über 500 Karten hatte, gibt es für "Fantasy Flight
Games" noch reichlich Material nachzulegen. Wenn ich mir etwas wünschen
könnte wäre es eine kleine Ausgabe mit den Karten, die im Grundspiel nicht
dreifach vorhanden waren (z.B. Aesops Pawnshop, ....), oder diese Karten in
kommenden Zusatzboxen nachzureichen - z.B. statt der dreifachen (überflüssigen
) Identitätskarten.
Die Grafik
ist technoid-bunt, durchaus gelungen - obwohl sie mir im alten Spiel fast
besser gefiel - etwas nüchterner.
"Netrunner" ist ein Spitzenspiel für zwei Personen
mit den beiden Genre-immanenten Schwächen: das beste Deck kann manchmal nicht
funktionieren, weil wichtige Karten zu weit unten liegen (natürlich gibt es
"Suchkarten", aber auch die können erst spät auftauchen) und die
Texte und Symbole auf den Karten, die - allerdings meist nur am Anfang - den
Einstieg erschweren. An sich ist dieses Cyberpunk-Spiel nicht übermäßig schwer
oder kompliziert, lediglich der Einstieg ist für Ungeübte mühsam. Meines
Erachtens ist "Android Netrunner" für etwas geübte Spieler mit
Neugier für das Ungewöhnliche ein guter Anlass, ihre Ablehnung gegen
"Magic" und Co. zu vergessen, sie werden mit einem variantenreichen,
interessanten Spiel mit reichlich Spielspaß belohnt.
Dr. Christoph Proksch
Spieler: 2
Alter: 14+
Dauer: variabel
Autor: Richard Garfield
Grafiker: Michael Silsby und Team
Preis: ca. 30 Euro
Verlag: Heidelberger Spieleverlag 2013
Web: www.hds-fantasy.de
Genre: Living Card Game
Zielgruppe: Mit Freunden
Spezial: 2 Spieler
Version: en
Regeln: de en es fr pl
Text im Spiel: ja
Kommentar:
Düstere Zukunftsvision
Tolle, herausfordernde Mechanismen
Core Set allein liefert Unmengen spannender Möglichkeiten
Vergleichbar:
Alle Living Card Games von Der Herr der Ringe bis Warhammer
Invasion und Star Wars
Andere Ausgaben:
Bei Fantasy Flight Games, Galakta, Game Habour und Age
Entertainment
Meine Einstufung: 6
Christoph Proksch:
Ein Spitzenspiel für an direkter, asymmetrischer
Konfrontation zweier Spieler Interessierte, mehr Deckbau als Sammelspiel und
gut für viele Stunden herausfordernder Unterhaltung.
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 2
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 3
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0
UNSERE REZENSION
Cyberpunk und
Zukunftsvisionen
Android Netrunner
ein
"living card game" (LCG)
Dieses Spiel konnte
ich mit einigen Spielefreunden in Essen 2012 ausprobieren, die meisten wollten es
gleich besser kennenlernen, aber Denkste! Mein Exemplar (am ersten Messetag an
einem französischen Stand erworben) war das einzige in unserem Spielekreis so
konnte ich nur noch den einen oder anderen anlernen, aber nach der Frage „wo
gibt es das zu kaufen?“ musste ich passen. Weil es angeblich in Amerika so
gefragt war dauerte es bis zum Frühjahr 2013 bis die ersten Exemplare in Wien
zu haben waren, leider war zu diesem Zeitpunkt das Interesse längst erloschen –
auch weil im Wiener Spielekreis Sammelkartenspiele nur eine eher marginale
Rolle einnehmen. Die meisten Fans hatten ihre Sammelwut in den späten 90ern
ausgetobt und irgendwann diesem – teuren – Genre abgeschworen. Die neuere Welle
„living card game“ hat zwar mit der Suche nach „rare“ Karten aufgeräumt und
reißt daher nicht mehr so große Löcher ins Spielebudget, aber wirklich
interessantes Neues kam nicht mehr.
Es blieb dem fast
vergessenen „trading card game“ (TCG) Netrunner vorbehalten, als
Neuauflage frischen Wind in das Einerlei von Fantasy-Weltraum-Gruselmonster-
oder Kinderkarten zu bringen.
Rückschau: Anfang der 90er tauchte in Büchern und
Rollenspielen der Begriff Cyberpunk auf, dieser erzählte von einer Zukunft in
welcher Menschen mittels Implantaten und dergleichen direkt mit Computern kommunizieren
können. Dank fortgeschrittener „Neurobiologie“ werden menschliche Gedanken
gespeichert und auch zur Steuerung hochentwickelter Maschinen mit künstlicher
Intelligenz (z.B. Androiden) verwendet. Übermächtige Konzerne kontrollieren
nicht nur die meisten Ressourcen, sondern beherrschen sämtliche Lebensbereiche
der Menschheit. Helden der Cyberpunk-Welten sind geniale Hacker (= Netrunner)
die diese Konzerne bekämpfen, in dem sie in deren Computernetze eindringen,
Programme stehlen oder lahmlegen um deren Macht zu untergraben und sie bloß zu
stellen. Selbstverständlich versuchen die Unternehmen mit allen legalen (und
illegalen) Methoden die „Runner“ auszuforschen ihre Ausrüstung zu zerstören
oder auch sie umzubringen, was so einen „Netrun“ äußerst gefährlich und nur für
die Besten und Wagemutigsten attraktiv macht. „Cyberpunk“ fand auch in Brett-,
PC- und eben auch „trading card games“ Eingang wie auch in Rollenspielen, z.B.
"Shadowrun".
Das heutige „Netrunner“ - 2012 bei „Fantasy Flight Games“
als „living card game“ herausgegeben ist eine überarbeitete Neuauflage des
gleichnamigen „TCG“ von Richard Garfield, erschienen 1996. Dieses Spiel hatte
damals nur wenige Fans und wurde nach nur einer Erweiterung („Proteus“)
eingestellt. Richard Garfield, noch heute als Spiele-Erfinder aktiv, (z.B. King
of Tokyo, 2011) ist der Autor von „Magic the Gathering“ und gilt als „Vater“
der TCG. Neben dem noch immer viel gespielten und seit 20 Jahren produzierten
„Magic“ erfand er etliche weitere TCGs, u.a. „Battle Tech“, „Star Wars“ und vor
allem zwei der genialsten Sammelkartenspiele überhaupt, nämlich „Vampire“
(ursprünglich „Jihad“) - das mit Abstand beste Mehrpersonen-TCG (bis in die
Nullerjahre produziert, heute noch weltweit eifrig gespielt) und eben
„Netrunner“ - bei Erscheinen seiner Zeit voraus, ging es in der damaligen Flut
neuer Sammelkartenspiele unter – auch weil Mitte der 90er nur Wenige mit dem
Szenario „Cyberpunk“, virtuelle Welten und dgl. etwas anfangen konnten.
Im Gegensatz zum TCG gibt es beim Living Card Game (LCG)
keine „seltenen“, „sehr seltenen“ oder gewöhnlichen („common“) Karten, jede
Packung enthält die gleichen Karten. Das Grundspiel („Core Game“) von
"Netrunner" mit 248 Spielkarten reicht für endlosen Spaß in
zahlreichen Varianten, die Erweiterungs-Boxen (enthalten 60 Karten - 20
verschiedene je 3 mal) reizen vor allem zum Deckbau – versierte Spieler können
ihr „Deck“ stärken und individualisieren.
"Netrunner" ist ein asymmetrisches
Zweipersonen-Spiel: Einer ist der „Runner“, der Andere die Corporation, die
beiden Karten-Sets sind auch farblich verschieden. Zur Wahl stehen drei
unterschiedliche Runner und vier Konzerne. „Asymmetrisch“ nicht nur wegen der
unterschiedlichen Karten, sondern auch weil die Rollen Angreifer und
Verteidiger von Beginn an feststehen und nicht wechseln. Der Konzernspieler
muss Projekte bzw. Programme („Agenda“) entwickeln, die Siegpunkte liefern, der
Runner will genau diese Karten stehlen; wer sieben Punkte erreicht, ist
Sieger. Außerdem gewinnt die Corporation sofort, wenn der Spieler des Runners
zu irgendeinem Zeitpunkt keine Handkarten mehr hat. Daher Achtung! Runner!
Immer daran denken! Handkarten sind Lebenspunkte!!! Andererseits gewinnt
der Hacker sofort, wenn der Nachziehstapel des Konzerns leer ist. (Allerdings
ist die plötzliche Niederlage des Runners die häufigere Variante)
Nun zur Spielbeschreibung: "Netrunner" kommt in
einer relativ großen Schachtel, in der - nach Entfernung des Einsatzes - auch
genug Platz für die erwähnten Erweiterungsboxen ist. Außer den Spielkarten
liegen zwei Referenzkarten bei, die die möglichen Aktionen für die beiden
Fraktionen übersichtlich auflisten, und zwei Aktionsanzeigekarten, auf denen
mit Kartonplättchen die Anzahl der getätigten Aktionen angezeigt wird. Das
weitere Material besteht aus diversen Papp-Countern: 1. Geld, 2. „Bad Publicity
/ Tags“ (markieren Schäden beim Gegner, die durch Ausspielen bestimmter Karten
in Kraft treten) 3. „Generic Tokens“ mit blauer und roter Seite, diese werden
auf bestimmte Karten gelegt um sie zu stärken oder schwächen (z.B. „Virus“) und
4. „Brain Damage“ in stilisierter Gehirnform, sie reduzieren die Anzahl der
Handkarten des Runners (Lebenspunkte !).
Die Spielregel ist
übersichtlich gegliedert, ausführlich mit vielen Beispielen und wirklich
präzise formuliert (nicht so ein Albtraum wie beispielsweise bei dem Spiel
Civilization (Sid Meyer), wo Gliederung und Erklärung zwar gut, aber mit
Begleittext (Flavor-Text) überladen sind, was rasches Nachschlagen unmöglich
macht, da man fast bei jedem Absatz massig „BlaBla“ überfliegen muss um den
Kern der Sache zu finden). Zusätzlich finden sich ein Glossar, ein
alphabetischer Index und ein „Zeitablauf eines Runs“ - Schema, das Schritt für
Schritt zeigt was passiert und wann Interaktionen ausgelöst werden. Lobenswert
ist auch das Kapitel über Deckbau mit Überlegungen und Beispielen – für
Neulinge von LCGs nicht nur Anregung, sondern auch Hilfe. Dazu wird auch
ausführlich das Szenario und der Hintergrund der verschiedenen Fraktionen
(Corporations und Runner) – abgesetzt als Flavor-Text erläutert. Vorbildlich !
Netrunner ist sicher kein leicht erlernbares Spiel auch wegen der – für dieses
Genre typischen – Texte auf den Karten, dazu kommt noch der spezielle
Insiderjargon – den man aber rasch intus hat.
Spielablauf:
Die beiden Kontrahenten einigen sich was wer spielt, jeder
legt seine gewählte Identitätskarte vor sich, Startgeld sind fünf Credits,
beide ziehen fünf Karten von ihrem Deck, wer mit der Kartenhand nicht zufrieden
ist kann sie einmal abwerfen und fünf neue ziehen (Mulligan).
Die Corporation beginnt (immer!), zieht eine weitere Karte,
dann darf sie drei (von acht möglichen) Aktionen durchführen, in beliebiger
Reihenfolge, auch dieselbe mehrmals.
1.) 1 Karte
ziehen, 2.) 1 Geld nehmen, 3.) 1 Karte ausspielen (=
„installieren“) - verdeckt!, wenn offen muss die Karte gleich bezahlt werden.
Eine installierte Karte aufzudecken („rezzen“) erfordert keine Aktion, darf
jederzeit im eigenen Zug gemacht werden – vorausgesetzt man kann sie bezahlen.
Nur offene Karten sind aktiv, d.h. ihre Fähigkeit steht zur Verfügung. 4.) 1
„Operation“- Karte spielen (heißt beim Runner „Event“), diese hat einen
sofortigen Effekt und landet gleich am Ablagestapel (sie wird ge„trasht“). 5.)
1 Karte „advancen“ (= weiterentwickeln, verbessern), d.h. ein Advance-Plättchen
darauf legen. Zwei Sorten von Karten können aufgewertet werden:
"Agenda" und "Asset". Wenn die Agenda-Karte eine
vorgegebene Anzahl Verbesserungsplättchen erreicht hat, kann der Corporation-Spieler
diese aufdecken (benötigt keine Aktion) und die aufgedruckten Siegpunkte
"scoren" (die Karte wird in seine "Score-Area"
gelegt). Asset-Karten sind Fallen für den Runner, da sie verdeckt liegen
und auch Advance-Tokens aufweisen, gleichen sie den Agenda-Karten, die
Verbesserungen erhöhen aber den Schaden für den Hacker. Andere Asset-Karten
liefern der Firma Geld, müssen dazu aber offen liegen, sie locken den Gegner in
keine Falle, er kann sie aber mit einem Run zerstören. 6.)
"Trashen" von Ressource-Karten des Runners. 7.) Entfernen von
allen Virus-Countern (schwächen die Verteidigung der Firma), verbraucht aber
drei Aktionen. 8.) Auslösen einer Fähigkeit einer installierten Karte.
Wenn alle drei
Aktionen verbraucht sind, müssen zuletzt überschüssige Handkarten (Limit: fünf)
abgeworfen werden. Bevor ich auf die Aktionen des Gegners eingehe, muss ich
noch den Spielbereich der Corporation beschreiben, Achtung viel
"Insider-Jargon": Neben der Identitätskarte, der Score-Area und dem
"Click-Tracker" (Anzeiger der verbrauchten Aktionen) gibt es noch
zahlreiche "Server": drei zentrale und beliebig viele
"Remote-Server" (RS). Der Nachziehstapel heißt "Research &
Development", die Handkarten sind das "Headquarter" und der Abwurfstapel
ist das "Archiv", dies sind die drei zentralen Server. RS werden erst
im Laufe des Spiels installiert, sie entstehen durch Auslegen einer -
verdeckten - Asset- oder Agenda-Karte, und sollten sorgsam voneinander
unterscheidbar zu liegen kommen. Pro Server kann nur jeweils eine der beiden
Kartensorten (entweder / oder) installiert sein, Geldquellen - Assets werden
sinnvollerweise vor Beginn des eigenen Zuges "gerezzt" (aufgedeckt
und bezahlt), somit sind sie aktiv und können Geld liefern. Jeder Server
(zentral oder remote) kann durch quer davor (näher zum Gegner) ausgelegte
"ICE-Karten" geschützt werden (auch mehrere). ICE ="Intruder
Countermeasure Equipment", also Sperren gegen Eindringlinge. Hinter die
Server (näher zum Spieler) dürfen "Upgrades" installiert werden,
diese verstärken das "ICE" oder lösen für den Angreifer unangenehme
Ereignisse aus.
Zur Erinnerung: verdeckte Karten sind (noch) nicht bezahlt,
der Corporation-Spieler muss sie also erst bezahlen (können), damit sie aktiv werden,
Pech für ihn, wenn er zu wenig Geld hat, also Runner!, gleich zu Beginn fest
angreifen!
Nun zum Hacker: Er hat auch eine Identitätskarte und einen
Aktionszähler vor sich liegen, ihm stehen aber vier Aktionen pro Runde zu,
dafür darf er aber nicht automatisch eine Karte vor jedem seiner Züge ziehen -
wie der Gegner. Sieben mögliche Aktionen stehen zur Verfügung: 1.) 1
Karte ziehen, 2.) 1 Geld nehmen, 3.) Installieren einer Karte
(immer offen, Kosten werden gleich beglichen), 4.) 1 "Event"
ausspielen, 5.) Entfernen eines "Tags" (Kartonplättchen - vom
Gegner erhalten - die den Runner für gegnerische Angriffe verwundbar machen),
6.) Einen "Run" machen - das zentrale Spielelement von
"Netrunner" und schließlich 7.) Auslösen einer Fähigkeit einer
ausgelegten Karte.
Ad 3.) Der Runner hat dreierlei Karten zur Installation:
"Hardware", "Programme" und "Ressourcen", die ihm
- grob gesagt - beim Durchführen eines Angriffs helfen und benötigtes Geld
liefern.
Ad 6.) theoretisch kann man mit vier Aktionen auch vier Runs
machen, praktisch ist das aber nur zu Spielbeginn möglich, solange die Server
der Corporation noch nicht (mit ICE) geschützt sind. Der Angreifer benennt
einen Server und verkündet, dass er einen Run machen will: wenn "ICE"
dort liegt muss jetzt der Verteidiger entscheiden ob er es aktivieren will
("rezzen") und kann (er muss es ja bezahlen), wenn ja, kann erst
jetzt der Runner erkennen, welche Sperre installiert ist, und ob er selbst die
passenden Programme ("ICE-Breaker") ausliegen hat. Es gibt vier
verschiedene "ICE", jedes hat eine bestimmte Stärke, die der
Angreifer mit dem geeigneten Programm überwinden muss. Ist das "ICE"
stärker, kann der Breaker nur mit ihm interagieren, wenn die Differenz mit Geld
ausgeglichen wird. Nun treten sogenannte "Subroutinen" (weitere
Hürden) in Kraft, die der Runner überwinden kann, aber nicht immer muss (z.B.
"End the Run" muss er ausschalten, andererseits kann er eine
"Trace"-Aktion (= aufspüren) in Kauf nehmen, wenn sie ihn nicht zu
sehr schwächt). Hat der Eindringling die Hürden überwunden (kosten meist Geld)
ist er an diesem "ICE" vorbei und kann ein - ev. vorhandenes -
Weiteres angreifen - oder den Run abbrechen ("Jack Out"). Hat er
alles "ICE" passiert, darf er jetzt auf den Inhalt des Servers zugreifen:
Bei RS eine Agenda (= Siegpunkte) oder ein Asset (Pech gehabt, macht Schaden).
Bei zentralen Servern ist der Zugriff unterschiedlich: beim
"Headquarter" (Handkarten) zieht der Dieb eine zufällige Karte - ist
es eine Agenda gehört sie ihm, jede andere Karte darf er sich ansehen und
gegebenenfalls auf den Ablagestapel (Archiv) befördern (kostet Geld). Beim
"R&D" (Nachziehstapel) nimmt er die oberste Karte (fallweise auch
mehr als eine) - mit Glück ist es eine Siegpunkt-Karte, wenn nicht kann er die
Beute "trashen" (kostet Geld) oder wieder auf den Stapel
zurücklegen. Der dritte zentrale Server ist das Archiv (Abwurf-Stapel), dort
sieht er sich alle Karten an, er darf alle Agendas nehmen, der Rest wird
zurückgelegt. Normalerweise vermeidet der Corporation-Spieler Siegpunkt-Karten
ins Archiv zu legen, aber es gibt Aktionen, die ihn zwingen, unbesehen eine
Karte abzuwerfen....
Wie bereits erwähnt, hat einer der beiden Gegner sieben
Siegpunkte errungen, ist er der Sieger.
Zuletzt noch ein wenig einschlägiger Jargon: Handkarten beim
Runner heißen "Grip", der Abwurfstapel "Heap" und das
Nachziehdeck "Stack". Ich besitze die englische Ausgabe des Spiels
und habe die deutsche nur mal kurz gesehen, die Übersetzung (beim Spezialvokabular)
ist manchmal etwas holprig, insgesamt ist die Regel aber ebenso vorbildlich wie
das Original.
Die
Spieldauer kann beträchtlich variieren - von 20-30 Minuten bis zu 1-2 Stunden -
ich selbst bin ein eher langsamer Spieler, wenn ich den jungen
"Kartenprofis" zusehe - zack-zack-zack - packt mich der Neid....
Zusammenfassend ist "Netrunner" ein erfrischend "anderes"
LCG - reichlich Spielspaß für zwei Personen - auch durch die gegensätzlichen
Strategien, die die beiden Seiten erfordern. Durch die insgesamt sieben unterschiedlichen
Parteien steigt die Vielfalt nochmals erheblich, gar nicht davon zu reden wie
die Erweiterungs-Boxen immer wieder neue Taktiken erlauben - und Deckbau ist
ohnehin ein Extraspaß - zugegeben, nicht für jeden. Die Startbox enthält- wie
erwähnt - 248 Karten und stellt ein komplettes Spiel dar, welches auch ohne
Erweiterungen für lange, abwechslungsreiche Unterhaltung sorgt. Da das alte
"Netrunner" über 500 Karten hatte, gibt es für "Fantasy Flight
Games" noch reichlich Material nachzulegen. Wenn ich mir etwas wünschen
könnte wäre es eine kleine Ausgabe mit den Karten, die im Grundspiel nicht
dreifach vorhanden waren (z.B. Aesops Pawnshop, ....), oder diese Karten in
kommenden Zusatzboxen nachzureichen - z.B. statt der dreifachen (überflüssigen
) Identitätskarten.
Die Grafik
ist technoid-bunt, durchaus gelungen - obwohl sie mir im alten Spiel fast
besser gefiel - etwas nüchterner.
"Netrunner" ist ein Spitzenspiel für zwei Personen
mit den beiden Genre-immanenten Schwächen: das beste Deck kann manchmal nicht
funktionieren, weil wichtige Karten zu weit unten liegen (natürlich gibt es
"Suchkarten", aber auch die können erst spät auftauchen) und die
Texte und Symbole auf den Karten, die - allerdings meist nur am Anfang - den
Einstieg erschweren. An sich ist dieses Cyberpunk-Spiel nicht übermäßig schwer
oder kompliziert, lediglich der Einstieg ist für Ungeübte mühsam. Meines
Erachtens ist "Android Netrunner" für etwas geübte Spieler mit
Neugier für das Ungewöhnliche ein guter Anlass, ihre Ablehnung gegen
"Magic" und Co. zu vergessen, sie werden mit einem variantenreichen,
interessanten Spiel mit reichlich Spielspaß belohnt.
Dr. Christoph Proksch
Spieler: 2
Alter: 14+
Dauer: variabel
Autor: Richard Garfield
Grafiker: Michael Silsby und Team
Preis: ca. 30 Euro
Verlag: Heidelberger Spieleverlag 2013
Web: www.hds-fantasy.de
Genre: Living Card Game
Zielgruppe: Mit Freunden
Spezial: 2 Spieler
Version: en
Regeln: de en es fr pl
Text im Spiel: ja
Kommentar:
Düstere Zukunftsvision
Tolle, herausfordernde Mechanismen
Core Set allein liefert Unmengen spannender Möglichkeiten
Vergleichbar:
Alle Living Card Games von Der Herr der Ringe bis Warhammer
Invasion und Star Wars
Andere Ausgaben:
Bei Fantasy Flight Games, Galakta, Game Habour und Age
Entertainment
Meine Einstufung: 6
Christoph Proksch:
Ein Spitzenspiel für an direkter, asymmetrischer
Konfrontation zweier Spieler Interessierte, mehr Deckbau als Sammelspiel und
gut für viele Stunden herausfordernder Unterhaltung.
Zufall (rosa): 1
Taktik (türkis): 3
Strategie (blau): 2
Kreativität (dunkelblau): 0
Wissen (gelb): 0
Gedächtnis (orange): 2
Kommunikation (rot): 0
Interaktion (braun): 3
Geschicklichkeit (grün): 0
Action (dunkelgrün): 0